Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Glanzhuhn: Verbreitung. Weſen. Lebensweiſe. 597

Vogel allein zu ſein ſcheint. Zuweilen kann man eine engliſhe Meile weit dur<h den Wald gehen, ohne einen einzigen zu ſehen, und plößlih trifft man auf eine Stelle, wo in einem Bezirke von einigen hundert Metern Durchmeſſer mehr als 20 na< und nach aufſtehen. Zu anderen Zeiten oder in anderen Strichen haben ſie ſi< über das ganze Gebiet verteilt; man treibt hier einen auf, dort einen anderen, zwei oder drei an einer dritten Stelle, und fo kann es meilenweit fortgehen. Die Weibchen bilden geſhloſſenere Shwärme als die Männchen, gehen auch tiefer in das Gebirge hinab und vertauſchen die ſhüßenden Wälder früher mit Pläßen, die den Strahlen der Sonne ausgeſeßt ſind, oder mit der Nachbarſchaft der Dörfer. Beide Geſchlechter werden oft getrennt voneinander und dann in namhafter Anzahl gefunden. Fn größeren Tiefen oder auf getauten Bergſeiten trifft man Dutzende von Weibchen und jungen Vögeln ohne ein einziges altes Männchen, während man in der Höhe oder im Walde nur dieſe ſieht. Fm Sommer verteilen ſie ſih mehr, halten ſi< aber nict eigentli<h paarweiſe; denn man begegnet auh dann oft mehreren zuſammen. Ob dieſe ſi<h überhaupt gepaart haben, bleibt fraglih; denn das Männchen ſheint der Henne, ſolange ſie brütet, keine Aufmerkſamkeit zuzuwenden oder ſich ebenſowenig um die ausgeſhlüpften Jungen zu bekümmern, da man es ſo ſelten bei ihnen findet.

„Vom April bis zum Beginn der kalten Fahreszeit iſt der Monaul ſehr vorſichtig und ſcheu; aber dieſe Eigenſchaften verlieren ſih unter dem alles bezähmenden Einfluſſe der winterlichen Kälte und des die Nahrung bede>enden Schnees ſehr bald, obgleich man auch jeßt eine gewiſſe Zurückhaltung niht verkennen kann. Vom Oktober an findet man unſeren Vogel ſhon häufig an Stellen, die frei von Unterholz ſind, und er zeigt ſih nicht mehr ſo ängſtlih bedacht, der Beobachtung zu entgehen, indem er ſich dur< das Gras oder die dichteren Gebüſche dahinſtiehlt; immerhin aber wird er früher aufmerkſam und ſteht in größerer Entfernung auf als jeder eigentlihe Faſan. Jm Frühjahre fliegt er, aufgeſheuht, oft weit in einem Zuge dahin und läßt ſi<, wenn er zum zweiten Male aufſtand, kaum nahe fommen, während er im Winter nicht ſelten im Laufen erlegt oder, wenn er ſih erhoben und auf einem Baume niedergelaſſen hatte, ohne große Mühe beſchlihen werden kann. Wenn man ihn im Walde auſftreibt, erhebt er ſi<h gewöhnlih ſtumm und ohne auf dem Boden wegzulaufen, wogegen er auf Blößen oder graſigen Gehängen, wenn er ſi nicht hart verfolgt ſieht, gern davonrennt oder auh davonſchleiht anſtatt aufzufliegen. Muß er ſih zum Aufſtehen entſchließen, ſo geſchieht dies unter polterndem Geräuſche und unter Ausſtoßen eines ſhrillenden und pfeifenden Geſchreies, das in raſcher Folge und oft bis zum Niederſeßen wiederholt wird, worauf er dann unter Umſtänden ſeinen gewöhnlichen flagenden Ruf ertönen läßt und eine Zeitlang fortſezt. Wenn man im Winter ein oder zwei Monauls aufgetrieben hat, werden alle, welche dies hören, aufmerkſam, und wenn jene zu einem Schwarme gehören, erhebt ſih dieſer in raſcher Folge; iſt die Geſellſchaft mehr vereinzelt, ſo ſteht ein Vogel langſam nach dem anderen auf. Der Schrei des erſten, der auffliegt, bewegt einen zweiten, \i< zu erheben, und ſo geht es fort, bis alle in der unmittelbaren Umgebung aufgeſtanden ſind. Fm Winter zeigen ſie ſi<h weniger abhängig voneinander und, wenn auh ſcheuer, doh cher geneigt, zu warten, bis ſie ſelbſt aufgeſheuht werden. Längere Verfolgung macht ſie ſehr ſcheu, flüchtig und unſtet, zumal im Frühlinge, weil ſie dann überall im Walde ohne Mühe hinlängliches Futter finden, während ſie im Winter auf ein beſchränkteres Gebiet angewieſen ſind und zu ihm zurückkehren müſſen. Die Weibchen ſcheinen übrigens jederzeit weniger furhtſam zu ſein als die Männchen. Der Flug der letzteren iſt eigentümlih. Der Monaul pflegt nämlich, wenn ex weitere Stre>en durhmeſſen will, ohne Flügelſchlag, aber mit zitternder Bewegung der Schwingen dahin zu ſ{<hweben. Spielt dann die Sonne auf ſeinem prachtvollen Gefieder wider, jo erſcheint er unbedingt als der ſchönſte aller Faſanvögel.