Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

718 Erſte Drdnung: Baumvögel; dreiunddreißigſte Familie: Segler.

wiederholten ſie ihre Verſuche, ſi des Neſtes zu bemächtigen. Um das zu verhindern, fertigte ih, nahdem mir die Geduld ausgegangen war, einen Kragen aus Pappe und ſtülpte ihn einem hartnäd>ig wiederkehrenden Weibchen über den Kopf. Bald aber war der Kragen abgeſtreift, und von neuem drang der Mauerſegler in den Starkübel ein. Daß das Starmännchen ihm tapferen Widerſtand leiſtete, behelligte ihn niht. Zweimal ſtürzte es ſi< mit ſolcher Wut auf den Angreifer, daß beide ſi< aneinander feſtkrallten und zum Boden hinabwirbelten. Auch ih unterſtühte den tapferen Verteidiger ſeiner Familie, indem i< mit Sand nach den ankommenden Mauerſeglern warf; allein unſere gemeinſ<haftli<hen Anſtrengungen blieben fruchtlos. Der Star hatte meine wohlwollende Abſicht bald erkannt und ließ ſih dur den Sandhagel nicht verſcheuchen: der Mauerſegler achtete deſſen ebenſowenig wie der Angriffe des Neſteigentümers. Sobald dieſer oder ih niht auf der Hut waren, drang er, immer derſelbe, unverkennbar gezeichnete, in das Jnnere des Niſtkaſtens ein, während andere ſeiner Art ſi< begnügten, anzufliegen, ſi< an dem Flugloche anzuflammern, in den Niſtraum zu ſ<hauen und, wenn ſie hier Junge erbli>ten, von weiteren Übergriffen abzuſtehen. Da die jungen Stare beinahe erwahſen waren, tötete das zudringliche Seglerweibhen ſie zwar nicht, ſuchte ſie aber aus dem Neſte zu drängen, und wenn dann die alten Stare dazukamen, gab es neue Kämpfe. Zuletzt war ih zum äußerſten entſchloſſen, fertigte einen neuen, noh größeren und waſſerdihten Kragen an und ſtülpte ihn dem zudringlichen Geſchöpfe zum zweiten Male über den Kopf. Was ich hätte vorausſehen können, geſchah: die Laſt war zu ſhwer und zog den Segler in die unmittelbar an meinem Hauſe vorüberfließende Pegniß. Von mir ſo ſchnell wie möglih aus dem Waſſer gezogen, erholte ſih der dem Ertrinken nahe Vogel bald und vollſtändig wieder, wurde in Freiheit geſezt und kehrte nunmehr niht zurü>.

„Die ungewöhnliche Hartnäckigkeit dieſes einen Seglers erkläre ih mir dadur<, daß er, nahdem er in früheren Fahren die Stare von Neſt und Brut vertrieben und, von mir ungeſtört, ſeine Brut großgezogen hatte, ein gewohntes Anreht auf das Neſt zu haben glaubte. Andere ließen ſi leiht von mir verſcheuchen, dieſer eine erſt nah tagelanger Gegenwehr. Fhm darf ih es auh wohl zur Laſt legen, daß ſeit 11 Fahren kein Starpärchen zur zweiten Brut gelangte.“

Zur Ergänzung dieſer Beobachtungen teilt Daumerlang uns jezt Folgendes mit: „Wenn das Weibchen des Mauerſeglers den Drang zum Brüten fühlt, ſucht es in der früher geſchilderten Weiſe in den Starniſtkaſten einzudringen. Jn der Regel geſchieht dies, wenn die Stare bereits blinde Junge haben. Ft es dem Weibchen gelungen, die alten Stare zu vertreiben, ſo aßt es die nah Futter begierigen blinden Jungen der Vertriebenen mit ſeinem Schleime, worauf die Neſtlinge raſh erſti>en. Wenn aber die jungen Stare ſhon das Augenlicht erhalten haben, können ſie, weil ſie die verderblihe Aßung nun niht mehr annehmen, in dieſer Weiſe auh niht mehr getötet werden, finden aber in den meiſten Fällen den Tod dur< Verhungern. Denn die alten Stare, die bei den heftigen Kämpfen die ſcharfen Krallen der Segler bald fürchten lernen, laſſen lieber ihre Brut im Stiche, als daß ſie ſih weiteren Gefahren ausſeßen.“

Im Hochgebirge, woſelbſt er bis über den Waldgürtel und an ſhönen Sommertagen bis zum höchſten Gürtel aufſteigt, kümmert ſi<h der Mauerſegler weder um alte Gebäude, noh um Baumhöhlungen, weil ihm hier zahlloſe Spalten und Nißen höherer Felſenwände geeignete Niſtpläße in beliebiger Menge bieten; er bevorzugt dann höchſtens große, tro>ene Höhlen anderen, minder zwe>dienlihen Bruttſtätten und bewohnt ſolche oft zu Hunderten. Gleichgültig oder rüctſihtslos anderen Vögeln gegenüber, drängt er ſich ohne Bedenken in deren Mitte. Wir fanden ihn in Spanien im innigſten Vereine mit Turmfalken, Steinſperlingen und Nötlingen; A. von Homeyer traf ihn auf den Balearen unter