Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, page 558

516 Vierte Ordnung: Hühnervögel; erſte Familie: Faſanvögel.

der Mauſer, von einem Raubtiere getötet; ein anderes habe ih weder ſelbſt erhalten, no< irgendwo in Gefangenſchaft geſehen. Aber nur gefangene Hühner dieſer Art, die im Freien gehalten und allem Einfluſſe des Wetters preisgegeben werden, können uns aufflären über den Wechſel der Kleider.

Das in Sitten und Gewohnheiten dem Moorhuhne vollkommen gleichartige Schottenhuhn oder Grouſe der Engländer (Lagopus scoticus, Tetrao und Oreias scoticus), das die Moore Großbritanniens, insbeſondere Schottlands, bevölkert, iſt ebenſo groß wie erſteres und unterſcheidet ſi< nur dadur< von ihm, daß es im Winter niht weiß wird, und daß ſeine Schwingen braun, die Beine aber grau ſind. Somit ähnelt es dem Moorhuhne im Sommerkleide bis auf die erwähnten Unterſchiede in hohem Grade.

Das Moorhuhn verbreitet ſich über den Norden der Alten und der Neuen Welt, kommt jedo< nicht überall in gleicher Menge vor. FJnnerhalb der Grenzen unſeres Vaterlandes bewohnt es nur noch den nordöſtlichſten Winkel, und zwar laut mir gewordenen maßgebenden Nachrihhten das 8 km nordöſtlih von Memel gelegene, 230 Hektar umfaſſende Daupener Moor, ferner das bei Heidekrug beginnende und bis in das Überſhwemmungsgebiet der Minge und Tenne ſi erſtre>ende, über 3000 Hektar haltende, im Fnneren während des Sommers unzugängliche, während des Winters nur ausnahmsweiſe einmal betretbare Augſtumaler Moor, und endli<h das niht weit davon entfernte Rupkalwer Moor, aus welchem es jedo< wegen der hier vorſchreitenden Beſiedelung mehr und mehr verdrängt wird. Von dieſer Grenze ſeines Verbreitungsgebietes an, na< Oſten wie nah Norden hin, tritt es geeigneten Ortes überall zahlrei auf: ſo in ganz Nordrußland, einſchließlih der Oſtſeeprovinzen, in Skandinavien, von Wermeland an bis zum Nordkap hinauf, ferner in ganz Sibirien und endlich im hohen Norden Amerikas. Wir trafen es noch in der Steppe zwiſchen Omsk und Semipalatinsk; Radde begegnete ihm im öſtlihen Sajan, Und Zwar in der Höhe von faſt 2000 m, namentlich in den weiteren Thälern, die mit Birkengeſträuch beſtanden ſind; wir beobachteten es häufig in der Tundra der Samojedenhalbinſel. Fm Norden Amerikas bewohnt es, laut Sir Fohn Richardſon, alle „Pelzgegenden“ zwiſchen dem 50. und 70. Grade der Breite. JFnnerhalb dieſer Grenzen iſt es ein Strichvogel, der ſi mit Annäherung des Winters in zahlreihe Shwärme zuſammenſchlägt und ſüdwärts zieht, obwohl er auch in den ſtrengſten Wintern noh maſſenhaft in den waldigen Gegenden unter dem 67. Grade gefunden wird. Jm Jahre 1819 erſchien es bei Cumberland Houſe, unter dem 54. Breitengrade, gegen die zweite Woche des November und kehrte mit Beginn des Frühlings wieder nah dem Norden zurü>. Jn ähnlicher Weiſe ſtreicht es auch in Norwegen, indem es allherbſtlih ſeine Brutpläße verläßt und ſcharenweiſe, unter Umſtänden bis zu 3000 Stü vereinigt, dem höchſten, kahlen Gürtel der Gebirge zufliegt. Von Kurland und Litauen aus erſcheinen noh heutigestags allwinterlih Moorhühner in Oſt preußen; einzelne ſollen ſich ſogar bis nah Pommern verflogen haben. Weiter nah Süden hin hat ſi< unſer Vogel niemals gezeigt; auh im höchſten Norden, {hon auf Jsland wie in Grönland, fehlt er gänzlich.

Jn den genannten Mooren Preußiſch- Litauens zieht das Moorhuhn diejenigen Stellen vor, an welchen Wald und offenes Moor abwechſeln. Die Ränder des Waldes, nièmals aber deſſen Jnneres, bilden hier ſeine beliebteſten Aufenthaltsorte, vorausgeſeßt, daß der Grund naß, mindeſtens ſehr feucht iſt. Jm Rupkalwer Moore hat es ſih, nah Anſicht des Toxrfmeiſters Kothe, dem ih nächſt Forſtmeiſter Wieſe und Oberförſter Bo> ſichere Angaben verdanke, erſt ſeit dem Jahre 1871, und zwar infolge der ſeitdem entſtandenen umſfaſſenden Entwäſſerungsanſtalten raſh von vielen hundert auf etwa 30 Stück vermindert Und