Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, page 559
Schottenhuhn. Moorhuhn. SUT
bewohnt gegenwärtig nur noh die erwähnten Waldränder und flache, mit einer {wachen Torfſchicht überde>te Höhenzüge, deren undurhläſſiger Boden Waſſeranſammlungen begünſtigt. Fn der Tundra beſiedelt es Ebenen wie flache Hügel, Gehänge wie Thäler in annähernd gleicher Menge, weil die einen wie die anderen faſt dasſelbe Gepräge zeigen; in Skandinavien dagegen beſchränkt ſich ſein Aufenthalt auf mittlere Lagen der Gebirge; in die eigentlichen Thäler kommt es bloß dann und wann und immer nur auf kurze Zeit herab. Dies erklärt ſih, wenn man weiß, daß es an die Birken- und Weidenarten ge: bunden iſt, deren Reich erſt über der Grenze des Nadelwaldes beginnt. Auf den Hochebenen Standinaviens und in der Tundra iſt es ſtellenweiſe unglaublih häufig, häufiger gewiß als jedes andere Huhn. Ein Paar wohnt dicht neben dem anderen, und das Gebiet des einzelnen Paares iſt ſo wenig ausgedehnt, daß es ſelten an 500 Schritt Durchmeſſer hat. Während der Frühlingszeit verteidigt der Hahn die Grenze ſeines kleinen Reiches eifertüchtig gegen jeden Eindringling.
Man darf das Moorhuhn als einen verhältnismäßig hochbegabten Vogel bezeichnen. Es gehört zu den regſamſten und lebendigſten Hühnern, die ih kenne, iſt gewandt, deshalb auch ſelten ruhig, und verſteht es, ſich unter den verſchiedenſten Verhältniſſen geſchi>t zu bewegen. Die breiten, dicht befiederten Füße geſtatten ihm, ebenſo raſh über die trügeriſche Moosde>e wie über den friſhen Schnee wegzulaufen, befähigen es wahrſcheinlih auch zum Schwimmen. Sein Gang iſ verſchieden. Gewöhnlich läuft es ſchrittweiſe in gedu>ter Stellung, mit etwas gekrümmtem Rücken und hängendem Schwanze dahin, jeder Vertiefung des Bodens folgend und nur, wenn etwas Beſonderes ſeine Aufmerkſamkeit reizt, einen der fleinen Hügel erflimmend, um von hier aus zu ſichern; wenn es ſi aber verfolgt ſicht, rennt es mit kaum glaublicher Eile ſeines Weges fort. Beim Sichern ſtre>t es ſich ſo lang aus, wie es fann, hebt den Kopf hoh auf und erſcheint nun auffallend ſ{<lank. Der Flug iſt leiht und ſhön, dem unſeres Birkwildes ähnlicher als dem des Rebhuhnes, jedo< von beiden verſchieden. Vom Boden ſich erhebend, ſteigt das Huhn, insbeſondere das Männchen, zunächſt bis zu einer Höhe von ungefähr 4 m auf, ſtreicht hierauf, abwechſelnd mit den Flügeln ſ<wirrend und gleitend, 300, 400, 500, au< 600 Schritt weit in derſelben Höhe über dem Boden fort, ſteigt plöglih jäh empor und ſenkt ſi<h nun raſh hernieder, um einzufallen, oder aber ſeßt, genau in derſelben Weiſe wie früher fliegend, den Weg noh weiter fort, ſteigt no< einmal auf, ſchreit und fällt ein. Bei kurzen Flügen läßt das Männchen während des Aufſtehens regelmäßig ſein lautſchallendes „Srr-ve>-e>- e>- e>“/ unmittelbar nah dem Einfallen die dumpfen Kehllaute „gaba-u gaba-u“ vernehmen; das Weibchen hingegen fliegt immer ſtumm. Jm Schnee gräbt es ſih nicht bloß tiefe Gänge aus, um zu ſeiner im Winter verde>ten Nahrung zu gelangen, ſondern ſtürzt ſih auch, wenn es von einem Raubvogel verfolgt wird, ſenkre<ht aus der Luft herab und taucht dann förmlich in die leihte De>e ein. Bei ſtrengem Wetter ſucht es hier Zuflucht, um ſih gegen die rauhen Winde zu hüten: zuweilen ſoll man den Flug dicht aneinander geſchart antreffen, und zwar ſo, daß die ganze Geſellſchaft unter dem Schnee vergraben iſt und nur die einzelnen Köpfe herausſchauen. Die ſcharfen Sinne erleichtern ihm, nahende Gefahr rechtzeitig zu erkennen, und es verſteht dann meiſterhaft, ſich beſtmöglich zu ſchüßen. Gleichwohl iſt es in der Regel nicht ſcheu, meiſt ſogar auffallend dreiſt und mutig; zumal einzelne unbeweibte Männchen zeigen ſi< oft überaus ſorglos und laufen längere Zeit ungede>t vor dem Wanderer oder Jäger einher, gleichſam als müßten ſie ſich die auffallende Erſcheinung des Menſchen erſt re<t betraten. Hierbei nimmt es gewöhnlich die gebüte Haltung an, dut ſih au auf allen ſpärlih mit Zwergbirken beſtandenen Stellen der Tundra noh mehr als gewöhnlich, um ſi< unſichtbar zu machen, kann jedo< niht unterlaſſen, von Zeit zu Zeit wenigſtens den Hals hoch aufzurichten, um zu ſichern.