Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Schnabeltier: Baue. Nahrung. Freileben. 723

welche es während ſeiner Weidegänge aufnimmt, hauptſächlih kleine Waſſerkerbtiere und Weichtiere, wird zunächſt in den Ba>kentaſchen aufbewahrt und dann bei größerer Ruhe verzehrt.

„An einem \{hönen Sommerabende“, ſo erzählt Bennett, „näherte ih mi<h einem kleinen Fuſſe in Auſtralien, und da ich die Vorliebe des Schnabeltieres für die Dämmerung kannte, ſuchte ih mir zu dieſer Zeit ſeinen Anblick zu verſchaffen. Die Flinte in der Hand, blieben wir geduldig am Ufer ſtehen. Es dauerte auh nicht lange, bis wix an der Oberfläche des Waſſers, und zwar ziemlih nahe, einen {hwarzen Körper ſahen, deſſen Spiße, der Kopf, ſih nur wenig über den Spiegel des Waſſers erhob. Wir blieben regungslos, um das Tier nicht zu verſcheuchen, beobachteten erſt und ſuchten dann ſoviel wie möglich ſeinen Bewegungen zu folgen. Denn man muß ſih ſ{hußfertig machen, wenn das Schnabeltier taucht, und in demſelben Augenbli>e, in welchem es wieder zum Vorſcheine kommt, ihm die Ladung zuſchi>en. Nur ein Schuß in den Kopf hat ſeine Wirkung, weil die loſe, dichte Bedecung des Leibes den Schrot nicht ſo leicht durchdringen läßt. F< habe geſehen, daß der Schädel von der Gewalt des Schuſſes zerſchmettert war, während die ihn bede>ende Hülle kaum verleßt erſchien. Für den erſten Tag lieferte unſere Jagd kein Ergebnis, und am nächſten Morgen, als der Fluß dur Regen angeſchwollen war, ſahen wir während des Vormittags nur ein einziges Schnabeltier, welhes jedo< viel zu wachſam war, als daß wir mit Sicherheit einen Schuß hätten abfeuern können. Auf dem Heimwege nachmittags waren wir glü>liher. Wir verwundeten eins, welches, offenbar ſ{hwer getroffen, augenbli>lih ſank, jedo< bald wieder aufſtieg; es tauchte trot ſeiner Wunden immer und immer wieder, jedo< ſtets auf fürzere Zeit wie gewöhnlih, und bemühte ſih, das entgegengeſeßte Ufer zu erreichen, wahrſcheinlich, weil es ihm ſ{hwer wurde, ſi<h im Waſſer frei zu bewegen, und es ſih in ſeinen Bau retten wollte. Es ſ{<wamn ſhwerfällig und viel mehr über dem Waſſer als ſonſt; doh bedurfte es immer noh zweier Ladungen aus unſerer Flinte, che es ruhig auf dem Waſſer liegen blieb. Als der Hund es uns brachte, fanden wir, daß es ein ſhônes Männchen war. Es war noch niht völlig verendet, bewegte ſich mitunter, machte jedoch kein Geräuſch, ausgenommen, daß es oft durch die Naſenlöcher atmete. Wenige Minuten, nachdem es aus dem Waſſer geholt worden war, lebte es wieder auf und lief augenbli>li<, jedo< mit unſteter Bewegung, dem Fluſſe zu. Etwa 25 Minuten nachher ſtürzte es ſi< mehrmals kopfüber und ſtarb. Da ich viel davon gehört hatte, wie gefährlich cin Stich von ſeinen Sporen ſei, ſelbſt wenn das Tier tödlich verwundet wäre, brachte ih beim erſten Ergreifen meine Hand dicht an den „giftigen“ Sporn. Bei ſeinen heftigen Anſtréngungen zur Flucht kraßte mih das Tier ein wenig mit ſeinen Hinterpfoten und auch mit dem Sporne; ſo hart ih es aber auch befühlte, es ſtach mi dur<haus niht abſihtli<h. Man ſagte ferner, daß es ſi< auf den Rücken lege, wenn es dieſe Waſfe gebrauchen wollte, was allerdings niht wahrſcheinli< iſt, wenn man das Tier nur irgend kennt. Jh brachte es in dieſe Lage, aber es ſtrebte bloß, ohne den Sporn zu gebrauchen, wieder auf die Beine zu kommen. Kurz, ih verſuchte es auf alle mögliche Weiſe, aber ſtets vergebens, und ih halte mi<h daher überzeugt, daß der Sporn einen anderen Zwe> als den einer Waffe hat, um ſo mehr, als ſpätere Verſuche bei verwundeten Tieren immer dasſelbe Ergebnis lieferten. Die Eingeborenen nennen zwar den Sporn „naſeweis“ worunter ſie im allgemeinen ſ{<ädli<h oder giftig verſtehen; doh brauchen ſie denſelben Ausdru> von den Kraßen mit den Hinterfüßen und fürchten ſich gar niht, das männliche Schnabeltier lebend zu faſſen. Wenn das abſonderliche Geſchöpf auf dem Boden hinläuft, erſcheint es dem Auge als etwas Übernatürliches, und ſeine ſeltſame Geſtalt erſchre>t den Furchiſamen leicht. Kaßzen flüchten augenbli>li< vor ihm, und ſelbſt die Hunde, welche nicht beſonders darauf abgerichtet ſind, ſtarren es mit geſpißten Ohren an und bellen, fürchten ſi aber, es zu berühren.

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