Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Stichlinge: Gefräßigkeit. Brutgeſchäft. Neſtbau. 169

anderen Fiſh ſeiner Art und ſeines Geſchlechtes, der den Verſuh wagen ſollte, ihn zu verdrängen. Der erkorene Play kann verſchieden ſein. Die Stichlinge, die im ſüßen Waſſer laichen, ſuchen gewöhnlih eine ſeihte Stelle auf kieſigem oder ſandigem Grunde auf, über die das Waſſer ziemlih raſh rieſelt oder doh öfters bewegt wird, und legen ihr Neſt entweder auf dem Boden, halb im Sande vergraben, oder freiſ<hwebend zwiſchen Waſſerpflanzen an; die Seeſtichlinge erwählen ähnlihe Standorte und benugen meiſt längere Tangſtüe in der Nähe des Strandes, zwiſchen denen ſie ſi< überhaupt gern aufhalten, zur Befeſtigung des Neßes: ein zerfaſertes Tauende, das ins Waſſer herabhängt, kann ihnen unter Umſtänden hierzu auh ſehr willkommen ſein. Ein ſolches Neſt fand Cou, und zwar an oder in einem Tauende, das etwa 50 cm unter die Oberfläche des hier 4—5 Faden tiefen Waſſers hinabreichte und dem Baukünſtler, der alle Stoffe vom Grunde emporholen mußte, offenbar beträchtliche Arbeit verurſacht haben mote.

Jm Freien pflegt der männliche Stichling den größten Teil ſeines Neſtes im Schlamme zu verbergen, und dies mag wohl auh die Haupturſache ſein, daß man erſt ſo ſpät auf ſeine den Jungen gewidmete Sorgfalt aufmerkſam geworden iſt. „Als ih“, erzählt von Siebold, „im Jahre 1838 in der Umgegend von Danzig einen Teich beſuchte, deſſen Grund mit Sand bede>t war, fielen mir darin vereinzelte Stichlinge auf, die faſt unbewegli<h im Waſſer ſhwebten und ſih dur nichts verſheuchen ließen. Jh erinnerte mih ſogleih deſſen, was ih vor kurzem über den Neſtbau des Fiſches geleſen hatte, und vermutete, daß auch dieſe Stichlinge in der Nähe des Neſtes Wache hielten, konnte aber bei aller Klarheit des Waſſers auf dem ſandigen Grunde des Teiches nirgends ſolche Neſter entde>en. Als i< mit meinem Stoce auf dem Grunde umherfuhr, bemerkte ih, daß, wenn ih in die Nähe eines Stichlings kam, dieſer mit größter Aufmerkſamkeit den Bewegungen des Sto>es folgte. Jh konnte dur dieſe Bewegungen der Stichlinge vorausſehen, daß ſie mir ihr wahrſcheinlih im Sande verborgenes Neſt zuleßt ſelbſt verraten würden, und fuhr deshalb um ſo emſiger fort, mit meinem Stoke auf dem Grunde herumzutaſten. Plöblich ſtürzte ein Stichling auf den Sto> los und ſuchte ihn dur< heftiges Anrennen mit der Schnauze wegzuſtoßen, woraus ih \{<loß, daß ih jeßt die Stelle getroffen hätte, wo ſein Neſt unter dem Sande verſte>t liege; ih ſtreifte mit dem Stoke etwas ſtärker über den Sand hin und entblößte in der That ein aus Wurzelfaſern und anderen Pflanzenſtücken gefertigtes Neſt, worin angebrüteter Laich enthalten war. Auf ähnliche Weiſe gelang es bei den übrigen Stichlingen, mix den Ort ihrer Neſter von ihnen anzeigen zu laſſen. Einmal auf eine ſolche Stelle aufmerkſam gemacht, war ih dann leicht im ſtande, auf dem Sandgrunde an einer kleinen Öffnung, aus der Wurzelfaſern hervorſchimmerten, und die ih früher überſehen hatte, das unter dem Sande vollſtändig verſte>te Neſt zu ertennen.“

Warrington, Coſte und Evers, die ihre gefangenen Stichlinge beim Bauen beobachteten, haben uns über die Art und Weiſe ihrer Arbeit unterrichtet. Das Männchen, das während der Laichzeit in den prachtvollſten Farben prangt und ſeine erhöhte Thätigkeit und Regſamkeit au<h in anderer Weiſe bekundet, ſ{<leppt, falls es ſih für einen Standort am Boden entſchieden hat, zuerſt einige Wurzeln und ähnliche Teile verſchiedener Waſſerpflanzen, die nit ſelten länger ſind als es ſelbſt, man<hmal aus ziemlicher Entfernung herbei, reißt ſogar von lebendigen Pflanzen mit vieler Mühe ganze Teile ab, unterſucht deren Gewicht, indem es ſie fallen läßt, und verbaut die, die raſh zu Boden ſinken, wogegen es die zu leiht befundenen wegwirft. Die Stoffe werden ſtets ſorgfältig ausgewählt, geſhi<htet und no<hmals zurechtgelegt, bis der kleine Künſtler ſie ſeinen Wünſchen entſprechend geordnet findet. Zur Befeſtigung am Grunde dient Sand oder Kies; die innere Rundung, überhaupt die Geſtalt wird hervorgebraht und die Haltbarkeit erzielt, indem