Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

96 Erſte Unterordnung: Eidechſen; vierte- Familie: Leguane.

verſchiedenen Stücken beobachtet, obgleich ih auch viele fing, die niht ſo verfuhren. Ja, es iſt ſogar ungewöhnli<h, daß man das Sprißen beobachten kann, und ih habe mich oft vergebens angeſtrengt, um es hervorzubringen. Fn der Regel wenden ſie ihre abſonderliche Verteidigung niht an, wenn ſie vom Boden aufgenommen werden, obwohl auch dies ſtattfinden kann. So fing ih eine, welche die Flüſſigkeit 15 cm weit auf meine Hand ſ<hleuderte, während eine andere ſprißte, als ih ein glänzendes Meſſer vor ihren Augen ſ{hwang. J<h meine, daß die Flüſſigkeit aus den Augen kommen muß, weil i< mir keine andere Stelle zu denken vermag, von welcher ſie ausgehen könnte.“ Jh gebe dieſe dur zweier Zeugen Mund beſtätigten Angaben, wie ſie vorliegen, und enthalte mich des eignen Urteils hierüber, obgleih ih niht begreife, dur<h welche Kraft Flüſſigkeit aus dem Auge eines Tieres geſ<leudert werden kann. Neueſte Beobachter, wie Boettger und F. von Fiſcher, die dieſe oder ähnliche Arten von Krötenechſen längere Zeit lebend hielten, haben nihts von einem Blutſprißen beobachten können und halten die ganze Geſchichte für eine Fabel. Sumichraſt berichtet, daß er wiederholt einige dieſer harmloſen Echſen pflegte. Gewöhnlich hielten ſie ſi< in einem Winkel des Zimmers auf, und wenn ſie hier und da verſ<wanden, ſo konnte er ſicher ſein, ſie bald in ſeinen Schuhen oder in den Taſchen ſeiner Kleider wiederzufinden. Mehr als einmal begegnete es ihm, wenn er weibliche Krötene<ſen in Weingeiſt warf, ſofort die Jungen, in einer Anzahl von 10—12, aus dem After treten zu ſehen. Dieſelbe Beobachtung machte ex bei einer den Krötene<hſen naheſtehenden Gattung und glaubt deshalb mit Recht annehmen zu dürfen, daß die Mehrzahl der merifaniſchen Eidechſen, wenigſtens die den höheren und kälteren Gegenden des Landes angehörigen, lebendig gebärend ſind. R. W. Shufeldt erhielt von einer verwandten Art (Phrynosoma douglasïi) 24 Sunge und berehnet die Tragzeit auf etwa 100 Tage. Auch in unſere Käfige gelangt die Krötenechſe niht ſelten. Jn Merxiïo angeſiedelte Deutſche laſſen es ſih zu beſonderem Vergnügen gereichen, dieſe ebenſo eigenartigen wie harmloſen Geſchöpfe ihren Verwandten und Bekannten zuzuſenden, paten ſie, unzweifelhaft auf die oben erwähnte Angabe der Mexikaner vertrauend, zwiſchen dide Lagen von Watte in eine Schachtel und verſenden ſie mit der Poſt. Solcherart gelangen ſie in unferen Beſiß. J< habe zuweilen 5—6 von ihnen gleichzeitig gepflegt, aber, ſo viele Mühe ih mir auh gegeben, feine einzige von ihnen ſo weit erſtarken ſehen, daß ſie freiwillig Nahrung zu ſih genommen hätte. Die weite Reiſe und .das damit verbundene Faſten hatte ſie ſo geſhwächt, daß ſie ſich kaum noch rühren konnten oder wollten. Stumpf, vollkommen gleichgültig gegen die Außenwelt um ſie hex, liegen ſie anfangs platt auf dem Bauche, und ihre kleinen Augen blicen trübe um ſih. Stößt man ſie an, ſo laſſen ſie ſich vielleicht herbei, einige Schritte zu gehen, fallen aber ſofort wieder in die angegebene Lage zurü> und verharren in ihr, bis man eines Tages an dem noh trüber gewordenen Auge wahrnimmt, daß das Leben entflohen iſt. Nach ſolchen Erfahrungen, die ih allen Bemühungen zum Trobe an meinen Pfleglingen ſtets machen mußte, war es mix in hohem Grade überraſchend, au< einmal eine kräftige Krötenecſe zu ſehen, die ohne Widerſtreden Nahrung, insbeſondere Mehlwürmer und Maden, annahm und ſi freiwillig bewegte. Hierbei wurde zu meiner ſih mehr und mehr ſteigernden Verwunderung ihre Ähnlihkeit mit Kröten noh auffallender. Beſagte Krötenechſe nahm, ſobald ſie ihr Pfleger in die Sonne brachte, zunächſt die von unſerem Zeichner wiedergegebene Stellung an und verſuchte hierauf, das Weite zu ſuchen. Dies geſhah zunächſt durch eine Neihe von raſh aufeinander folgenden, plumpen, kurzen und niedrigen Sprüngen, ganz ſo, wie die Kröten ſolche ausführen, und erſt nachdem ſie in dieſer Weiſe eine kleine Stre>e zurückgelegt hatte, ging ſie zum Laufen über, indem ſie unter ſtark ſ{<längelnder Bewegung ihres plumpen Leibes ein Bein um das andere und die Vorderund Hinterbeine kreuzweiſe fürder ſeßte. Mit einer dahinrennenden Eidechſe vermochte ſie