Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
214 Dritte Ordnung: Weichfloſſer; zweite Familie: Schellfiſche.
gedrungenen Bau, die ſ{<hmalen und langen Floſſen und die Färbung unterſchiedenen Sippſchaftsverwandten, der in der Nordſee und im Eismeere häufig vorkommt und auch die Oſtſee beſucht, verdient no< ein Shellfiſh erwähnt zu werden: der Zwergdorſ< (Gadus minutus und capelanus, Morrhua minuta und capelanus), obglei< feine wirtſchaftliche Bedeutung nicht eben erhebli<h genannt werden kann. An Länge erreicht dieſer kleinſte aller befannten Schellfiſhe 15—18 cm, ſelten mehr, bei einem Gewichte von 0,2 kg und darüber. Die Färbung des Nückens iſt ein anſprechendes Gelblichbraun, die Seiten ſind auf ſilberfarbigemGrunde ſchwarz getüpfelt, dieUnterteile ſ<hmußig weiß, die Bruſt-, Rüken-und Shwanzfloſſen gelbbraun, dunkler geſäumt, die Bauch- und Afterfloſſen <hmutig gelbweiß. Jn der erſten Rückenfloſſe befinden ſi< 12, in der zweiten 19, in der dritten 17, in der Bruſtfloſſe 14, in der Bauchfloſſe 6, in der erſten Afterfloſſe 25, in der zweiten 17, in der Schwanzfloſſe 18 Strahlen. Als beſondere Eigentümlichkeit wird no< hervorgehoben, daß ſeine Bauchwand dunkelrot, faſt ſhwarz ausſieht.
Über die Verbreitung und den Aufenthalt des Zwergdorſches iſt man noh niht ganz ins klare gekommen. Er findet ſi< ziemlih regelmäßig an den britiſchen, holländiſchen, \<wediſhen und norwegiſchen Küſten, und zwar in der Oſtſee wie in der Nordſee, ſoll au einmal an der amerikaniſchen Küſte beobachtet worden ſein, tritt aber bald hier, bald dort häufig auf und fehlt manchen Stre>en gänzli<h. Sehr gemein iſt er im Mittelländiſchen Meere, wird hier au< während des ganzen Jahres gefangen, obgleich er ſi< am liebſten in Tiefen von mindeſtens 150 Faden aufhält. Zuweilen erſcheint er während der Laichzeit an ‘den Küſten in ſolher Menge, daß die Fiſher außer ihm kaum einen anderen Klaſſenverwandten in ihr Ney bekommen: „Fm Fahr 1545. iſt bey Monpelier am Geſtad deſſelbigen Meers, ſo eine groſſe menge dieſer Fiſche gefangen worden, daß man den mehrern Theil wegen deß häßlichen Geſtan>s ſo die verfaulte von ſih geben, vergraben müſſen, und ſind in ſelbigem Monat nichts anders als ſolche fiſhe gefangen worden.“ Auch er nährt ſi<h hauptſählih von Kruſtern verſchiedener Art, wie ſeine größeren Verwandten, denen er häufig zur Beute dienen muß. Nach Bloch ſollen die Fiſcher der Oſtſee ſein Erſcheinen an den Küſten mit Freuden begrüßen, weil ſie ihn als den Vorläufer und Führer der Dorſche und anderer wertvoller Fiſche betrahten. Sein Fleiſh wird ungeachtet des guten Geſchma>es wenig geſhäßt und gewöhnlih nur zum Köder für andere Fiſche benußt. Die Fortpflanzung fällt in den April und Mai.
Vertreter der Mexlane oder bärtelloſen Schellfiſche iſt der Wittling oder Weiß= ling (Gadus merlangus, Merlangus vulgaris; Abbildung S. 210), ein Fiſh von 30—40 em Länge, deſſen Gewicht nur in ſeltenen Fällen bis zu 3 kg anſteigt, und blaß rötlihbrauner, ins Aſchgraue ſpielender Färbung, die auf den Seiten und am Bauche in Silberweiß übergeht, ausgezeihnet noh dur< dunkle Fle>en an der Wurzel der Bruſt: floſſen. Die erſte Nükenfloſſe ſpannen 13, die zweite 19, die dritte 18, die Bruſtfloſſe 10, die Bauchfloſſe 6, die erſte Rückenfloſſe 31, die zweite 20, die Shwanzfloſſe 30 Strahlen.
Jn den weſteuropäiſchen Meeren iſt der Wittling nirgends ſelten; in der Nord- und Oſtſee tritt er minder häufig auf, wie er überhaupt an Geſelligkeit weit hinter ſeinen bisher beſchriebenen Familienverwandten zurüſteht. Nah Norden hin ſcheinen die Orkaden ſein Verbreitungsgebiet zu begrenzen; nah Süden hin kommt er bis an die Küſte Portugals vor. Jn den britiſchen Gewäſſern trifft man ihn zuweilen in beträchtlicher Anzahl, obſchon verhältnismäßig einzeln. Während der Fortpflanzungszeit, die in die Monate Januar und Februar fällt, vereinigt auh er ſih zu zahlreicheren Scharen und nähert ſich dann bis auf eine halbe Seemeile der Küſte. Seine Nahrung beſteht aus Kruſtern, Würmern und kleinen Fiſchen bis zur Größe des Pilchards; leßterem zu Gefallen verläßt