Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Rotbauchige Unke. Unken: Lebensweiſe. 729

Nah W. Wolterstorff iſt dieſe Art eine Bewohnerin der Ebene, ſ{ließt, wo ſie vorkommt, die andere Art aus, mag aber, wo ſich die Verbreitungsgebiete beider Arten nähern, beiſpiel3weiſe in Thüringen und Sachſen, in der Tiefe hauſen, während in der Nähe die Gelbbauchige Unke die Höhen und Berge bewohnt.

Die Unken finden ſi<h in kleinen Waſſergräben ebenſogut wie in weit ausgedehnten Brüchen oder Sümpfen, die rotbauchige Art in der Ebene, die gelbbauchige im Gebirge bis zu 1500 m Höhe. Als echte Waſſerlurche halten ſie ſich faſt den ganzen Sommer über in Regenpfüßen, Teichen, Waſſergräben und Moräſten auf, und nur im Herbſte treiben ſie ſi zeitweilig auf dem Lande herum, hier mit Hilfe ihrer verhältnismäßig langen Hinterbeine ſehr gewandt dahinhüpfend. Jm Waſſer ſieht man ſie gewöhnlih etwas vom Ufer entfernt ſigen, den halben Kopf hervorgeſtre>t, gegen Abend eifrig mit ihrem einfachen und beſcheidenen Geſangsvortrage beſchäftigt, bei der geringſten Gefahr aber blißſhnell in die Tiefe tauchen, um ſi hier im Schlamme zu verbergen. Wer ſih ruhig verhält, gewahrt, daß eine ſo entflohene Unke nah kurzer Zeit wieder emporkommt, dieſelbe Stellung einnimmt, mit den goldfarbenen Äuglein in die Runde ſchaut und nach einiger Zeit ihren Geſang von neuem anhebt. Letzteren vernimmt man, gleichſam zum Beweiſe, -daß auch dieſe Lurche zu den Nachttieren gehören, in der Regel erſt gegen Abend, von dieſer Zeit an aber die ganze Nacht hindur<. Er iſt durhaus nicht unangenehm, kann jedoch durch ſeine Eintönigkeit ermüden. Der einzelne Laut klingt ungefähr wie „Fu-uh“, dem Klange von Glasglo>en niht unähnli<, iſt verhältnismäßig {<wa<h und wird deshalb nur auf wenige Schritte hin deutli<h vernommen. Jede Unke ruft höchſtens drei- oder viermal in der Minute und ſtößt immer nur genau denſelben Laut aus; aber alle Männchen, die ihr Wohlbehagen ausdrüden wollen, ſchreien gleichzeitig, und ſo entſteht die ununterbrochene Muſik, die man vernimmt. Das brünſtige Weibchen dagegen me>ert ganz leiſe.

Im Waſſer bewegen ſi<h die Unken mit großer Leichtigkeit, obgleich ſie hierin mit dem Teichfroſcze niht wetteifern können; aber auch ſie ſ<hwimmen ganz vorzüglich und verſtehen es, beſſer noh als der Froſch, ſi< im Schlamme einzuwühlen. Auf dem Lande hüpfen ſie mit kurzen, raſ ſih wiederholenden Sprüngen eilfertig dahin. Ein Hauptzug ihres Weſens ſcheint unbegrenzte Furchtſamkeit zu ſein. Ganz reines Waſſer ſuchen ſie nur im Notfalle auf, eine Waſſerfläche hingegen, die diht mit Teichlinſen bede>t iſt, oder auch trübe Lehmpfüßen auf ſ{<le<t gehaltenen Fahrwegen und Tümpel in alten Steinbrüchen ſagen ihnen aus dem einfahen Grunde beſonders zu, weil ſolhe Decke und trübes Waſſer ſie auh dem [chärfſten Auge treffli<h verbergen. Wenn man ihnen dur< ruhiges Verhalten keine Veranlaſſung zur Flucht gibt, kann man die Wahrheit vorſtehender Worte durch eigne Beobachtung feſtſtellen. Getäuſcht durch die ſhwache Stimme, ſucht man ſie oft längere Zeit vergebens und bemerkt dann mit einer gewiſſen Überraſchung, daß ſie unmittelbar vor einem ihr Köpfchen zwiſchen den Waſſerlinſen emporſtre>t, vielleicht auf einer Stelle, die man ſhon wiederholt ſcharf ins Auge gefaßt hatte. Auf dem feſten Lande ſuchen ſie ſich dur< Liſt vor den Bli>en ihrer Gegner zu verbergen: ſie du>en ſi<h nämlich, wenn ſie niht raſh genug das ſichere Waſſer erreichen können, auf die Erde nieder, und die gelb- oder erdgraue Rü>enfärbung wird dann ſozuſagen von der des Bodens aufgenommen. Beunruhigt man ſie, ſo biegt wenigſtens die gelbbauchige Art ihren Kopf zurü> und verſchränkt die Vorderbeine über dem gekrümmten Nücken derart, daß die volle Bauchſeite ſichtbar wird, ſie alſo ein ganz verſchiedenes Ausſehen gewinnt. Fn dieſer ſonderbaren Stellung verweilt ſie minutenlang, bis ſie die Gefahr vorübergegangen wähnt und ſih wiederum in Bewegung ſeßt. Bei großer Angſt treibt ſie aus dem warzigen Rücken und der Oberſeite der Hinterſchenkel Schaum hervor, der wie Seifengiſht ausſieht, wie