Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Mauerſegler: Kämpfe mit Staren. Nahrung. Feinde. 719

Felſentauben und Fliegenfängern, Goebel im Süden Rußlands unter Bienenfreſſern und Blauraken, E. von Homeyer in Vorpommern mit Uferſhwalben, deren Neſthöhlen er ſich angeeignet, in derſelben Erdwand niſtend an. Wo beide europäiſche Seglerarten zuſammen vorkommen, wie in den Gebirgen der Shweiz und Spaniens, ſiedeln auch ſie ſi< gemeinſchaftlih an einem Orte an. Wenn ein Pärchen ſih einmal eine Niſthöhle erworben hat, kehrt es alljährlih zu ihr zurü> und verteidigt ſie hartnädkig gegen jeden anderen Vogel, der Beſiß von ihr nehmen will. Die Wiege der Fungen beſteht aus Halmen, Heufaden, dürren Blättern, Zeuglappen, Haaren und Federn, die entweder aus Sperlingsneſtern weggenommen oder bei heftigem Winde aus der Luſt aufgeſchnappt, ſeltener aber vom Boden oder von den Baumäſten abgeriſſen, ohne Auswahl zuſammengelegt, dann aber gänzli mit dem kleberigen Speichel, der wie bei anderen Seglern an der Luft erhärtet, überzogen werden. Zwei, höchſtens drei ſehr lang geſtre>te, faſt walzenförmige und an beiden Enden ungefähr gleihmäßig zugerundete weiße Eier bilden das Gelege. Das Weibchen brütet allein und wird währenddem von dem Männchen gefüttert, jedoh nur, wenn das Wetter günſtig iſt; denn bei länger anhaltendem Regen kann dieſes niht ſo viel Aßung herbeiſchaffen, wie zwei Mauerſegler bedürfen, und das Weibchen ſieht ſih dann genötigt, ſelb nah Nahrung auszugehen. Die Jungen werden von beiden Eltern geaßt, wachſen aber ſehr langſam heran und brauchen mehrere Wochen, bis ſie flugbar ſind. Man findet die Eier früheſtens Ende Mai, die eben ausgekrohenen Jungen Mitte Funi oder Anfang Juli, die ausgeflogenen Jungen erſt zu Ende des Monats.

Der Mauerſegler ernährt ſi< von ſehr kleinen Kerbtieren, über welhe man aus dem Grunde ſ{<hwer ins flare kommen fann, als ein erlegter Vogel ſeine gefangene Beute größtenteils bereits verdaut, mindeſtens bis zur Unkenntlichkeit zerdrüct hat. Fedenfalls müſſen die Arten, die ſeine hauptſächlihſte Nahrung bilden, in ſehr hohen Luftſchichten und erſt nach Eintritt entſchieden günſtiger Witterung fliegen. Denn nur ſo läßt ſih das ſpäte und nach den Örtlichkeiten verſchiedene Kommen und Verweilen des Mauerſeglers erklären. Daß er, wie ſeine Verwandten, die allerverſchiedenartigſten fliegenden Kerbtiere, beiſpiel8weiſe Bremſen, Käfer, kleine Schmetterlinge, Mü>en, Schnaken, Libellen und Haſte, niht ver\<mäht, wiſſen wir wohl, da ſi die Überreſte der genannten Arten in den ausgewürgten Gewöllen auffinden laſſen: ſie aber ſind es gewiß nicht, die den Hauptteil der Mahlzeiten eines Mauerſeglers ausmachen, weil im entgegengeſeßzten Falle der Vogel nicht nötig hätte, bis zum Mai in der Fremde zu verbleiben und die Heimat bereits im Auguſt wieder zu verlaſſen. Fm Süden ſeines Verbreitungsgebietes fliegen ſeine Fagdtiere erklärlicherweiſe früher, im Norden ſpäter, hier wie dort aber länger als bei uns zu Lande, und einzig und allein dieſe Annahme erklärt die verſchiedene Zeit ſeines Kommens und Gehens. Auch ex bedarf, wie alle Arten ſeiner Familie, eine ſehr erheblihe Menge von Nahrung, um den außerordentlichen Verbrauch ſeiner Kräfte zu erſezen. Einige Beobachter haben behauptet, daß er nicht trinke; dieſe Angabe iſt jedoch falſch, wie ih, geſtüßt auf eigne Beobachtungen, verſichern kann. Bäder nimmt er wahrſcheinli<h nux, wenn es regnet; in das Waſſer taucht er ſih niht ein, wie Schwalben es thun. Seine faſt ununterbrochene Thätigfeit erflärt ſi< einzig und allein dur ſeinen beſtändigen Heißhunger; gleihwohl kann er im Notfalle erſtaunlich lange faſten: gefangene Segler, die ohne Nahrung gelaſſen wurden, ſollen erſt nah 6 Wochen dem Hungertode exlegen ſein.

Alle Seglerarten haben wenig Feinde. Bei uns zu Lande jagt höchſtens der Baumfalke dem nur fliegend ſich zeigenden und im Fluge ſo überaus raſchen Vogel nah. Auf ſeinen Winterreiſen bedrohen ihn andere Falken derſelben Gruppe. Die Fungen mögen zuweilen von den Siebenſchläfern und anderen kletternden Nagetieren heimgeſucht werden, jedoch vielleicht nur dann, wenn das Neſt, wie erwähnt, in Starkübeln oder in Baumhöhlen