Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, page 552
510 Vierte Ordnung: Hühnervögel; erſte Familie: Faſanvögel.
den Mai falle. Das Neſt wird ohne jegliche Sorgfalt aus tro>enen Blättern und Gräſern zuſammengebaut, unter allen Umſtänden aber zwiſchen hohem Graſe oder unter dicht zum Boden herabhängendem Gebüſche wohl verborgen. Die 8—12 Eier, die in der Größe denen des Haushuhnes glei<hkommen, etwa 45 mm lang, 32 mm did und lihtbräunli<h, faſt wie Perlhuhneier gefärbt ſind, werden in 18—19 Tagen gezeitigt, die Jungen, ſobald ſie gehfähig, von der Mutter ohne Mithilfe des Männchens erzogen und unterrichtet. Eine Prairiehenne mit ihren Küchlein erinnert in jeder Hinſicht an eine Familie unſerer Haushenne: die Alte bekundet ihren Kindern gegenüber dieſelbe Zärtlichkeit und Mütterlichkeit wie jene. Anfangs werden die Küchlein ebenfalls vorzugsweiſe mit Kerbtieren geaßt, ſpäter auf Waldwege und an ähnliche nahrungverſprechende Orte geführt. Oft ſieht man ſie Düngerhaufen dur<ſcharren, um hier die no< unverdauten Getreidekörner aufzunehmen. Bei Annäherung eines Raubtieres oder Menſchen ſtößt die Henne einen Warnungslaut aus: die Jungen verſhwinden darauf wie dur<h Zauberſchlag, und jene ſu<ht nun durch die bekannten Künſte der Verſtellung den Feind von ihnen abzuführen. „Einmal“, erzählt Audubon, „heute mein Pferd eine ſolhe Familie vom Wege auf. Die kleinen Küchlein erhoben ſich ſofort in die Luft, zerſtreuten ſich, einige Meter weit wegfliegend, nach allen Seiten, fielen auf den Boden und hielten ſih hier ſo ſtill und verſte>t, daß ih niht ein einziges auffinden fonnte, obgleih ih einen großen Teil meiner Zeit darauf verwendete, ſie aufzuſuchen.“
Ungeſtört brütet das Prairiehuhn nur einmal im Jahre; werden ihm jedoch die erſten Eier geraubt, ſo ſucht es dieſen Verluſt zu erſeßen; das zweite Gelege enthält aber immer weniger Eier als das erſte. Jm Auguſt ſind die Küchlein. etwa ſo groß wie die Baumwahteln und bereits im Flattern wohl geübt, Mitte Oktober vollkommen ausgewaWſen.
Alle geeigneten Raubtiere Nordamerikas, insbeſondere Prairiewolf und Fuchs, die verſchiedenen Marder und Stinktiere, Falken und Eulen, ſind ſ{limme Feinde der wehrloſen Hühner, ſ{hlimmere vielleicht als der Menſch, der endlih wenigſtens eingeſehen hat, daß die Jagd nur dann erhalten werden kann, wenn eine Zeit ſtrenger Schonung ſtattfindet. Jn den dreißiger Jahren erſchien ein Geſeß zum Schuße der Prairiehühner, das jeden mit 10 Dollar Strafe bedroht, der ein Stü dieſes Wildes außer der auf die Monate Oktober und November beſchränkten Jagdzeit erlegte. Es iſt wahrſcheinlih, daß infolge dieſes Geſeßes die Zahl der Hühner an gewiſſen Orten ſih wieder beträhtli<h vermehrt hat; denn wir erhalten allwinterlih Maſſen von ihnen auh auf unſere Märkte geliefert, und zuweilen können wir Hunderte von lebenden kaufen. Die Jagd ſelbſt wird auf verſchiedene Weiſe ausgeführt und von einzelnen Jägern mit Leidenſchaft betrieben. Früher wurden viele Hühner auf ihren Balzpläßen erlegt, dieſe auh wohl mit Aſche beſchüttet und die bal: zenden Hähne mit Stöcken erſchlagen, nachdem ſie durch die aufgewirbelte Aſche gewiſſermaßen erblindet waren. Jn viel größerer Anzahl noh wurden und werden die Vögel gefangen. „Jh beobachtete“, ſagt Audubon, „mehrere Nächte nacheinander viele Prairiehühner beim Schlafengehen auf einer niht weit von meinem Hauſe entfernten Wieſe, die mit hohem Graſe dicht bede>t war, und beſchloß, nachts einen Fangverſuch zu machen. Zu dieſem Zwe>e nahm ih ein großes Zugneß und ging in Begleitung einiger Neger, die Laternen und lange Stöcke trugen, auf die betreffende Stelle; die Nebe wurden aufgeſtellt, und die Jagd begann. Als wir das erſte Huhn aufſheuchten, flog es glü>liherweiſe gerade gegen das Neb, und als einen Augenbli> ſpäter eine erhebliche Anzahl anderer geräuſchvoll ſich erhob, ſtrichen auch dieſe derſelben Richtung zu. Das Neß wurde ſodann flach auf den Boden niedergedrückt und ein Huhn nah dem anderen in Sicherheit gebracht. Dreimal wiederholten wir unſeren Verſuch mit demſelben Erfolge. Mit Beute beladen zogen wir heim. Am nächſten Morgen ließ ſi kein einziges Huhn auf jener Wieſe ſehen, obgleich gewiß mehrere hundert von ihnen entkommen waren.“