Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

644 Vierte Ordnung: Hühnervögel; ſechſte Familie: Shnepfenſtrauße.

Die Unterordnung umfaßt nur eine Sippſchaft (A ptery ges), Familie (A pterygidae) und Gattung (Apteryx). Dieſe zählt vier etwa haushahngroße neuſeeländiſche Arten,

Der erſte Schnepfenſtrauß, der na<h Europa kam, erhielt den Namen A pteryx australis. Der betreffende Vogel wax angeblih in den Waldungen der Dusky Bai, an der Südweſtküſte der Südinſel Neuſeelands, erlegt worden. Faſt alle diejenigen Stücke, welche man gegenwärtig in den Sammlungen ſieht, ſtammen von der Nordinſel und gehören einer zweiten Art (A pteryx mantelli) an, für wel<he i< den Namen der Eingeborenen, Kiwi, beibehalten will. Dieſer Schnepfenſtrauß unterſcheidet ſih von jenen ſchon dadurch, daß er etwas kleiner iſt, hat aber auh verhältnismäßig längere Läufe, türzere Zehen und Krallen und zeichnet ſih am Kopfe durch lange, borſtige Haare ſowie endlih dur dunklere und mehr rötliche Färbung aus.

Dex Kiwi lebt in den unbewohnten, waldreihen Gegenden der Nordinſel heute no, iſt aber in den bewohnten Gegenden gänzlih ausgerottet und niht ſo leicht zu bekommen, wie man denkt. Schon Dieffenbach beklagt, während eines Aufenthaltes von 18 Monaten in Neuſeeland troß der Belohnungen, die er den Eingeborenen überall verſpra<, nur einen einzigen Balg erlangt zu haben. „Ebenſo“, ſagt Ferdinand von Hochſtetter, „iſt es mir ergangen. J< habe manche Gegend auf der Nordinſel durhwandert, auf welcher na<h der Ausſage der Eingeborenen der Vogel bisweilen no< vorkommt, konnte aber trot aller Bemühungen mir kein Stü verſchaffen. Als Gegenden, in welchen der Kiwi noch häufig ſein ſoll, wurden mir Little Barrier-Eiland, eine kleine, dit bewaldete, gänzli unbewohnte Jnſel im Hauraki Golfe bei Auland, und die waldigen, wenig bewohnten Bergketten zwiſchen Kap Palliſer und dem Oſtkap an der Südoſtſeite der Nordinſel angegeben. Jene Fnſel, welche aus einem etwa 700 m hohen Berge beſteht, iſt nur bei ganz ruhiger See zugänglich, und das Vorhandenſein des flügelloſen Vogels auf ihr beweiſt, daß ſie einſt mit dem gegenüberliegenden Lande in Verbindung ſtand. Eingeborene, die ih in Collingwood an der Golden Bai traf, gingen gegen ein Verſprehen von 5 Pfund Sterling für mich auf den Fang aus und braten mir au< ſhon nach drei Tagen zwei lebende Schnepfenſtrauße (A pteryx oweni), Männthen und Weibchen, die ſie nahe am Urſprunge des Rocky- und Slaterivers in einer Höhe von ungefähr 1000 m über dem Meere gefangen hatten. Als Skeet im Jahre 1861 das Gebirge zwiſchen dem Takaka- und Bullerfluſſe in der Provinz Nelſon unterſuchte, fand er auf dem graſigen Bergrücken an der Oſt ſeite des Owenfluſſes die Kiwis ſo häufig, daß er mit Hilfe von zwei Hunden jede Nacht 15— 20 Stüc fangen konnte. Er und ſeine Leute lebten von Kiwifleiſch.

„Was man von der Lebensweiſe des Kiwi weiß, gilt wohl für alle Schnepfenſtrauße. Sie ſind Nachtvögel, die ſi den Tag über in Erdlöchern, am liebſten unter den Wurzeln großer Waldbäume, verſte>t halten und nur nahts auf Nahrung ausgehen. Dieſe beſteht în Kerbtieren, Larven, Würmern und den Samen verſchiedener Gewächſe. Sie leben paarweiſe und können außerordentlich raſ< laufen und ſpringen. Hunde und Katen ſind nächſt dem Menſchen ihre gefährlichſten Feinde. Die Eingeborenen wiſſen ſie, natürlich bei Naht, indem ſie ihren Ruf nachahmen, heranzulo>en und durch Faelſchein verwirrt zu madchen, ſo daß ſie die Vögel dann entweder mit der Hand fangen oder mittels eines Stokes erſchlagen fönnen; auh Hunde werden zur Jagd abgerichtet. Dieſen Nachſtellungen iſt es zuzuſchreîiben, daß der Kiwi in bewohnten Gegenden längſt niht mehr gefunden wird.“

Eingehendere Nachrichten verdanken wir Six Walter Buller. Dem Kiwi erſeßt die Schnelligkeit ſeiner Füße in gewiſſem Grade den Verluſt ſeiner Flügel. Fm vollen Laufe eilt er mit weiten Schritten dahin und trägt dabei den Leib in ſchiefer Lage und den Hals weit