Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

T22 Erſte Drdnung: Froſchlurche; ſiebente Familie: Hylen.

Berliner Muſeum eingeſendet worden waren, befand ſich einer dieſer Fröſche, der durch ſeinen bedeutenden Leibesumfang auffiel, welcher, wie man ſchon dur< Betaſten wahrnehmen konnte, von vielen, mehr als erbſengroßen Eiern, die den Rücken füllten herrührte. Schon eine ſolche Größe bei Froſcheiern im Mutterleibe war ungewöhnlih, no< mehr aber ihre Lage; denn man erkannte, daß ſie niht nur an den Seiten, ſondern zum Teile au< auf der Wirbelſäule ſelbſt lagen. Dieſes merkwürdige Verhalten führte bei näherer Beſichtigung zur Entde>ung der Spaltöffnung auf dem Hinterrü>ten, und weitere Unterſuchung ergab, daß jene Öffnung nah re<hts und links in Sä>e führte, die ſih weiterhin na< den Seiten ausbuchteten, aber niht mit der Bauchhöhle in Verbindung ſtanden, ſondern nichts anderes als eine weite Einſtülpung der allgemeinen Körperbede>ung waren. In den beiden Säen lagen die großen Eier, zu 3 und 4 zuſammengeklebt, und in ihnen war ſchon deutli<h die Quappe mit Augen und Schwanz zu erkennen; die Anzahl ſämtlicher Eier betrug 15. Sie ſtanden mit der inneren Haut der weiten Säcke in keiner Verbindung, fielen dur ihre außerordentliche Größe auf, da ſie faſt 1 cm im Durhmeſſer maßen, und befanden ſih ſämtlich auf derſelben Stufe der Entwi>kelung. Die ganze Länge des Keimlings, deſſen große Augen, Vorder- und Hinterbeinen ſowie Schwanz bereits ziemli<h entwidelt waren, betrug 15, die des Kopfes 4 mm, der Durhmeſſer der Augen 1 mm; dem Raume nah aber machte der Embryo nur etwa ein Achtel des Eies aus. Alles übrige war gelbe Dottermaſſe. Der Keimling ſelbſt ließ eine Bildung erkennen, die nicht weniger eigentümlih erſchien als die ſeiner Mutter. Zog man nämlih die Dotterhaut ab, ſo ſah man im Na>ken zwei zuſammengefaltete Hautſcheiben. Dieſe ließen ſich leiht aufheben, zeigten ſih aber jede dur zwei lange Stränge an die Unterſeite, wie es ſchien, an die Kehle gebunden. Um ihren Anſaßpunkt zu finden, wurde der Kopf des Tierchens vom Dotter abgelöſt. Da ſah man denn die Stränge unter einem querüber liegenden Kiemende>el verſhwinden. Hob man auh dieſen auf, ſo kamen auf jeder Seite drei Kiemenbogen nebſt den entſprehenden drei Kiemenſpalten zum Vorſchein, und an die beiden vorderen Kiemenbogen jederſeits ſeßten ſih die Stränge an, der eine an den erſten, der andere an den zweiten; der dritte Kiemenbogen trug nur einen Anſaß zu Kiemenblätt<en, wahrſcheinlih zu den ſpäteren inneren Kiemen. Die oben genannten, durch dieſe Stränge an die Kiemenbogen befeſtigten Hautſcheiben aber entfalteten ſi<h, im Waſſer ſ<hwimmend, zu ſchönen, trihterförmigen Hautausbreitungen oder Gloden, die Weinland am liebſten mit einer Windenblüte vergleichen möchte, nur daß der Stiel, der die Blumenkrone trägt, hier ein doppelter iſt. Der Anſaßpunkt der Stränge an den Kiemenbogen wies ſofort auf einen Zuſammenhang mit der Atmung hin, und das Mikroſkop gab die näheren Aufſchlüſſe. Jeder dieſer Stränge nämlich iſt ein Schlauch, worin zwei Gefäße verlaufen, die ſi<h in der Glo>ke in ein dichtes Haaraderneß auflöſen. Daß man hier eine Schlag- und eine Hohlader in jenem Strange vor ſih hat, unterliegt keinem Zweifel; der Schlauch aber, der beide einſchließt, beſteht aus denſelben Zellen, welche die allgemeine Umhüllungshaut des Keimlings zuſammenſeßen und auch die Glo>ke bilden, ſoweit dieſe niht Gefäßneß iſt. An dem Schlauche verlaufen ſeiner ganzen Länge nah mehrere dice Bündel quergeſtreifter Muskelfaſern, die darauf hinzuweiſen ſcheinen, daß das Tier jene Organe noch in einem Entwickelungszuſtande beſißt, wenn es ſie willkürlih bewegen kann. Solange es ſi< im Eie befindet, dürfte dies unmöglih ſein; denn Stränge und Glo>ke erſcheinen zuſammengefaltet und dur< die Dotterhaut feſt an den Keimling angedrüdt; daß ſie aber denno< ſ{hon in Thätigkeit ſtanden, bewies der Umſtand, daß die Gefäße ſowie das Haaraderneß der Glo>ken mit Blutkörperchen angefüllt, ja dieſe in dem größeren Strange ſo dicht angehäuft waren, daß man nux noh die Kerne der Blutkörperchen ſehen konnte. Dieſe Kiemenglo>en mit ihren Strängen entſprechen jenen baumartig verzweigten