Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Krötenechſe:- Blutſprißen. Fortpflanzung. Gefangenleben. 97

allerdings auc jeßt no< im entfernteſten nicht zu wetteifern; immerhin aber war ihr Lauf über alle Erwartung raſh und ausdauernd. Leider blieb auch dieſe Krötenehſe niht lange bei vollen Kräften. Ungeachtet der ſorgfältigſten Pflege, die ſie genoß, welkte und ſiechte ſie dahin. Jhre Bewegungen wurden langſamer und ſeltener, die Sprünge hörten gänzlih auf, und na< wenigen Wochen lag ſie ebenſo wie die von mir früher beobachteten unthätig und teilnahmlos auf einer Stelle.

O. Boettger, der das Leben dieſer Art in der Gefangenſchaft ſchildert, erinnert an die überraſhende Ähnlichkeit, welche die Krötenehſe in Form und Haltung mit den ſehr übereinſtimmend gebauten und auh in der Lebensweiſe verwandten Krötenköpfen oder Phrynocephalen der Steppen Fnneraſiens aufweiſt. „Über die Körperfärbung““, berichtet Boettger, „ſei nur ſo viel erwähnt, daß das Tierchen in ganz auffälliger Weiſe den Sandboden, auf welhem es lebt, mit all ſeinen Rauhigkeiten, gefärbten Körnern und Schattenpunkten nachahmt, und daß es, halb in den Sand vergraben und dabei platt gedrü>t, durhaus an die Schollen unter den Seefiſchen erinnert, die in ähnlich täuſchender Weiſe ihre Umgebung nachahmen und auf dieſe Weiſe ſih vor ihren Feinden ſhüßen.

„Die Krötene<hſen bohren ſi< nahmittags, ſobald die Sonne niedriger ſteht und ihre Strahlen etwas natlaſſen, regelmäßig flach in den Sand ein und verharren ſo, vollkommen unſichtbar, regungslos und mit geſchloſſenen Augen, bis zum nächſten Morgen. Das Eingraben geſchieht unter heftigen ſeitlichen Bewegungen, indem die Tiere zuerſt mit dem Kopfe vorwärts und etwas abwärts ſhüttelnd bohren, wobei ihnen die Seitenſtacheln des Kopfes gute Dienſte leiſten, und zwar gewöhnlih mit Unterbrehung dur eine kurze Pauſe, im Falle der Sand nicht ganz lo>er liegt. Schließlich liegen ſie vorn ganz ſtill, bewegen aber die Seitenſtacheln wimpernd, ſo daß Sand von beiden Seiten auf den Nücen geſchaufelt wird, und ſchütteln endlih mit Hinterfüßen und Schwanz mehrere Sekunden lang kräftig nach der Seite, um dann in kürzeſter Zeit, über und über mit Sand bede>t, ſür viele Stunden ſtillzuliegen.

„Wie die Dornen der Kopſfſeiten, ſo ſind auh die Naſenöffnungen vortrefflich zu dieſem für die Tiere unentbehrlichen Sandſchlafe eingerichtet. Jn einer fünfe>igen Naſenplatte liegt nämlich jederſeits ein na<h unten ſi<h öffnendes, quer ſpaltförmiges Naſenloch, das von einer runden, häutigen, oben beweglich befeſtigten und vorhangartig nah unten hängenden Platte vollkommen geſchloſſen werden kann und beim Eingraben, wie ih mich überzeugen fonnte, auch ſtets geſchloſſen wird. Scheint die Sonne nun morgens erwärmend auf die Sandfläche, ſo wird es nah und nach lebendig. Die Tierchen graben ſi<h aus, und mit ungeſtümen und faſt mauſeartig ſchnellen Bewegungen gehen ſie geſchäftig ihrer Nahrung nah. Wie oben bereits bemerkt, iſt die Schnelligkeit dieſer anſcheinend ſo plumpen Tiere bei gehöriger Luft- und Bodenwärme wahrhaft überraſchend, wenn ihnen auh das Hakenſ<lagen und das raſche Drehen nicht gerade leicht fällt.

„Die Krötenechſen ſind reine Tag- oder richtiger Sonnentiere, die erſt bei ſteigender Sonne ſi<h aus ihrem Sandbette erheben, mit Abnahme der Wärme aber, im Herbſte alſo ſhon um 4 oder um 5 Uhr nachmittags, ſih wieder dem Boden anvertrauen. Greift man ſie, ſo machen ſie niemals Miene, zu beißen, und ſuchen ſich, einmal ergriffen, höchſtens durch Drehen und Wenden des wohlbewehrten Hinterkopfes aus den läſtigen Fingern zu befreien. Eine Stimme fehlt ihnen vollkommen. Fn Furcht geſeßt oder in der Ruhe platten ſie den Körper ſehr ſtark ab, ein Reſultat, das man übrigens auh dur<h Streicheln längs der Wirbelſäule mit einem Stöckchen leiht erreichen kann, namentlih an trüben oder froſtigen Tagen. Jn voller Bewegung und beim höchſten Stande der Sonne wird dagegen der Nü>en ſtets hoh getragen, au< der Kopf erhoben, wie es Müßel auf ſeiner Abbildung ſehr tref:

fend dargeſtellt hat. Nur einigemal beobachtete ih, ähnlih wie es von der Siedleragame Brehm, Tierleben 3. Auſlage. VII 7