Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Schraubenziege. Hausziegen. 199

Kreuzungen zwiſchen beiden ſtattfanden, und wie ſich die ſeit Jahrtauſenden nahweislih erhaltenen Eigentümlichkeiten der Raſſen herausgebildet haben. Während der erſten Steinzeit war die Hausziege in der Shweiz häufiger als das Schaf; aber dieſe ſo alte Naſſe wich in keiner Beziehung von der heutzutage no< auf den Alpen lebenden gemeinſten Form ab. Auf den ägyptiſchen Denkmälern tritt uns eine ähnlihe Wahrnehmung entgegen. „Die ägyptiſche Ziege“, bemerkt Dümichen, „vermiſſen wir keineswegs unter den Abbildungen auch der älteſten Denkmäler, ſondern werden, ſoweit unſere Kunde der leßteren reiht, dur< ſie in Bild und Schrift belehrt, daß von den älteſten Zeiten an Ziegen zu den Haustieren der alten Nilthalbewohner zählten und jederzeit einen Hauptbeſtandteil ihres Viehreichtumes bildeten. Jn den Darſtellungen und Schriften aus allen Zeiträumen der ägyptiſchen Reichsgeſchichte wird wiederholt geredet von Ziegen und Ziegenherden, vom Weiden der Herden und von Ziegenhirten, von der Milch und dem Fleiſche der Ziegen, von ihrem Felle und ihrer Haut, welche leßtere man vor der allgemein gewordenen Benußung des Papyrus, alſo in den älteſten Zeiten der ägyptiſchen Geſchichte, als Schreibmaterial zubereitete. Wenn in den Schriften geredet wird von uralten Urkunden, dann heißt es nicht ſelten, daß ſie auf Ziegenhaut geſchrieben geweſen. Das Wort „Ar“ bezeichnet in den ägyptiſchen Texten gleihermaßen die Ziege wie die Ziegenhaut, ganz ebenſo geſchrieben und nur durh das noch hinter das Wort tretende Beſtimmungszeichen unterſchieden, die zur Aufnahme von Schriften bereitete Tierhaut, die auf Leder geſchriebene Urkunde, wel<hes Wort dann wohl auh mitunter ganz allgemein für Schriſtrolle gebraucht wird. Eine bemerken3werte Fnſchriſt im Bibliothek: zimmer des Tempels von Edfu ſagt, daß daſelbſt aufgeſtellt geweſen ſeien zahlreiche Kiſten, enthaltend Papyrus- und große Lederrollen. Lettere ſind auch hier dur< das Wort „Ar“ bezeichnet. Fn Gräbern von Giſeh und Sakhara, in Sauiet el Meitin und Beni-Haſſan, in Siut, Theben und El Kab begegnen uns überall Abbildungen von Ziegen in den das Leben des Altägypters als Landwirt behandelnden Darſtellungen.

„Es möge mir geſtattet ſein, das von meinem gelehrten Freunde Hartmann Geſagte anzuführen, da dieſer gerade den Haustieren Ägyptens ſeine beſondere Aufmerkſamkeit zugewendet und, ſelbſt Kundiger von Fach, nicht verſäumt hat, auf ſeiner für die Wiſſenſchaft ſo fruchtbaren Reiſe in Nordoſtafrika auh den auf den ägyptiſchen Denkmälern abgebildeten Tieren Beachtung zu ſchenken. Jn einer in unſerer altägyptiſchen Zeitſchriſt vom Fahre 1864 veröffentlihten Abhandlung äußert er ſih in Bezug auf die ägyptiſche Ziege folgendermaßen: „Die in Ägypten ſchon ſeit den älteſten Zeiten unter den Pyramidenerbauern gezüchteten Ziegen gehören zu der äthiopiſchen Raſſe (Capra hireus aethiopica), welche der ſyriſhen Mamberziege (Capra hirecus mambrica) verwandt iſt. Sie zeichnet ſi dur gewölbten Naſenrü>en, lange Schlappohren, großes, ziemlich langes Haar und langes Hängeeuter aus; Hörner, welche ſi<h mehrmals nach hinten und außen biegen, finden ſich bei beiden Geſchlechtern (können aber auch, wie hier einzuſchalten iſt, bei beiden Geſchlechtern fehlen). Man bemerkt beſonders zwei Hauptraſſen, eine mit ſehr ſtark gewölbtem Naſenrü>ken (Capra hircus thebaica) und eine mit \<wa< gewölbtem Naſenrü>en (Capra hircus aegyptiaca). Übergänge zwiſchen beiden finden ſi< häufig in Ägypten und Nubien; fortwährende Kreuzungen erzeugen manche Mittelformen mit bald kürzeren, bald längeren Ohren, mehr oder minder ſtark gewölbtem Naſenrücken, mit und ohne Fleiſchklunkern am Halſe, wie denn Kreuzungen dieſer Tiere mit libyſchen Ziegen (Capra hircus libyca) und ſennari[hen BVlendlingen ſowie der mittelſudaneſiſhen Spielart (Capra hircus reyersa) nicht ſelten ſind. Die kurzohrige ägyptiſche Ziege iſt eine durch künſtliche Zucht gewonnene Kulturraſſe. Die Alten nun haben den Charakter der äthiopiſchen Spielart meiſt ganz gut wiedergegeben, und man ſieht, daß ihnen die genannten Ziegenraſſen bis auf die wohl erſt 1pâter erzeugte kurzohrige bekannt geweſen. Darſtellungen in Giſeh zeigen neben der von