Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

186 _Elfte Ordnung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.

wovon auf den Schwanz ohne Büſchel 12 em zu re<nen ſind, und am Widerriſte 75 cm, am Kreuze dagegen 78 cm hoch; die Ziege erreicht höchſtens drei Viertel der angegebenen Länge und bleibt in der Höhe um dur<hſchnittlih 10 em hinter dem Boe zurü>. Die Gehörne des leßteren ſtehen an der Wurzel ſo dicht zuſammen, daß vorn ein Zwiſchenraum von höchſtens 4, hinten von nur 1 cm bleibt, ſteigen anfangs ſteil aufwärts, nur wenig nah außen ſi< wendend, biegen ſi< vom erſten Drittel ihrer Länge an ſcharf nah außen, wenden ſi, leierförmig auseinander tretend, fortan zugleih nach hinten, erreihen mit Beginn des leßten Drittels ihren weiteſten Abſtand voneinander, kehren nunmehr die Spißen wieder gegeneinander und richten ſie ebenſo etwas auſwärts. Jhr Querſchnitt iſt im all: gemeinen birnenförmig geſtaltet, da ſie, ſchief von vorn geſehen, abgerundet und an der gegenüberſtehenden Seite beinahe ſcharfkantig zuſammengedrü>t ſind; außer der hinteren, vorder- und hinterſeits aus ſanft abgeflachten Bogen hervorgehenden, wulſtig erſcheinenden Kante zeigen ſie jedo<h noch eine zweite, welche vorn, gerade über der Stirne, entſpringt, mit jener, gegen die Spige hin zuſammenlauſend, in gleihmäßig abnehmendem Abſtande längs des ganzen Hornes verläuft und mit dieſem derartig ſih dreht, daß ſie im erſten Drittel der Gehörnlänge nach vorn, im leßten nah außen gewendet iſt, während die ſtärkere und ſ{härfere Hinterkante ebenſo mehr und mehr nah vorn und oben ſich kehrt. Nach der Spite zu verlieren ſih die Kanten allmählih, und das Horn erſcheint rundlih, obgleich die Neigung, ein an der Wuxzel abgerundetes Dreie> zu bilden, auch jezt no< wahrnehmbar bleibt. Die Wachstums- oder Fahresringe ſind als Querwülſte deutli erkennbar, ohne jedo< eine ſo beſtimmte Gliederung wie beim Alpenſteinbo>e zu bilden. Länge und Die der Hörner nehmen beim Boe mit den Jahren merklih zu, wogegen das bei weitem [<hwächere, an Stärke dem unſerer Hausziege etwa gleihkommende, ungefähr 15 cm lange, einfah na< hinten gekrümmte, bis zu zwei Dritteln ſeiner Länge mit vielen und dicht ſtehenden, |<hmalen Wülſten bede>te Gehörn der Ziege, falls dieſelbe erſt ein gewiſſes Alter erreicht hat, ſih kaum noch verändert. „Jh beſiße“, ſhreibt mir mein Bruder, „das Gehörn eines alten Bergſteinbo>es, deſſen Stangen bei 76 em Länge an der Wurzel 22 em Umfang und doh nur elf Jahresringe zeigen, zweifle jedo<h nicht, daß die Hörner, der Krümmung nach gemeſſen, bis zu 1 m an Länge erreichen können.“

Beſchaffenheit und Färbung des im Winter ungemein dichten, im Sommer dünnen Haarkleides ändern nicht allein nah Jahreszeit, Alter und Geſchlecht, ſondern, wie bei allen Felſentieren, auh nah der Örtlichkeit niht unweſentli< ab. Nachdem im Mai der Haarwechſel eingetreten und das wollige Kleid in dichten Flo>Æen und Büſcheln ausgefallen iſt, wachſen, wie gewöhnlich, zunächſt die von der Wurzel bis zur Spite gleihgefärbten Grannen hervox und erreichen bis Ende Auguſt eine Länge von 2 em, wogegen ein mähnenartiger, hinter den Hörnern beginnender und bis zu den erſten Rü>kenwirbeln ſi fortſeßender Haarſtreifen ebenſo wie der Bart und der Shwanzquaſt einem ähnlichen Wechſel niht unterworfen iſt, vielmehr durch teilweiſes Nachwachſen der Haare ergänzt wird. Es haben deshalb dieſe Haarwucherungen jahraus jahrein annähernd dieſelbe Länge, jener eine ſolche von 8—9, der Bart von 9, der Schwanzbüſchel von 12 em, ſind jedo<h merklih weniger dicht als im Winter. Ein ſchönes, nur auf Naſenrü>ken, Stirn und Hinterkopf dunkelndes, hier oft mit Schwarz gemiſchtes Hellbraun iſt jezt die vorherrſhende Färbung des Tieres; ein dreie>iger, mit der Spibße dem Rücken zugekehrter Fle>en, ein die Ober- und Unterſeite trennender Flankenſtreifen und die Vorderſeite der Läufe ſind ſ<hwarz, Oberlippe, Baen, Halsſeiten, Junenfläche der Schenkel hellgrau, die übrigen Unterteile weiß. Jm Spätherbſte beginnt die Wucherung des kurzen, dichten, weichen weißgrauen Wollhaares und gleichzeitig die Umfärbung der inzwiſchen reihlicher nahgewachſenen Grannen, welche im Winter zwiſchen Z—4 cm an Länge erreiht haben, dann ſehr dicht ſtehen und an der Wurzel hellgrau, in