Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Perlhühner: Weſen. Nahrung. Fortpflanzung. Gefangenleben. 619

natürlichen oder künſtlichen Vertiefung im Boden, um welche etwas dürres Laub oder Steppengras liegt. Das Gelege zählt 5—8, zuweilen auh mehr, ſhmutig gelblihweiße, ziemtih glänzende und ungemein hartſchalige Eier. Die Brutdauer beträgt 25 Tage. „Hahn und Henne entfernen ſih niemals von ihrer Brut und ſuchen dur< Lärmen und haſtiges Hin- und Hexlaufen die Aufmerkſamkeit des Menſchen auf ſi zu ziehen.“ Die Küchlein im Flaumkleide gleichen an Anſehen und Weſen jungen Faſanen, werden bald nah dem Aus\hlüpfen von den Alten weggeführt, wachſen raſh heran und folgen bereits, wenn ſie die halbe Größe der Eltern erreiht haben, dieſen auf allen Streifereien, bäumen dann auch ſchon nachts regelmäßig mit ihnen.

Perlhühner laſſen ſih leihter eingewöhnen als irgend ein anderes Wildhuhn, werden aber niht leiht und kaum jemals vollſtändig zahm, ſchreiten au< nur dann zur Fortpflanzung, wenn ſie weiten Spielraum haben. Dagegen kann man gefangene bald ſo weit gewöhnen, daß ſie in Haus und Hof umherlaufen, oder ſelbſt an einen Neiſewagen derart feſſeln, daß ſie auf dem jedesmaligen Raſtplaze umherlaufen dürfen, weil ſie ſih am Morgen beim Weiterziehen wieder pünktlih beim Wagen einfinden und ohne Umſtände von neuem in ihre Käfige ſperren laſſen. Sie ſind zänkiſch, liegen mit Haus- und Truthühnern beſtändig im Streite, werden ſo bösartig, daß ſie Kinder und erwachſene Hähne angreifen, ſtreifen weit umher, verſte>en ihr Neſt ſoviel wie mögli, brüten niht eiſrig und können ſtarke Kälte nicht vertragen. Anderſeits erfreuen ſie dur< ihre ewige Naſtloſigkeit, ihr hübſches Gefieder und die ſonderbaren Stellungen und Bewegungen, die ſie beim Laufen annehmen. Das Geierperlhuhn unterſcheidet ſih, wenn ih von dem von mir beobachteten auf das Betragen anderer ſchließen darf, ſehr zu ſeinem Vorteile von den übrigen. Es trägt ſich zierlicher, erſcheint ſ{lanker, weil es den Kopf erhebt, und nimmt ſelten die e>ige Geſtalt an, die gerade feine Familienverwandten kennzeichnet. Bemerkenswert ſcheint mir ſeine große Gutmütigkeit und Sanftheit zu ſein. Eins, das ih pflegte, wurde nach kurzer Zeit ungemein zahm, trat mit ſeinem Wärter in ein ſehr inniges Verhältnis, ließ ſih von dieſem fangen, ohne ſi< zu ſträuben hin und her tragen, an einen beſtimmten Ort ſeßen und hier ſo lange feſthalten, wie der Wärter für gut befand. Die Wärme liebte es noh mehr als andere Perlhühner. Es erfror in dem einen falten Wintex, aller Vorſicht ungeachtet, in einem wohlgeheizten Zimmer die Füße, wahrſcheinlih, weil ihm der Boden noh zu kalt war. Zm Sommer ſah man es während der Mittagshiße behaglih in den Strahlen der Sonne ſi dehnen und re>en, während andere Perlhühner zu derſelben Zeit unter ſchattigen Büſchen Schuß ſuchten. Bei heftigem Winde verkroch es ſi faſt ängſtlich an einer geſ<hüßten Stelle, verweilte hier während des ganzen Tages oder begehrte ſelbſt an der Thür ſeines Hauſes Einlaß. Gerade das Geierperlhuhn würde unſeren Hühnerhöfen zur größten Zierde gereichen; aber freilih ſcheint es, daß es der Züchtung in der Gefangenſchaft no< größere Schwierigkeiten in den Weg legen wird als das Gemeine Perlhuhn, deſſen Eier man bei uns nur ausnahmsweiſe der re<ten Mutter überläßt und gewöhnlih Trut- oder Haushühnern zum Brüten unterlegt.

Die Perlhühner haben ſehr viele Feinde. Alle Katen Afrikas, vom Leoparden oder Geparden an bis zum Luchſe herab, alle Schakale und Füchſe ſtellen den Alten und Jungen, die Shleichkaßen namentlih den Eiern und Küchlein nach; alle größeren Raubvögel jagen eifrig auf dieſes ſo leicht zu bewältigende Wild, und ſelbſt die Kriechtiere erlangen es niht ſelten: wir fanden im Magen einer 2,5 m langen Rieſenſchlange ein vollſtändig ausgewachjenes Perlhuhn. Der Menſch jagt ſie überall mit einer gewiſſen Vorliebe, weil ſie ſih ohne beſondere Mühe berü>en laſſen, obwohl ſie, wenn ſie Verfolgungen verſpüren, bald ſehr [heu werden. Dazu kommt nun noh, daß ihre reiche Beſiederung die meiſten Shüſſe unwirkſam macht, daß ſie ſelbſt das beſte Gewehr zu verſpotten ſcheinen. Ganz anders iſt es,