Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Strauß: Nußung, Jagdweiſen. 705

koſtbaren weißen, deren ein vollkommen ausgebildeter Strauß höchſtens 14 Stü beſibt, in einzelne Bündel zuſammen und bewahrt ſie zu gelegentlihem Verkaufe in ſeinem Zelte auf. Der Händler muß ſich, um die Federn zu bekommen, ſelbſt zum Fäger verfügen und erlangt von dieſem die geſuhte Ware erſt nach O lächerlihen Umſtändlichkeiten. Dieſes Zurüchalten der Jagdbeute erſcheint dem wohl begründet, der weiß, daß alle Fürſten und Regierungsbeamten Afrikas noh heutigestags, wie zu Zeiten der alten Ägypter, von ihren Unterthanen oder den von ihnen unterjohten Völkerſchaften Straußfedern als Königszoll verlangen und ſi kein Gewiſſen daraus machen, dieſen dur ihre Unterbeamten gewaltſam eintreiben zu laſſen. Der Araber vermutet in jedem, welcher ihn nah Federn fragt, einen Abgeſandten ſeines Oberherrn und gibt ſeine Schäße erſt, nachdem er ſih durch die ſorgfältigſten Vorfragen von der Redlichkeit des Käufers überzeugt hat, dieſem preis.

Jn den Steppen am Euphrat tötet man den Strauß, wie Weßſtein mitteilt, mit ſeltenen Ausnahmen immer über ſeinen Eiern. „Die Henne, die gegen Ende der Brutzeit niht mehr flieht, du>t ſi<h bei Ankunft des Jägers, neigt den Kopf auf die Seite und haut ihren Feind regungslos an. Mehrere Beduinen haben mir geſagt, daß man ein hartes Herz haben müſſe, um zu ſchießen. FJ das Tier getötet, ſo verſcharrt der Jäger das Blut, legt die Henne wieder auf die Eier, gräbt ſich in einiger Entfernung in den Sand und wartet bis zum Abende, wo der Hahn kommt, diesmal, um neben ſeinem Weibchen erſchoſſen zu werden. Wird die Henne von den Eiern verſcheucht, ſo ſucht ſie ſtets mit lautem Geſchrei den Hahn auf, der ſie dann, wie die Jäger einſtimmig behaupten, mit Gewalt zum Neſte zurü>bringt; daher ſein arabiſcher Name „Salim“, der Gewaltige. Für Dummheit mag es gelten, daß ſih das Tier bei Windſtille reitenden Jägern gegenüber, ſtatt zu fliehen, gern hinter Hügeln und in Bodeneinſenkungen zu verſte>en ſucht; unterſtüßt ihn aber der Luftzug, ſo ſpannt der fliehende Strauß die Federn des Flügels und des Schwanzes gleih Segeln aus und entkommt unter beſtändigem Rudern und ausgebreiteten Flügeln ſeinen Verfolgern mit Leichtigkeit.“ Dur<h von Heuglin erfahren wir, daß man im Oſtſudan die Strauße auch in Trittfallen fängt. Die Eiſahirten halten, nah Angabe E Reiſenden, zahme Strauße, mittels deren ſie ſi<h dem Wilde zu nähern ſuchen, um leßteres mit kurzen, vergifteten Pfeilen zu ſchießen; auch ſollen dieſelben Somali es verſtehen, durch die ſhwermütig flingenden Töne ihrer Rohrflöten die Rieſenvögel anzulo>en und zu bezaubern,

Andersſon erzählt, daß in gewiſſen Gegenden Südafrikas der Strauß von einigen Jägern zu Fuße gejagt wird, und daß er am Ngamiſee Buſhmänner bei dieſer Gelegenheit habe beobahten können. Dieſe umzingelten Meis eine ganze Herde, worauf die erſhre>ten Vögel gewöhnli<h unter Geſchrei und Lärmen ins Waſſer getrieben wurden. Außerdem lauern dieſelben Fäger dem Strauße an ſeinem Neſte oder am Waſſer auf, ſollen au<, wie Moffat angibt, um ſih unter die Herden der weidenden Vögel zu begeben, ein flaches Doppelkiſſen mit Stroh ausſtopfen, es ungefähr wie einen Sattel formen, mit Federn bekleiden, außerdem den abgetrennten Hals und Kopf eines Straußes vorrichten, indem ſie das Fell über einen mit Stroh umwi>elten Sto> ziehen und ſih die Beine weiß anmalen. Der Jäger ſoll hierauf den mit Federn beſte>ten Sattel auf den Kopf, den Unterteil des Straußenhalſes feſt in die rechte, den Bogen in die linke Hand nehmen und der Straußenherde zugehen, den Kopf wie ein ſi< umſchauender Strauß drehen, den Sattel mit den Federn ſ{hütteln und die Strauße zuweilen ſo täuſchen, daß einzelne von ihnen auf den vermeintlihen Vogel zugehen und mit ihm Streit anfangen wollen. Europäiſche Jäger pflegen in Südafrika den Strauß an heißen Tagen um die Mittagszeit niederzureiten; der geheßte Vogel ermattet dann ſehr bald und wird au<h von einem mittelmäßigen Pferde eingeholt.

Brehm, Tierleben, 3. Auflage. VI. 45