Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

74 Erſte Drdnung: Stachelfloſſer; vierzehnte Familie: Umberfiſ<h e.

Die Umberfiſche im engeren Sinne (Sciaena), die Rieſen der Familie, ſind gekennzeihnet dur geſtre>ten Leib, zwei Rückenfloſſen, deren erſte tief ausgeſhweift iſt, gezähnte Kiemenvorde>el und zugeſpißte Hinterde>el ſtarke ſpißzige Kegelzähne neben Samtzähnen im Dberkiefer und ſehr zuſammengeſeßte Shwimmblaſe.

Zur Zeit des Papſtes Sixtus IV. lebte, wie Paul Fovius mitteilt, in Rom ein Schmaroger, Namens Tamiſio, zu deſſen wichtigſten Geſchäften es gehörte, mit gebührender Uberlegung für des Leibes Nahrung und Notdurft zu ſorgen, ohne daß der eigne Beutel allzuſehr in Anſpru< genommen werde. Sein erfinderiſher Kopf kam auf den Gedanken : es könne erſprießlih ſein, die Tafel der Freunde ſhon von Uranfang an zu überwachen. Zu dieſem Ende ſandte er tagtäglich ſeinen Bedienten auf den Markt, um auSzukundſchaſten, in welche Häuſer man die beſten Biſſen bringe. Nach geſchehener Meldung ſeßte ſi< Tamiſio ſelbſt in Bewegung, um bei demjenigen ſeiner Freunde, deſſen Koch den beſten Treffer gezogen hatte, ſih zu Gaſte zu laden. Einſt hörte er, daß ein Adlerfiſh von ungewöhnlicher Größe auf dem Markte geweſen, aber als etwas Außerordentliches den Vätern der Stadt überliefert worden ſei. Eiligſt ging er, um dieſen ſeine Aufwartung zu machen, in der ſtillen Hoffnung, an dem folgenden Schmauſe des Fiſches teilnehmen zu können. Leider erwies ſih ſeine Hoffnung als eine vergebliche: bei ſeinem Weggange ſah er den Kopf, gerade das Leerſte des Fiſches, in den Händen eines Dieners, der den Auftrag hatte, ihn zum Kardinal Ricario zu tragen. Erfreut, daß der ihm wohlbekannte Kirchenfürſt der Glückliche ſei, beſchloß er, ſih dem Diener anzuſchließen. Zu jeinem Unglücke ſchi>te der Kardinal den Fiſh ſeinem Amtsgenoſſen Severin, und Tamiſio mußte ſih aufs neue aufmachen, um des Fiſches wegen aufzuwarten. Severin ſchuldete dem Geldwechsler Chigi eine bedeutende Summe und ſchenkte dieſem den Leerbiſſen; Chigi aber ſandte ihn unmittelbar nah Empfang an ſeine Buhlin. So durchlief Tamiſio, ein alter und di>er Mann, in glühender Sonnenhiße das ewige Rom, und erſt am Tiſche der Buhldirne gelang es ihm, etwas von dem ſehnli<hſt erſtrebten Le>erbiſſen zu verzehren.

Die Erzählung bezwe>t nur eins: zu beweiſen, wie hoh der Adlerfiſch in vergangenen Zeiten geſhäßt wurde. Viel merkwürdiger aber als die Geſchithte ſelbſt iſt die Thatſache, daß man eine Zeitlang denſelben Fiſh vollſtändig vergeſſen, ihn wenigſtens mit anderen verwe<hſeln konnte, ſo ſorgfältig die älteren Fiſhkundigen ihn au< beſchrieben hatten, und ſo voll ſie ſeines Lobes geweſen waren. Noch heutigestags fängt man ihn überall an den Küſten Ftaliens, Südfrankreichs, Spaniens und Portugals, zuweilen ſogar in den britiſhen Meeren, und noch loben ihn alle, welche ihn koſteten.

Duhamel behauptet, daß der Adlerfiſh jahrelang die franzöſiſchen Küſten verlaſſen und ſi< mehr der Berberei zugewendet habe, belegt aber dieſe Behauptung in keiner Weiſe. Über die Lebensweiſe hat erſt Prinz Lucien Bonaparte wiederum einiges mitgeteilt. Nach ihm kommt der Fiſh an den Küſten Ftaliens, namentli<h auf ſ{<hlammigem Grunde und ganz beſonders in der Nähe der Flußmündungen, durchaus nicht ſelten vor. Gewöhnlich hält er ſih truppweiſe zuſammen, und wenn eine ſolche Geſellſchaft ſ{<wimmend weiterzieht, vernimmt man ein laut tönendes Geräuſch, das man faſt eine Art Brüllen nennen möchte, weil es viel ſtärker als das Grunzen der Knurrhähne iſt und ſogar dann gehört werden ſoll, wenn die Adlerfiſche in einer Tiefe von 10—12 m unter Waſſer ſind. Das Geräuſch dient den Fiſchern als Leitfaden; ſie legen deshalb ihre Ohren auf den Rand des Bootes, um nachzuſpüren. Große Adlerfiſche beſizen eine gewaltige Stärke und ſollen im ſtande ſein, einen Menſchen mit einem Schlage des Schwanzes umzuwerfen; die gefangenen werden alſo, um etwaigem Unheile vorzubeugen, ſofort getötet. Einer, der ſih