Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Schlangenkopf und Keitſchel. ISI

vom Himmel gefallen, und die indiſchen Gaukler laſſen ihn auf dem Boden umherkriechen, um den Städtern einen wunderbaren Anbli> zu verſchaffen. Laut Buchanan überſteigt ſeine Lebenszähigkeit alle Begriffe. Er krieht no umher, nachdem man ihm die Eingeweide ausgeriſſen hat; einzelne Stücke bewegen ſi halbe Stunden lang. Auf den Märkten, wo er ſeines weißen, wenn auh niht beſonders ſ<hma>haften, ſo doch leicht verdaulichen Fleiſches halber zum Verkaufe ausgeſtellt wird, ſchneiden die Händler dem Kaufluſtigen ein Stü> des Leibes ab, und die Käufer verlangen, daß der Fiſh, wovon ſie Fleiſch entnehmen wollen, ſi< no< bewege; denn der lette, vollſtändig abgeſtorbene Reſt findet keine Abnehmer mehr. Die Europäer verſhmähen ein Gericht Schlangenköpfe, weil ſie ſi<h mit dem Fleiſche eines Fiſches, der in ſo auffallender Weiſe an Schlangen erinnert, nicht befreunden Éönnen.

Ariſtoteles ſpriht von Fiſchen aus der Nähe von Heraclea Pontica, die ſih, wenn das Waſſer der Flüſſe und Seen verdunſtet, der Feuchtigkeit nachgehend, in den Shlamm eingraben, hier, während die Oberfläche erhärtet, in einem ſchlafartigen Zuſtande verweilen, aber ſih lebhaft bewegen, wenn ſie geſtört werden. Jn dieſer Weiſe, fügt Theophraſt der Angabe ſeines Lehrers hinzu, pflanzen ſih dieſe Tiere fort. Jn der Tiefe des Schlammes laſſen ſie ihren Laich zurü>, der ſich entwi>elt, wenn das Bett ihres Gewäſſers wiederum gefüllt wird. Ebenſo gibt es, jo bemerken die alten trefflihen Schriftſteller außerdem, Fiſche in Fndien, die zuweilen die Flüſſe verlaſſen und wie Fröſche über das Land wandern, um ſih ein anderes Gewäſſer aufzuſuchen.

Dieſe Mitteilungen fanden unter den Alten einzelne Gläubige, aber weit mehr Zweifler. erſtere hauptſähli<h unter den Griechen, leßtere unter den Römern. Seneca zum Beiſpiel ſpottet, indem er Theophraſts Mitteilungen wiedergibt, daß man, ſeitdem dieſe Thatſache offenbar geworden, niht mehr mit dem Hamen, ſondern mit der Hacke zum Fiſchfange ausziehen müſſe.

Die Angaben der beiden erſtgenannten Schriftſteller beweiſen, wie eifrig und genau die Griechen beobachteten. Es unterliegt wohl feinem Zweifel, daß ſie gelegentlih des KriegSzuges Alexanders des Großen über die Thatſache unterrihtet wurden. Denn eine Thatſache iſt es, daß es in Jndien Fiſche gibt, die beim Austro>nen ihres Waſſerbe>ens einem anderen, no< gefüllten ſi<h zuwenden, dabei über Land wandern, ſich nötigen Falles in den Schlamm einbohren und in ihm Monate in der Tro>enruhe zubringen, bis die Regenzeit ſie zum Leben zurü>ruft.

Von vornherein läßt ſi< annehmen, daß ſie mit einer beſonderen, anderen Fiſchen niht zukommenden Ausrüſtung begabt ſein müſſen. Lungen beſizen ſie allerdings nicht, aber Organe, welche die Lungen wenigſtens vertreten, wenn auh niht erſezen. Fiſche, die dem Waſſer entnommen werden, ſterben, weil ihre Kiemen eintro>nen und der Blutumlauf dadur< gehindert wird: ſie erſti>en wie ein höheres Wirbeltier, dem man den Hals zuſhnürt. Je größer die Kiemenöffnung, je feiner die Verzweigung der Kiemen, um ſo ſchneller tritt der Tod ein. Manche ſterben faſt augenbli>li<, nachdem ſie das Waſſer verlaſſen haben; andere fönnen ſtundenlang außerhalb des Waſſers verweilen, unſere Karpfen meilenweit über Land geſandt werden, wenn man ſie in feuhte Tücher einhüllt. Das nun, was dieſe ſeuhten Tücher bei den Karpfen, ſind bei den Labyrinthfiſchen (Labyrinthici), von denen Ariſtoteles und Theophraſt ſprechen, eigentümliche, in dem Schlundknochen gelegene, vielfah verzweigte Zellen mit blätterartigen Wandungen, die beim Atmen mit Waſſer angefüllt werden und dieſes Waſſer nah und nah auf die Kiemenblätthen abgeben. Derſelbe Bau wiederholt ſih bei einer Familie, die man oft