Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

776 Zweite Ordnung: Shwanzlurche; erſte Familie: Molche.

Die Shlußfolgerungen Weismanns ſind zwar möglicherweiſe berechtigt, aber eben doh nur Annahmen. Fedenfalls ſind ſeine Vermutungen über die Nolle, die der Salzgehalt der mexifaniſhen Seen bei der Verwandlung ſpielt, nah F. M. Velaſcos Mitteilungen unbegründet, da in den ſalzhaltigen Gewäſſern Axolotl überhaupt niht angetroffen werden. Auch bleibe der Axolotl keineswegs in ſeinem Vaterlande auf der Larvenſtufe ſtehen, wie man bisher allgemein angenommen habe, ſondern ex verwandele fih, wie in Nordamerika, immer in einen eten Querzahnmolh. Es müſſe mithin angenommen werden, daß der Axolotl au< in Mexiko in der Regel erſt als völlig ausgebildetes Tier geſhle<tsreif werde. Was wir gegenwärtig mit Sicherheit wiſſen, iſt, daß Axolotl im Larvenzuſtande entwi>elungsfähige Eier legen, alſo ſi< fortpflanzen, und demungeachtet im Larvenzuſtande verharren können, und ebenſo, daß einzelne Larven ſi<h zu Molchen entwideln. Wenig will es übrigens beſagen, daß man in Mexiko erſt ſo wenige verwandelte Axolotl gefunden hat; denn eine genauere Durchforſhung des Landes kann, wenn niht in dieſem einen, ſo in einem anderen von Arxolotlen bewohnten, günſtiger gelegenen See uns auf einmal eine Fülle davon bringen.

Znfolge der außerordentlihen Vermehrung der Axolotl, die allein im Pariſer Pflangengarten binnen 2 Jahren und 9 Monaten niht weniger als 3300 Eier legten, iſt die Larve ſeitdem in viele Hände gelangt. Auch ih habe zeitweilig Axolotl beſeſſen, währenddem aber, weil übermäßig beſchäftigt, niemals etwas über ſie niederſchreiben können, und will deshalb über ihr Betragen in der Gefangenſchaft und ihre Pflege noh einige Bemerkungen Nöhrigs einſchalten, weil ih glaube, ihnen in jeder Beziehung beiſtimmen zu dürfen. Man hält die Axolotl-Larven am zwe>mäßigſten in einer Waſſerwärme von 10—15 Grad Celſius. Bei Tage kriechen ſie gewöhnlih träge am Boden hin; kommt ihnen aber etwas Fremdartiges in den Weg, ſo fliehen ſie mit Ungeſtüm derart, daß ſie gewöhnlich heftig an Steine und Glaswand des Waſſerbe>ens anſtoßen. Nachts hängen ſie ſi< an irgend einer Pflanze in der Nähe des Waſſerſpiegels feſt, wahrſcheinlih um leichter Luft einholen zu können. Denn abgeſehen davon, daß ſie mittels der Kiemen im Waſſer atmen, kommen ſie auch häufig über die Oberfläche hervor, nehmen mit ſo großer Heftigkeit Luft ein, daß man zuweilen ein förmlihes Geräuſch vernimmt, und drehen ſih hierauf wiederum wie unſere Molche blißſ<nell mit dem Kopfe nah unten. Als Beute betrachten ſie alles Getier, das ſie bewältigen und verſchlingen können, ſind auh ebenſo gefräßig wie unſere Molche, niht aber im ſtande, ſo große Biſſen zu verſhlu>en, wie beiſpielsweiſe der Kammmolch es vermag. Jn der Freiheit bilden, nah R. E. Call, Flohfkrebſe (Gammarus), Waſſerſhne>en (Physa) und kleine Muſcheln (Pisidium) ihre Hauptnahrung, in der Gefangenſchaft fütterte ſie Nöhrig mit Regenwürmern, kleinen Krebsarten, namentlih Waſſerflöhen, Ameiſenpuppen, kleinen Erdwürmern, ſhmächtigen Kaulquappen, jungen Fröſchen und als Erſaß mit langen, wurmähnlihhen Streifen geſchnittenen rohen Fleiſches. Die dargereichte Speiſe wird nicht gekaut und ſ{hnell verſhlu>t. Wenn die Laichzeit eintritt, die in Mexiko zweimal im Fahre ſtattfinden ſoll, bei uns zu Lande aber ſih niht nach der Jahreszeit zu richten ſcheint, ſeßt das Männchen ſeinen Samen in kegelförmigen Paketen ab, deren Fuß eine galleriartige Maſſe bildet, wogegen die Spiße die Samenfäden enthält. Dieſe Kegel werden vom Weibchen aufgeſuht und in ſeine Kloake aufgenommen; bald darauf legt es ſeine Eier. Fe nah der Waſſerwärme durhbrechen die Keimlinge raſcher oder langſamer die Eihaut und leben bald nach Art der älteren Larven, denen ſie vom erſten Anfange an in Färbung und Ausfehen gleichen.

Fräulein M. von Chauvin hat 1883—85 ihre Zühtungsverſuche am Axolotl fortgeſeßt und uns eine ſehr vollſtändige Kenntnis der Lebensgewohnheiten dieſes Tieres verſchafft. So brachte ſie im Februar erwachſene Amblyſtomen, die ſi< paarungsluſtig