Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

94 Erſte Drdonung: Stachelfloſſer; achtzehnte Familie: Stö>er.

die Naſe ſhwimmen, begreift man niht. Oft habe ih geſehen, wie ein Lotſenfiſh nat dem ausgeworfenen Spe>e ſ{<hwamm und dann zurü> zum Haie ging, worauf dieſer ſogleih ſelbſt kam. Fängt man den Hai, ſo folgen ihm ſeine Lotſen, bis man ihn emporwindet, und erſt dann fliehen ſie. Finden ſie aber keinen anderen Hai, ſo halten ſie ſi an das Schiff ſelbſt und folgen dieſem oft mehrere Tage lang, bis ſie wieder ihr Glü> gemacht haben.“ Mit dieſer Angabe ſtimmen alle Beobachter überein, die dieſes Fiſches Erwähnung thun, und nur Bennett bemerkt noh ergänzend, daß man einen einzelnen Hai regelmäßig von Lotſenfiſchen begleitet ſähe, während dieſe, wenn mehrere Haie zuſammenſhwimmen, ebenſo regelmäßig fehlten.

Die Urſache des Freundſchaftsverhältniſſes zwiſchen beiden Fiſhen hat man verſchieden gedeutet. Einige glauben, daß der Lotſenfiſh ſeinen Hai zum Raube führe, vielleicht in der Hoffnung, auch ſeinen Teil davon zu erhalten, andere, wohl mit mehr Recht, daß er im Geleite des fürchterlichen Raubtieres ſi<h vor den Nalſtellungen ſeiner ſ{hlimmſten Feinde, behender Raubfiſche, ſicher fühle, dem Haie aber dur< die Gewandtheit ſeines Schwimmens leiht zu entgehen wiſſe. Ein Verhältnis zwiſchen beiden ſcheint übrigens beſtimmt obzuwalten, der Lotſenfiſh ſi alſo niht allein um den Hai, ſondern dieſer ſich auh um ſeinen Führer zu bekümmern. „Auf der Fahrt nah Ägypten“, erzählt Geoffroy Saint-Hilaire, „kam während einer Windſtille ein Hai gegen das Stiff geſ<hwommen, nebenher zwei Lotſenfiſche, die immer eine gewiſſe Entfernung hielten, bei ihrer Ankunft das Schiff zweimal von einem Ende zum anderen unterſuhten und, da ſie nihts für ihren Gaumen fanden, weiterzogen, ihren Hai mit ſi< nehmend. Fnzwiſchen hatte ein Matroſe einen Haken mit Spe> geködert und warf ihn ins Meer. Die Fiſche waren bereits ziemlih weit entfernt, hörten jedo<h das Plumpſen, kehrten um und begaben \ih, ſobald ſie den Spe> ausgekundſchaftet, wieder zu ihrem Gebieter, der ſi< währenddem an der Oberfläche des Waſſers dur< Ummwälzen und dergleichen beluſtigt hatte. Sogleich wandte er um, auf jeder Seite begleitet von einem ſeiner kleinen Freunde, wurde von dieſen förmlich auf den Spe>, den er niht gewittert zu haben ſchien, geſtoßen, biß zuerſt ein Stü des Köders ab, ſchnappte no< einmal zu, hing an der Angel und ward an Bord gezogen; 2 Stunden ſpäter fing man auh einen von den Lotſenfiſchen, die das Shiff noh nict verlaſſen hatten.“

Andere Beobachter erzählen mehr oder weniger dasſelbe. Meyen berichtet, daß der Lotſenfiſh dem Haie gewöhnlih voraus\{<hwimme, in der Regel in der Nähe ſeines Rachens verweile oder ſich unter eine ſeiner Bruſtfloſſen begebe, zuweilen auh na< re<ts oder links ſchieße, als ob er auf Entde>ungen ausgehe, und darauf treulih wieder zum Haie zurü>kehre. Eines Tages wurde von dem Schiffe, auf dem ſi< unſer Gewährsmann befand, eine geköderte Angel ausgeworfen, da ein Hai in einer Entfernung von etwa 40 m folgte. Mit Vligesſchnelle ſ{hoß der Lotſenfiſh auf die Loſpeiſe los, ſchien ſie ſogar zu verſuchen, rehrte darauf zum Haie zurü>k, umſhwamm ihn zu wiederholten Malen, peitſhte das Waſſer mit dem Schwanze und trieb es ſo fort, bis ſih der Hai unter ſeiner Leitung in Bewegung ſeßte und wenige Minuten ſpäter ein Opfer ſeiner Freßgier geworden war.

Die meiſten Berichterſtatter glauben, daß der Lotſenfiſh ſi<h vom Unrate des Haies ernähre; Bennett aber meint in den Überreſten, die er in dem Magen eines gefangenen ſand, kleine Fiſche erkannt zu haben. Möglicherweiſe frißt der Lotſenfiſh den einen wie die anderen.

Daß ſich nah und nach eine gegenſeitige Anhänglichkeit zwiſchen Lotſen und Hai ausbildet, läßt ſih erklären, da wir ja auh anderweitige Belege für den Verſtand der Fiſche haben und ähnlihe Freundſchaftsverhältniſſe unter höheren Tieren durchaus verſchiedener Art keineswegs ſelten ſind.” Die Gewohnheit trägt unzweifelhaft au< das. ihrige zur