Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

72, Erſte Drdnung: Baumvöb gel; dreiunddreißigſte Familie: S egler.

die volle Thätigkeit auf Herbeiſchaffung der nötigen Nahrung gerichtet. Mit wahrer Wut, den Rachen weit aufgeſperrt, ſchießt der Vogel jezt nah allen Richtungen dahin, und wo ein Kerbtier ſeinen Weg kreuzt, hängt es im nächſten Augenbli>e auh ſhon an dem kleberigen Gaumen. Weiter ſtürmt er in wilder Jagd, bis ſo viele Kerfe geſammelt worden, daß ſie im Rachen einen großen Klumpen bilden. Mit ihm eilt ex dem Neſte zu und ſtößt ihn dem hungrigſten Fungen tief in den Schlund. Das Fütterungsgeſchäft dauert 7—8 Wochen, da die Jungen natürli erſt dann ausfliegen, wenn ſie ohne vorherige Flugverſuche ſi gleich in die weiten Lüfte hinauswerfen dürfen. Die Jungen, die abwechſelnd von den beiden Alten erbrütet werden, ſ{lüpfen 3 Wochen nah Legung des leßten Eies aus. Sie ſind in dieſem Alter ganz mit grauem Flaume bede>t wie junge Raubvögel. Die Federn, dur breite, weiße Säume verziert, fangen zuerſt an Kopf, Flügel und Schwanz an

ſih zu zeigen. Die Füße ſind vollſtändig na>t und roſenrot. Auch wenn das Gelege urſprünglich vier Eier beſaß, ſo findet man nachher doch oft nur drei Junge vor, ſei es, daß durch die immer ſtürmiſhen Bewegungen der Alten ein Ei zertrümmert oder ein «FUunges dur ſeine Geſchwiſter aus dem engen Bette hinausgedrängt und hinabgeſtürzt wurde. Auch ihre weitere Entwickelung geht wohl wegen der nur mühſam in genügender Menge herbeizuſchaffenden Nahrung langſam vor ſih. Das kleine Neſt aber verlaſſen ſie ſchon lange vor dem erſten Fluge. Sie hängen ſi< an den Wänden der weiteren Neſthöhle an und werden au, in derſelben Stellung oft ſtundenlang verbleibend, von den Alten gefüttert. Endlich fliegen ſie gegen Ende, früheſtens Mitte Auguſt aus und lernen nun bald die Flugkünſte der Alten. Denn {hon naht der Abzug nah dem Süden.“

In der Regel führt der Alpenſegler, geſhüßt ſowohl durch die zu weiten Nachforſhungen wenig einladende Lage ſeiner Brutpläge als dur< ſeinen beſtändigen Aufenthalt in hoher Luft und den reißenden Flug, ein ziemli< unbehelligtes Daſein. Nur Kälte und Hunger erreichen ihn dennoch und zehnteln ganze Siedelungen. Wie der Mauerſegler kämpft er wütend mit ſeinesgleichen und verkrallt fih in ſeinen Gegner dabei oft ſo, daß er mit ihm zu Boden ſtürzt, wo dann meiſt beide Kämpfer auf die eine oder andere Weiſe ZU Grunde gehen. Jn der Schweiz läßt ſih niemand, der ſeiner niht zu wiſſenſchaftlichen Zweden bedarf, einfallen, ihn zu verfolgen; in Ftalien und Griechenland dagegen wird er noch jebt, genau wie zu Gesners Zeiten, in der Luft geangelt. „Ein Knabe“, ſagt Bolle, „liegt an ſteilem Klippenrande oder auf dem Dache eines Hauſes ausgeſtre>t und ſo gut wie möglih verborgen. Ein langes Rohr dient ihm zur Angelrute bei ſeiner Luftfiſcherei. Himmelblau muß der feine Faden ſein, der daran befeſtigt iſt und an ſeinem äußerſten Ende das zwiſchen Federn und Baumwolle verſte>te Häkchen trägt. Er flattert im Winde zwiſchen anderen gelegentli<h umhergeſtreuten Federn. Beim Schnappen danach, um ſie zum Neſtbaue zu verwenden, wird der Vogel gefangen.“ Fn Portugal verfährt man, wie E. Ney mir mitteilt, genau ebenſo. Jn Griechenland ſpannt man, laut von der Mühle zwiſchen zwei erhabenen Punkten Shnüre aus und bringt an ihnen Roßhaare mit kleinen Angelhaken und Flaumfedern als Köder an, die von den Vögeln, ſolange ſie zu Neſte tragen, aufgenommen werden. Auch ſtellt man ſi< an einer Felſenſpiße, um welche ein beſtändiger Luftzug weht, auf den Anſtand und ſchießt einen nah dem andern der vorüberſtreihenden Vögel herab, um ſie als beliebte Ware auf den Markt zu bringen. Abgeſehen von ſoler Bubenjägerei, wird der Alpenſegler wohl nur noh durc einzelne Falken gefährdet. Auf Capri wohnt der Wanderfalke freilih oft diht neben ihm und iſt im eigentlichen Sinne des Wortes ſein Nachbar; Bolle glaubt daher auh, daß er ihm wohl kaum etwas anhaben möge: aber der niht minder fluggewandte Räuber fängt ſie doh, wie die bereits gegebene Mitteilung unwiderleglih beweiſt. Läſtige Feinde beſißt der Vogel endlich au in allerlei Shmarogern, die ihn namentlih während der Brutzeit heimſuchen.