Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Anpaſſung an Klima und Boden. IT

unter den etwa 50 bekannten Ge>onidengattungen vorkommt. Aus einem Haftzeher ein ausgeſprochenes Steppen- oder Wüſtentier zu machen, iſ jedenfalls eine ganz ungewöhnliche Leiſtung, und die Anpaſſung gerade dieſer Tiere bis in die kleinſten Einzelheiten an das nähtliche Leben im Sande iſt darum beſonders auffällig.

„Von ganz anderer Art, aber womögli<h no< merkwürdiger ſind die Einrichtungen der tranSaſpiſchen Kriechtierwelt, die ſie vor den ſchädlihen Einwirkungen des ewig fliegenden Staubes und rieſelnden Sandes {hüben ſollen. Hier ſind natürlih vor allem die Schubvorrichtungen der einzelnen Sinneswerkzeuge, und namentlih von deren Öffnungen zu betrachten.

„În erſter Linie die Naſe, das Atemorgan. Bei den Krötenköpfen liegt das Naſenloch niemals in gerader Richtung na< vorn gebohrt in der Naſenplatte, ſondern mündet ſtets nach oben, ob die Naſenplatte nun ſenkre<t geſtellt iſt und nah vorn ſieht, oder ob ſie nahezu wagere<ht oben auf der Schnauze liegt. Niemals kann überhaupt bei allen im Sande wühlenden Eidechſen oder Schlangen während des grabenden Vorſtoßes Schmutz unmittelbar in die Naſe hineingepreßt werden, ſtets liegt die Öffnung in einer Richtung, die der größten Drucwirkung entgegengeſeßt oder nahezu entgegengeſeßt iſt. Bei den meiſten Schlangen des Gebietes treffen wir überdies re<t verwi>elte Klappenverſchlüſſe an, ſo bei Lytorhynchus, deſſen Naſenloch in der Ruhe wie mit einem ſcharf ſ{hließenden Vorhang verde>t iſt, bei den Ottern, Brillenſchlangen und in geringerem Grade auch bei den Zorn- und Sandſchlangen. Von den Vipern und Brillenſchlangen iſt das Aufblähen der Naſenlöcher im Zorne und beim Angriffe ſeit langem bekannt, weniger ſcheint darauf hingewieſen zu ſein, daß etwa in die Naſe gelangte Sandteilhen dur<h äußerſt heftige Schnaubbewegungen, wie wir ſie au< von der Horsfieldſchen Landſchildkröte kennen, mit Leichtigkeit entfernt werden können. Ähnlih verhält es ſi<h mit der Rattenſhlange und in gewiſſem Sinne auch wohl mit den Natterngattungen Cyclophis und Psgeudocyeclophis, die ſih dur< ein punktförmig eingeſtohenes Naſenlo<h auszei<hnen, eine Eigentümlichkeit, die bei den Stlangen nicht gerade ſehr häufig iſt.

„Segen dieſe Ausführungen macht freilih Alfred Walter, wenigſtens für die Otter und die Brillenſchlange, mit Recht geltend, daß dieſe Giftſchlangen im eigentlichen Sande nicht vorkämen, daß dagegen die Sandſchlange, wenn auch in der Steppe nicht ſelten, überwiegend als Sandtier lebe, und daß auch die Zornſhlangen von ihm häufig im Sande angetroffen worden ſeien. Die beiden legten Gattungen hätten aber ſ<hle<teren Naſenverſ<hluß als die vorhergenannten; es ſei darum vielleicht doh noh eine andere Ausbildungsurſache für dieſe Schußvorrichtungen denkbar. Wie dem auch iſt, vielleiht geben dieſe Zeilen den Anſtoß dazu, einen ſcharfſinnigen Beobachter zu veranlaſſen, auf die ſo mannigfaltigen und auh in der Einteilung der Schlangen verwertbaren Naſenverſchlüſſe beſonders zu achten und eine beſſere Erklärung dafür zu finden, als wix ſie heute geben können.

„Aber auh das Auge namentli< der Sand bewohnenden Eidechſen zeigt uns höchſt merfwürdige Anpaſſungserſcheinungen. Ganz unter den Schilden des Kopfes verborgen iſt es nur beim Vlödauge; es iſt hier derart geſhüßt, daß es wahrſcheinlih nur noch im ſtande iſt, hell von dunkel zu unterſcheiden. Eine überaus ſtarke Entwi>elung der Augenlider haben wir vor allem bei den Agamen und Krötenköpfen zu verzeichnen; die aneinander ſchließenden Lidſäume ſind hier zu ordentlichen Flächen verbreitert, die an ihren Außen¿ändern überdies no< dur< wimperartige Shüppchen verſtärkt, dem Auge bei unruhiger Luft den denkbar ſicherſten Staubverſhhluß gewähren. Auch beim Wunderge>o iſt die ausnahm®weiſe erfolgte Vergrößerung des oberen Augenlides um ſo beahtenswerter, als ge-

rade bei den Haftzehern Entwi>elung der Lider zu den ſeltenſten Cen gehört. Brehm, Lierleben. 3. Auflage. YI, 2