Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

602 Vierte Ordnung: Hühnervögel; erſte Familie: Faſanvögel.

anſcheinend ohne ſih um die ebenſowenig auf ihn achtende Henne zu kümmern. Beider Wege kreuzen ſi< mitunter; ex bleibt, ihr na<hbli>end, wie ſinnend ſtehen, ſtößt auh wohl leiſe Rufe aus, ſett aber ſeinen Umgang fort, umkreiſt die Henne mehrmals und nähert ſich endlih ſeinem Lieblingsplate, geht auh auf ihm noch einige Zeit hin und hex, bleibt \{ließlih auf gewohnter Sißſtelle ſtehen und ni>t in ſtetig beſchleunigter Weiſe mit dem Kopfe. Langſam heben ſih die Hörner, und ru>weiſe ſenkt ſih, den Zu>ungen des Kopfes folgend, die Kehlhaut, und ebenſo wie ſie ſich verlängert, dehnt ſie ſich in die Breite. Höher {wellen die Wogen der Gefühle. Die Kopfbewegungen arten in wildes Hin- und Herſchleudern aus, ſo daß die jezt no< ſ<laffen Kehllappen und die erſt halb aufgerihteten Hörner dem Vogel um den Kopf fliegen. Die Flügel werden gelüpft und geſtre>t, die Shwanzfedern geſenkt und zu einem mit dem Rande den Boden berührenden Rade geſchlagen, die Ferſengelenkte eingefnidt, ſo daß der liebeSraſende Geſell mit der Bruſt faſt auf dem Boden liegt; unter Fauchen und Ziſchen werden die Fittiche auf dem Boden geſchleift. Da, plößlih, endet jede Bewegung. Tiefgeſenkt, ſ<hwer atmend, das Gefieder geſträubt, Fittihe und Shwanz gegen den Boden gedrü>t, die Augen geſchloſſen, verharrt der Vogel regungslos in voller Verzü>ung. Von ſeinem Kopfe ſieht man nur Schnabel und Stirnſhopf noh; nadelglei, ſteif und ſenkrecht aufgerichtet ſind die türkisblauen Hörner, geſ<hwellt alle Teile des jet zu vollem Umfange entfalteten Schildes; dur<hſhimmerndes Himmelblau, ſaftiges Kornblumenblau, feurigſtes Blutrot ſtrahlt von ihm aus: ein wunderbarer, unbeſcreiblih {<höner Anbli> von blendender Wirkung feſſelt und entzü>t das Auge. Doch nur wenige Augenbli>e währt dieſe ſtarre, krampfhafte Verzü>kung. Wiederum fauchend und mit den Füßen ſcharrend, ru>weiſe, etwa dreimal die Flügel ſ{<lagend und den Shwanz aufwerfend, richtet ſih der Hahn bis zur äußerſten ihm erreihbaren Höhe empor, verharrt nohmals kurze Zeit bewegungslos in dieſer Stellung, zittert, ſchüttelt ſein noh geſträubtes Gefieder, als ob er es dadur<h glätten und anlegen wolle, ſtürzt ſih mit halb offenen Flügeln und gebreitetem Spiele von der Höhe herab, eilt, die Hörner no< geſchwellt, den Schild gebreitet, auf das Weibchen zu und erſcheint, ſeinen wilden Lauf jählings hemmend, in olympiſcher Herrlichkeit, wie Zeus vor Semele, urplößlih dicht vor ihm, bleibt hoh aufgerichtet ſtehen, ziſcht, zittert, zu>t, und — entſhwunden iſt die bis jeßt entfaltete Pracht. Das Gefieder glättet ſich, der Schild wird zum längsgefurchten Lappen, die Hörner krümmen und verſte>en ſih zwiſhen den Federn, und ruhig, als wäre nichts geſchehen, geht der Hahn wiederum ſeinen Geſchäften nah. Die Henne aber gebärdet ſi<h während des ganzen Liebesſpieles., als ginge ſie der balzende Hahn nicht das geringſte an, zollt ihm weder Dank no< Vewunderung für ſeine Huldigung und pflü>t während, wie vor oder nach der Balz Halme und Knoſpen.“

Im Käfige legt die Henne ſelten mehr als 6 Eier nacheinander, wiederholt das Legen aber, wenn man ihr die Eier wegnimmt. Dieſe ſind etwa 60 mm lang, 43 mm di>, echt eiförmig, ziemlih ſtarkſchalig und auf bräunlich- oder braungelbem Grunde entweder mit ſehr feinen hellbraunen oder mit gröberen dunkelbraunen Fle>en gezeihnet. Werden der Henne die Eier gelaſſen, ſo brütet ſie eifrig, etwa 26 Tage lang, bemuttert und führt auh die Jungen aufs treueſte. Lettere legen zum Teil ſhon im erſten, ſicher im zweiten Lebensjahre ihr Prachtkleid an; die Weibchen des Hornhuhnes ſind meiſt ſchon im nächſten Frühjahre nah ihrer Geburt fortpflanzungsfähig.

Die Spiegelpfauen (Polyplectron) dürfen als Verbindungs- oder Mittelglieder

zwiſchen den Pfauenvögeln und den Argusfaſanen angeſehen werden. Sie ſind klein, ſ{<hlank, ihre Flügel kurz, ſtark gerundet, unter den Schwingen die fünfte und ſe<ſte die längſte,