Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
Kabeljau: Wichtigkeit. Verbreitung. Fruchtbarkeit. 209
Die Familie der Schellfiſ<he (Gadidae), als deren wichtigſtes, wenn auh niht edelſtes Mitglied der Kabeljau gelten muß, hat einen mehr oder weniger verlängerten, mit kleinen, weichen, zahnrandigen Schuppen bekleideten Leib, 1, 2 oder 3 Rü>enfloſſen, tehlſtändige, Îleine Bauchfloſſen, 1 oder 2 Afterfloſſen und breite, mehr oder weniger ausgerandete, ſelten abgerundete Schwanzfloſſe. Die Kinnladen, die Spive des Pflugſcharbeines, bei einzelnen Arten au<h die Gaumenknochen ſind bewehrt mit kleinen Hechelzähnen. Die Kiemenhaut enthält ſieben Strahlen. Der Magen iſt weit, die Anzahl der Pförtneranhänge beträchtlih, der Darmſhlauch lang, die Shwimmblaſe di>wandig.
Drei Nü>en- und zwei Afterfloſſen, die beſtimmt von der leßten Nücken- und zweiten Afterfloſſe geſchiedene Schwanzfloſſe und ein Vartfaden an der Spiße der Unterkinnlade kennzeichnen die Gattung der S<hellfiſche (Gadus) und ſomit auh den Kabeljau oder Dorſ<h, Döſh, Pomuchel und Pamuchel, von den Portugieſen Bacaläo, von den Holländern, Schweden, Norwegern, Dänen Babelau, von den Dänen auh Torsf, von den Franzoſen Cabillaud, von den Ftalienern Baccalare und von den Engländern und Amerikanern Cod genannt (Gadus morrhua, callarias, ruber und ogat, Morrhua vulgaris und callarias, Asellus major und Yvarius), einen Fiſh von 1—1,5 m Länge und bis 40 kg Schwere, auf grauem Grunde mit kleinen gelblichen Fle>en getüpfelt, längs der Seitenlinie weiß geſtreift, auf dem lihten Bauche ungefle>t, mit 10—15 Strahlen in der erſten, 16—22 in der zweiten, 18—21 in der dritten Nückenfloſſe, 20 in der Bruſtfloſſe, 6 in der Bauchfloſſe, 20—23 in der erſten, 16—19 in der zweiten Afterfloſſe und 26 in der Schwanzfloſſe.
Unſer Fiſh, der, wenn friſh und alt „Kabeljau“, wenn friſh und jung „Dorſch“, wenn an Stangengerüſten getro>net „Sto>ſiſh“, wenn mit Salz beſtreut und auf Felſen getro>net „Klippfiſh“, wenn in Fäſſern eingeſalzen „Laberdan“ genannt wird, iſt an den britiſhen Küſten und in der Nordſee gewöhnlich von grünlicher oder olivenbrauner Farbe und mit zahlreihen gelblihen oder braunen Fle>en gezeihnet. Weiter gegen Norden herrſchen dunkler gefärbte Stücke, häufig ohne irgend welche Fle>en, vor; und an den grönländiſchen, isländiſchen und nordſfandinaviſchen Küſten haben die Schellfiſche oft einen großen, unregelmäßigen, ſ<hwarzen Fleen auf der Seite.
Der Kabeljau bewohnt den nördlichen Teil des Atlantiſchen Meeres und die angrenzenden Gebiete des Eismeeres, kommt maſſenhaſt hauptſächlich zwiſchen dem 50. und 75. Grade der Breite vor und hat ſeine ſüdlichſte Verbreitungsgrenze etwa unter dem 40. Grade nördlicher Breite, fehlt ſona<h gänzlih auh im Mittelländiſhen Meere. Als ſeine eigentlihen Aufenthaltsorte in den genannten Gebieten ſind, nah Günther, die unteren Waſſerſchichten bis zu etwa 120 Faden Tiefe zu betraten; ſeine Einwanderungen in den ſeichteren Buchten oder ſein Anſammeln über verhältnismäßig flach liegenden Bänken, wie die von Neufundland und Rodall es ſind, geſchieht einzig und allein der Fortpflanzung halber. Aber au< dann noh meidet er ſeichte Stellen des Meeres, wählt ſih vielmehr am liebſten eine Tieſe von 25—40 oder 50 Faden zum Ablegen ſeiner Eier aus. An Fruchtbarkeit wird er ſ{hwerli<h von irgend einem anderen Fiſche übertroffen: Leeuwenhoe> behauptet, in einem Rogener gegen 9 Millionen Eier gefunden zu haben; Braydley ſchäßt die Anzahl der Eier auf mindeſtens 4 Millionen. Die Laichzeit fällt auf der öſllichen Seite des Verbreitungsgebietes in die frühe Jahreszeit, in den Februar nämlich, und ſhon Anfang Fanuar beginnen die Kabeljaus ſi< hier den Küſten zu nähern; auf der Weſtſeite des Verbreitungsgebietes hingegen tritt ſie erſt ſpäter, im Mai und Zuni,
Brehm, Tierleben. 3. Auflage. FIIL 14