Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

94 Erſte Unterordnung: Eidechſen; vierte Familie: Leguane.

ſcheint. Als leßterer eines Abends in Mittelamerika eine armſelige Hütte betrat, fand er in ihr für ſeinen hungrigen Magen nur eine Suppe vor, ſollte aber zu ſeiner niht geringen Überraſchung erfahren, daß der Wirt das magere Abendeſſen, wegen deſſen jener ſi bereits getröſtet hatte, in eigentümlicher Weiſe zu würzen wußte. Einige kleine Knaben eilten auf Befehl des Hüttenbeſißers in den Wald und kehrten bald darauf mit einer rieſigen Eide<ſe zurü>, die dem Gaſte zum Abendeſſen beſtimmt zu ſein ſchien. Anſtatt das Tier aber zu tôten und zu braten, ſchnitt der Wirt ihm einfa<h ein kleines Loch in die Seite griff mit den Fingern in das Jnnere des Leibes und zog vorſiht¡g zwei Ketten zuſammenhängender großer Eier hervor. Nachdem dies geſchehen, nähte der Mann die Öffnung ſauber wieder zu, ſtreute etwas heiße Aſche auf die Wundränder und ließ die Eidechſe laufen. Die Eier wurden Sallé vorgeſeßt, und dieſer erfuhr auf Befragen, daß es hier allgemein Gebrau<h ſei, derartige Tiere in dieſer Weiſe zu behandeln, da man ſo darauf re<hnen könne, im nächſten Fahre eine gleiche Eierernte zu halten.

ES

An das Ende der geſamten Familie ſtellen wir die Gattung Krötene<hſe (Phryn0s0m a), gewiſſermaßen Vertreter der Dornſhwänze unter den Leguanen, ebenſo auffallende wie unſchöne Tiere, die dur ihren flachen, breiten, an den Seiten meiſt faltigen Leib/ den höchſtens körperlangen oder kürzeren, am Grunde di>en Schwanz, die ungleichartige, bei einzelnen Arten hier und da ſta<hlige Beſhuppung, namentli<h aber dur<h den am Hinterrande mit knöhernen Dornen bewehrten Kopf und den Mangel von Flügelbeinzähnen ſih kennzeihnen. Schenkelporen ſind ſtets vorhanden.

Der bekannteſte Vertreter dieſer Gattung, welche zwölf auf Nordamerika und Mexiko beſ<hränkte Arten umfaßt, iſt die hon Hernandez bekannte und von ihm „Tapayaxye“ genannte Krötenechſe (Phrynosoma cornutum, Agama cornuta, Phrynosoma bufonium und harlani), ein Tier, das mit einer Kröte wirklih mehr als oberflähliche Ähnlihhkeit beſit und unzweifelhaft den plumpeſten aller Leguane darſtellt. Fhr Kopf iſt ſehr kurz, verſchoben viere>ig, faſt ebenſo ho< als breit, der Hals furz, der Leib breit, platt, beinahe ſcheibenförmig, der Schwanz kurz und kegelig zugeſpißt. Die Naſenlöcher ſind oberhalb der Schnauzenkante eingeſtochen, die Kehlſhuppen klein, gleihgroß und gekielt; parallel den Unterlippenſchilden zeigt ſich eine Reihe ſtark vergrößerter, dornartig vorragender Shuppen. Zehn Stacheln von ziemlicher Länge waffnen Kopſſeiten und Hinterkopf, eine doppelte Reihe dreie>iger Hornſpißen die Leibesſeiten; die Shuppen der Oberſeite ſind größtenteils zu großen, ungleichlangen, ſtumpfen Stacheln umgewandelt, die der Unterſeite gleichartig und ziegelförmig gelagert; der Hals trägt unten eine Querfalte. Sechs kurze, einfache, gerade, fegelige und gleichartige Vorderzähne, 18 gleichgroße, gerade, zuſammengedrüdte, rundlihhe, an der Spiße ſtumpfe Backenzähne auf jeder Seite bilden das Gebiß. Der Kopf iſt vorn rötlichbraun, hinten braungelb, einfarbig oder bräunlich gefle>t, die Grundfärbung der Oberſeite iſ ein ſ{<mußiges Sand- oder Ledergelb, ein größerer Fle>en jederſeits des Nakens dunkelbraun, der Rücken braun gefle>t, da jede Stachelſhuppe von einem ſto gefärbten \{<malen Ninge umgeben wird, die Stachelſchuppe ſelbſt braun oder lichtgrau, die Unterſeite licht ſandgelb, einfarbig oder mit einigen wenigen kleinen bräunlichen Fle>en. Dieſe Art, die auf Nordmexiko und die ſüdweſtlihen Vereinigten Staaten beſchränkt iſt, wird 12—13 ecm lang, wovon 4 em auf den Shwanz kommen.

Schon der alte Hernandez teilt einiges über die Lebensweiſe des abſonderlihen Geſchöpfes mit, und alle ſpäter folgenden Naturforſcher ſprechen von ihm. Gleichwohl haben wir erſt in der Neuzeit eingehendere Kunde vom Freileben der Krötenechſe erlangt, und zwar