Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

104 Erſte Ordnung: Stachelfloſſer; zweiundzwanzigſte Familie: Makrelen.

Kiemenſtrahlen und ein aus kleinen Schuppen beſtehendes Kleid ſind die Merkmale der Makrelen im engeren Sinne (8 comber), als deren wihtigſte Vertreter wir die Makrele (Scomber scomber, scombrus und vernalis, Cordylus scombrus, Abbildung S. 91) anſehen. Der ebenſo ſ{<ön geſtaltete wie gefärbte Fiſh erreicht eine Länge von 40— 45, höchſtens 50 cm ſowie ein Gewicht von durhſcnittlih 1 kg und iſt oben auf lebhaft blauem, goldig glänzendem Grunde dunkel in die Quere geſtreift, unten ſilberweiß. Die erſte Rücenfloſſe ſpannen 10—12 ſtahlige, die zweite 12—13 verbundene, weiche Strahlen, die Bruſtfloſſe 13, die Bauchfloſſe 6, die Afterfloſſe 11, die Shwanzfloſſe 23 Strahlen; außerdem zählt man zwiſchen zweiter Afterfloſſe und Schwanzfloſſe je 5 freie Baſtardſtrahlen. Eine Schwimmblaſe iſt bei dieſer Makrele niht vorhanden.

Früher war man, irregeleitet dur die Berichte der Fiſcher und anderer Beobachter, allgemein der Anſicht, daß die eigentliche Heimat der Makrele im Eismeere zu ſuchen ſei und ſie von hier aus alljährlih großartige Reiſen nach ſüdlicheren Gegenden unternähme. Dieſer Annahme entſprechend, hatte man auch einen Weg ausgedacht, den der Fiſh bei ſeinen Wanderungen einhalten ſollte. Von dem Eismeere aufbrehend, ſo glaubte man, käme er zuerſt an die Küſten von Jsland, Schottland und Jrland, ginge ſodann im Atlantiſchen Meere weiter nah Süden hinab, zeige ſich an den Küſten Portugals und Spaniens und dringe in das Mittelländiſhe Meer ein, während gleichzeitig eine Abteilung des Hauptheeres dur< Nordſee und Kattegat dem Baltiſhen Meere und eine andere den deutſchen und holländiſchen und, den Kanal durcſtreiſend, auch den franzöſiſchen Küſten ſih zuwende. Admiral Pleville, der 50 Jahre ſeines Lebens auf dem Meere zubrachte, verſicherte, das Winterlager der Makrelen erkundet zu haben: kleine Felſenbuchten init ruhigem und ſtillem Waſſer und ſ{hlammigem Grunde an den grönländiſchen Küſten nämlich, wo er während der kalten Jahreszeit Milliarden unſerer Fiſche halben Leibes, mit dem Kopfe voran, in dem Schlamme verborgen geſehen habe, ſo dicht nebeneinander, daß es ausſah, als ob Pfähle eingeſhlagen worden wären, und die Schiffsleute ſi zuerſt weigerten, mit dem Boote eine dieſer Buchten zu beſuchen, weil ſie fürchteten, daß die Makrelen eine beſondere Art von Klippen ſein möchten, die ihrem Boote ſchaden könnten. Daß die Erzählung des alten Seehelden gänzlich aus der Luft gegriffen iſt, bedarf wohl faum der Erwähnung; aber auch betreffs der ſogenannten Reiſen iſt man gegenwärtig zu einer durchaus verſchiedenen Anſchauung gelangt. Jn beträhtlicheren Tiefen fängt man nämlih jederzeit Makrelen, und zwar ebenſowohl in der Nord- und Oſtſee wie in dem Atlantiſchen oder in dem Mittelländiſhen Meere, obgleih ſi< niht verkennen läßt, daß ſie nah Oſten hin immer ſeltener werden und \{hon bei Nügen nicht mehr regelmäßig vorkommen; ſie erſcheinen faſt gleihzeitig auh an den nördlichen und ſüdlihen Küſten: es deutet ſomit alles darauf hin, daß ſie ſi eigentlih in den tiefen Gründen der See aufhalten und von dieſen aus nur, um zu laichen, der Küſte zuſhwimmen, ganz ebenſo, wie es auch der Hering und andere Fiſche thun. An der oſtfrieſiſchen Küſte finden ſie ſi vom Frühjahre bis zum Herbſte; in der Weſermündung werden ſie vom Mai bis zum Juli bemerkt; bei Nügen und Stralſund fängt man ſie vom Juni bis zum September; bei Travemünde erſcheinen ſie in Zügen nur im Auguſt. Jn einzelnen Jahren bleiben ſie hier auh wohl ganz aus, ebenſo wie ſie bei Nügen in größerer Anzahl erſcheinen, wenn anhaltender Nordweſtwind weht.

Dieſes Erſcheinen an den Küſten wird überall mit Jubel begrüßt, denn die Makrele gehört zu den ausgezeihnetſten und wichtigſten aller Seefiſche, und ihr Fang hat, wie im Altertum, auh gegenwärtig noch eine großartige Bedeutung. Jn den Fiſcherſtädten und Döxfern erregt die Ankunft der Makrelen alt und jung, hoh und gering; Hunderte und Tauſende von Boote machen ſih alsbald auf, um den töſtlihen Fiſh einzuheimſen, und