Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

162 Erſte Ordnung: Stachelfloſſer; zweiundvierzigſte Familie: Harder.

die Delphine, die ebenfalls Mugils verfolgten, einen weiten Kreis geſchloſſen und den Fiſchern Gelegenheit zu reihlihem Fange gegeben. Dankbar für die freundliche Mithilfe, hätten die Fiſcher einen Teil ihrer Beute an die Helfer abgeliefert; dieſe aber ſeien damit nicht zufrieden geweſen, ſondern am folgenden Tage wiedergekommen, um mehr zu fordern. Die Sache erklärt ſi<, wenn man weiß, daß die Delphine allerdings gemeinſchaftli<h jagen und dabei au< Flußmündungen truppweiſe umgeben, alſo den Fiſchern ret leiht zu reihlihem Fange verholfen haben können. Vollkommen begründet iſt au< die Angabe der Alten, daß die Meeräſchen die Angel meiden und ih dur< gewaltige Sprünge aus dem Garne befreien, ſehr erklärlih die Meinung, daß ſie ſi< nur von Schleim und Waſſer ernähren.

Couch hat unſere Fiſche und insbeſondere die Meeräſche genau beobachtet und eine trefflihe Schilderung ihrer Sitten und Gewohnheiten ſowie der Art und Weiſe ihres Fanges gegeben. Dieſe Art, die von den britiſhen Fiſchern „Grauäſche“ genannt wird, fommt maſſenhaft an den Küſten Cornwalls und Devonſhires vor, iſt auc ſonſt allerorten an der Küſte Großbritanniens und Jrlands gefangen worden. „Niemals“ erzählt Cou, „entfernt ſich dieſer Fiſh weit vom Lande, gefällt ſi vielmehr in ſeihtem Waſſer, namentlich bei warmem und ſ{hönem Wetter, zu welcher Zeit man ihn nahe am Strande umherſtreifen ſieht oder die von ihm in dem weihen Grunde beim Durchſchnattern desſelben hervorgebrahten Grübchen bemerkt. Jn den Flüſſen ſteigt er zuweilen aufwärts, kehrt jedo< mit der Ebbe immer wieder ins Meer zurüE.“ Carew, der Geſchichtſchreiber von Cornwall, beſaß einen mit ſalzigem Waſſer angefüllten Teich, worin ſolhe Fiſche gehalten wurden. Da ſie jeden Abend an derſelben Stelle gefüttert wurden, gewöhnten ſie ſih ſo an dieſe und ihren Pfleger, daß ein beſtimmtes Klappern genügend war, ſie herbeizurufen. Jhr Verſtand geht auh aus der Wachſamkeit und Gewandtheit hervor, w9omit ſie ſi< Gefahren zu entziehen wiſſen. Sobald ſie ſi< in einem Grundneße eingeſchloſſen ſehen, beeilen ſie ſi, ſo ſhnell wie mögli zurü>zukehren, und ſpringen dann gewöhnlih über den oberen Nand der Netze hinweg; und wenn einer der Geſellſhaft einen Weg fand, folgen ihm die übrigen unverzügli<h nah. Dieſes Aufſchnellen iſt ihnen angeboren; ſelbſt Funge von unbedeutender Größe werfen ſih über die Neße. Couch ſelbſt war Zeuge, daß eine Meeräſche von etwa 2 cm Länge wiederholt über die faſt 3 cm über das Waſſer emporragende Gefäßwand ſprang.

Gar nicht ſelten hwimmen die Meeräſchen in einen mit der See zuſammenhängenden großen Teich der Küſte Cornwalls, und wenn die größeren von ihnen erſt einmal den Weg gefunden haben, halten ſie ihn regelmäßig ein; ſobald aber die Flut zurü>tritt und die Schleuſen geſ<loſſen werden, überkommt ſie augenbli>li<h das Gefühl von Gefangenſchaft und Furcht. Dann unterſuchen ſie das Ufer nath allen Seiten, werden immer ängſtlicher, verſuhen au< wohl, ſih über den Damm hinwegzuſhnellen, und gehen hierbei oft genug zu Grunde. Ähnlich gebärden ſie ſih in einem weiten Neve, nachdem 2 oder 8 von ihnen glü>lih entwiſ<ht ſind, den anderen aber die Flucht verwehrt wurde; ſie beſichtigen dann gleihſam jede Maſche, jede Falte des Nebes, die unten auf dem Grunde liegt, gehen endlih ſoweit wie mögli zurü> und verſuchen, gleichſam verzweifelt, ſich dur<h die Maſchen zu drängen, wobei ſie ſih in der Regel vollſtändig verwid>eln.

Weiche und fettige Stoffe bilden ihre bevorzugte Nahrung, insbeſondere Stoffe, die bereits in Verweſung begriffen ſind. Jhre Lippen ſcheinen einen ſehr feinen Taſtſinn zu beſißen; denn die meiſte Nahrung holen ſie ſih aus dem Grunde heraus. Couch meint, daß ſie die einzigen Fiſche ſeien, die regelmäßig tote, abgeſtorbene Tiere zur Speiſe wählen und ausnahmsweiſe nur den gemeinen Sandwurm verſchlingen. An der Angel fangen ſie ſih ſelten, weil ſie den Köder niht gleih verſchlingen, ſondern erſt ſorgfältig betaſten,