Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, page 259

Argali: Verbreitung. Aufenthalt. Lebensweiſe. 225

Das Verbreitungsgebiet des Argalis erſtre>t ſi<h von den Bergen des Bezirkes von Akmolinsk an bis zum Südoſtrande der mongoliſhen Hochebene und vom Altai bis zum Alatau, möglicherweiſe noh weiter ſüdli<h. Fnnerhalb der ſo umſchriebenen Grenzen gehört er jedoch feine3wegs allen GebirgSzügen an, iſt hier und da wohl auh neuerdings ausgerottet worden. Jm Süden vertritt ihn der Katſchkar, im Oſten das Di>khoxnſchaf oder ein demſelben ſehr nahe ſtehender Verwandter, im äußerſten Nordoſten das Schneeſchaf. Alle übrigen Wildſchafe ſeiner Größe, welche neuerdings von Severzow, Sir Victor Brooke und Peters aufgeſtellt worden ſind, beruhen auf einzelnen Stü>en und unterſcheiden ſich nur dur etwas abweichende Bildung des Gehörnes und kaum erheblich veränderte Färbung des Felles; ſie halte ih daher günſtigſten Falles für Abarten oder Stämme der vier genannten Wildſchafe, niht aber für beſondere Arten.

Dex Argali meidet feuchte, waldbede>te Gebirge und ebenſo bedeutendere Höhen. Bergzüge von 600—1000 m über dem Meere, welche reih an na>tem Gefelſe, deren Abhänge ſpärlih bewaldet und deren Thäler breitſohlig ſind, bilden ſeine bevorzugten Wohnpläge. Hier lebt ex im Winter wie im Sommer auf annähernd demſelben Gebiete, da er höchſtens von einem Bergzuge zum anderen wechſelt. Fn Gegenden, wo er keine Verfolgungen zu erleiden hat, dient nicht ſelten ein einzelner Bergſto> einer und derſelben Herde viele Jahre nacheinander zum Aufenthalte. Bis gegen die Paarungszeit gehen Böcke und Schafe getrennt ihres Weges dahin, erſtere zu 3—5, lettere meiſt einzeln; furz vor der Paarungszeit vereinigen ſie ſih zu leinen Herden von dur<ſ<hnittli< 10, höchſtens 15 Stü.

Jhr Tageslauf iſt in bemerken3werter Weiſe geregelt. Sie ſind Tagtiere. Am frühen Morgen verlaſſen ſie die geſichertſten Stellen ihres Wohngebietes, {hwer zu erſteigende und freie Umſchau gewährende Felsplatten nahe der Gipfel der Berge, ſteigen gemächlich an den Gehängen herab und weiden hier, am Fuße der Berge und in den Einſattelungen zwiſchen ihnen, auh in den breiteren Thälern oder auf den Ebenen um die Berge. Währenddem ertlimmt das eine oder das andere Tier den nächſten Felſen, um zu ſichern, und verweilt, je nah Bedürfnis oder Laune, längere oder kürzere Zeit auf ſeiner Warte. Gegen Mittag erflettert die Herde eine ſteil abfallende Hochfläche, thut ſih nieder und pflegt , behaglich wiederkäuend, längerer oder kürzerer Ruhe. Fſſtt die Gegend unſicher, ſo übernimmt auh jebt noh ein oder das andere Stü die Wacht; wurde die Herde ſeit langer Zeit nicht geſtört, ſo ruhen alle ohne Beſorgnis. Gegen Abend treten ſie no<hmals auf Äſung, trinken, nachdem ſie vorher etwas Salz gele>t haben, und ſteigen endlich langſam wieder bergaufwärts, um noh vor dem Verglühen des Abendrotes ihre Schlafpläße zu erreichen.

Während des Sommers äſt der Argali von allen Pflanzen, welche auh dem Hausſchafe behagen, während des Winters begnügt er ſi< mit Moos, Flechten und vertro>netem Graſe. Dann ſteigt er auf die Felsſpizen und Grate, wo der Wind den Schnee weggefegt und die Flechten bloßgelegt hat. Wähleriſcher als in der Äſung zeigt er ſih beim Trinken, da er ſtets zu beſtimmten Quellen kommt und dieſe anderen entſchieden bevorzugt. Salzige Stellen werden des allbeliebten Le>erbiſſens wegen oft beſucht. Solange der Schnee nicht allzu dicht liegt, bekümmert der Winter ihn wenig; denn ſein dichtes Vließ ſhüßt ihn gegen die Unbilden des Wetters. Es wird geſagt daß er ſih bei dihtem Schneefalle einſhneien laſſe und es ſo dem Jäger ermögliche, ihn im Liegen mit der Lanze zu erlegen: wahrſcheinlich gilt dies höchſtens für folhe Winter, welche ihn bereits aufs äußerſte heruntergebracht haben.

Die Zeit der Paarung wird verſchieden angegeben. Nach den Mitteilungen, welche Prſhewalsfi dur< die Mongolen wurden, iſt der Argalibo> im Südoſten der Hohen Gobi bereits im Auguſt paarungsluſtig, na< den Angaben, welche ih von den Kirgiſen erhielt, im ſüdweſtlichen Sibirien nicht vor Mitte Oktober. Schon vorher nehmen die alten Böcke beſtimmte Stände ein und laſſen hier jüngere oder ſhwächere überhaupt nicht zu. Mit

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. II. 15