Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Axolotl. — Fiſhmol<he: Allgemeines. Rieſenſalamander 779

Gebeinen nicht allezeit \<lieſſen, daß ſie von Menſchen ſeyen. Dieſes Bildnuß, welches in ſauberem Holt-Schnitt der gelehrten und curioſen Welt zum Nachdenken vorliegt, iſt eines von ſicherſten, ja ohnfehlbaren Ueberbleibſelen der Sünd- Flut; da finden ſih nicht einige TLineament, auß welchen die reihe und fruchtbare Einbildung etwas, ſo dem Menſchen gleichet formieren kann, ſondern eine gründliche Uebereinkunfft mit denen Teilen eines Menſchlihen Bein-Gerüſts, ein vollkommenes Eben-Maß, ja ſelbs die in Stein (der auß den Oningiſchen Stein-Bruch) eingeſenkte Bein; ſelbs auh weichere Teil ſind in Natura übrig, und vom übrigen Stein leicht zu unterſcheiden. Dieſer Menſch, deſſen Grabmahl alle andere Römiſche und Griechiſhe, auh Egyptiſche, oder andere Orientaliſche Monument an Alter und Gewüßheit übertrifft, präſentiert ſih von vornen“.

Dieſe Worte erläutern eine Abbildung, die Johann Jakob Scheuchzer, Doktor der Medizin und vieler gelehrter Geſellſchaften Mitglied, einer im Fahre 1726 erſchienenen Abhandlung, betitelt: „Homo diluyii testis“, beizugeben für nötig erachtete, damit jedermann augenſcheinlih von der Wahrheit ſeiner Worte überzeugt werde. Aber Text, Bild und auh der ſhöóne Reim:

„Betrübtes Beingerüſt von einem alten Sünder, Erweiche Herz und Sinn der neuen Bosheitskinder“

haben leider ihren Zwe>, Herz und Sinn der neuen Bosheitskinder zu erweichen, gänzlich verfehlt; denn der „Homo diluvii testis“ hat nur furze Zeit die „gelehrte und curioſe Welt“ zum Nachdenken veranlaßt, weil das neue Bosheitskind G. de Cuvier ihn ſeiner Menſchlichkeit völlig beraubte und das „betrübte Beingerüſt des alten Sünders“ als die verſteinerten Knochen — eines Molches beſtimmte. Dieſer jungtertiäre Molch, von den Vorweltsfundigen Andrias scheuchzeri genannt, mag die Reihe der Fiſhmolc<e (A mphiumidae), denen er angehört hat, eröffnen.

Auffallend iſ namentlich die Schwäche der Gliedmaßen dieſer Tiere, welche die zweite Familie der Ordnung bilden, im Verhältnis zur Länge des Leibes und die weite Entfernung der Vorder- von den Hintergliedern, die zwar wohlentwielt, aber kaum no< zum Gehen taugli< find und thatſähli<h au<h nur in ſehr beſchränktem Grade hierzu benußt werden. Nicht minder unvollkommen erweiſen ſich die Sinneswerkzeuge. Den Augen fehlen Augenlider; die Naſenhöhle wird hinten dur< Knochen begrenzt; das Ohr liegt ſehr verborgen und iſt immer höchſt unvollkommen, da das Fenſter des Labyrinthes mit einem Dekelchen geſchloſſen iſ; die Zunge iſt gänzlich feſtgewachſen oder nux an ihrem Vorderrande frei. Sowohl Ober- als Unterkiefer tragen Zähne; die Zähne auf dem Gaumen ſtehen in einer Reihe auf den Pflugſ<harbeinen zwiſchen den inneren Naſenöffnungen, gleichlaufend mit der Zwiſchenkiefer- und Oberkieferzahnreihe und ihr nahe gerückt. Am hinteren Ende des Zungenbeinkörpers befinden ſi 2 oder 4 gänzlih oder auh nur teilweiſe verknöcherte innere Kiemenbögen und außerdem bei den meiſten Arten an den Seiten des Halſes Kiemenſpalten, dagegen fehlen äußere Kiemen den erwachſenen Tieren immer. Die Wirbel ſind wie bei den Querzahnmolchen vorn und hinten ausgehöhlt.

Alle dieſer Familie angehörigen Schwanzlurche, die ih ſämtlih eingehender zu ſchildern verſuchen werde, leben ausſ<hließli< im Waſſer und atmen meiſt dur<h Lungen und innere Kiemen zugleich.

Als den nächſten Verwandten des Zeugen der Sünd- oder, wie man richliger ſchreibt, der Sintflut, dürfen wir wahrſcheinlich den NRieſenſalamander (Megalobatrachus maximus und sieboldi, Cryptobranchus japonicus, Salamandra maxima, Sieboldia maxima und dayidiana, Tritomegas sieboldi) betrachten, ein überaus