Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Jnambu. — Schnepfenſtrauße: Allgemeines. 643

Der Fnambu iſt im Camposgebiete des mittleren Braſilien, beſonders in den Provinzen Minas Geraes und Goyaz zu Hauſe, kommt aber auh in den argentiniſchen Ländern häufig vor, „begleitet hier“, wie Döring ſih ausdrü>t, „den Reiſenden im ganzen Gebiete der Ebene, in den Waldungen ebenſowohl wie in den Pampas, und erhebt ſich dicht hinter ihm“. Er lebt nie in Völkern, ſondern immer einzeln, ſtellenweiſe aber in großen Mengen, iſt allbekannt, das Lieblingswild des Jägers, einer beſtändigen Verfolgung ausgeſeßt und deshalb ſehr ſheu und vorſichtig. Bei Annäherung eines Menſchen läuft er im hohen Graſe davon, gebraucht aber nur im äußerſten Notfalle ſeine Schwingen. Darwin erzählt, daß er auf der einförmigen Ebene von Val Donado Hunderten dieſer Vögel begegnete, die ſi, dur die Annäherung der zahlreihen Geſellſchaft von Reiſenden erſhre>t, ganz gegen ihre Gewohnheit zu Ketten vereinigten, aber vollſtändig in Verwirrung gebracht wurden, wenn man ſie zu Pferde in einem immer enger werdenden Kreiſe umritt. Der hart verfolgte Vogel wagte zuleßt nicht einmal mehr in gerader Linie zu entfliehen, ſondern drückte ſih platt auf den Boden nieder. Die Unbehilflichkeit des Fnambu iſ den dortigen Eingeborenen wohl bekannt. Schon die Knaben jagen ihn und erbeuten viele mit einer höchſt einfahen Wurfſchlinge. Das Fleiſch gehört zu dem beſten Wildbraten, den der Reiſende in Braſilien oder in den argentiniſhen Ländern vorgeſeßt erhält. Nach Burmeiſter ſtreift der Jnambu nur in der Dämmerung na< Nahrung umher. Das Neſt ſteht am Boden in einem dichten Buſche und enthält 7—9 dunkelgräuliche, violett überflogene Eier, deven Oberſläche auffallend glänzend iſ und wie poliert ausſieht.

- Gefangene Jnambus gelangen zuweilen in unſere Käfige dauern vortrefflih aus zeigen ſih anſpruhslos und ſchreiten, entſprechend gepflegt auch wohl zur Fortpflanzung.

Die Shnepfenſtrauße (Apterygiformes), welche die lezte Unterordnung bilden, haben äußerlih wenig Ähnlichkeit mit anderen Hühnervögeln. Fhr Leib iſt verhältnismäßig gedrungen, der Hals kurz, aber di>, der Kopf niht beſonders groß, der Shnabel lang und dünn, der Fuß verhältnismäßig kurz und vierzehig, der Flügel ſo verkümmert, daß er eigentli<h nur im Gerippe ſichtbar wird, da ſih im Gefieder bloß kurze Stummel auffinden laſſen, die einige unvollkommene, aber ſtarke Kiele tragen; der Schwanz fehlt gänzlich. Das Gefieder beſteht aus langen, lanzettförmigen, loſe herabhängenden Federn, die vom Halſe abwärts an Länge zunehmen und etwas zerfaſerte Fahnen und ſeidenartigen Glanz haben. Der Schnabel mag, oberflählih betrachtet, mit dem eines Jbis verglichen werden, unterſcheidet ſi aber von dieſem und jedem anderen Vogelſhnabel überhaupt durch die Stellung der Naſenlöcher an der Spize. Am hinteren Ende liegt eine Wachshaut, und von dieſer aus verlaufen Furchen bis gegen die Spitze hin. Die Beine ſind ſehr ſtark und furz, die vorderen Zehen lang und ſtark mit kräftigen Grabekrallen bewehrt, wogegen die hintere, didere und kürzere, die faſt ſenfre<t geſtellt iſt und beim Auſtreten den Boden nicht berührt, eine noh ſtärkere Kralle trägt und eher dem Sporne eines Haushahnes als einer Zehe gleicht; harte, neßförmige Schilde bekleiden die Läufe, Schuppen die Mitte der ſeitlihen, mit ſ{<hmalen Häuten beſäumten Zehen. Der Bau des Gerippes ähnelt dem der Strauße. Wie bei dieſen fehlen die Sclüſſelbeine, ſind die Halswirbel ſehr zahlreich, die Nückenwirbel zu einem feſten Körper verwachſen und die Flügelknochen ſo verkümmert, daß der Oberarm bloß 3, der Unterarm nux 2, die ganze Hand kaum 1 cm mißt, von denen auf das einzige krumm- und frallenartige Fingerglied noh die Hälfte kommt.

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