Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

230 Dritte Ordnung: Weichfloſſer; fünfte Familie: Flahfiſ<e.

verwiſcht ſi< dabei nicht, aber es ändert ſi<h doh bedeutend um, und der Beobachter kommt ganz gewiß zu der Überzeugung, daß bei dieſen Fiſchen auf die Färbung wenig Gewicht gelegt werden darf. Den Fiſchern iſt es wohl bekannt, daß in dieſem Teile des Meeres, der Färbung des Bodens ſtets entſprechend, dieſelbe Art der Flahfiſhe dunkel, in jenem liht gefärbt iſt. So nennt man in Großbritannien die Goldbutten, die man auf dem ſogenannten Diamantgrunde an der Suſſexküſte fängt, Diamantſchollen, weil ſie ſi< dur< die Reinheit ihrer braunen Färbung und den Glanz ihrer Fle>en vor allen anderen auszeichnen und im Einklange mit der Bodendecke des betreffenden Grundes eine ſo gleichmäßige Färbung und Zeichnung bekommen, daß man, wäre die Veränderlichkeit der Farbe niht bekannt, verſucht ſein könnte, eine eigne Art oder Spielart in ihnen zu ſehen.

Jn dieſer abſonderlihen Begabung, das Kleid den Verhältniſſen anzupaſſen, erklärt ſih wohl am beſten die unverhältnismäßige Häufigkeit der Flachfiſhe. Sie ſind niht fruchtbarer als andere Fiſche, ja, die Anzahl ihrer Eier kann ſi< mit der vieler Verwandten niht meſſen; von den Fungen aber entgehen viel mehr, als es im allgemeinen die Regel ſein dürfte, den räuberiſhen Nachſtellungen und erlangen ſomit die Größe, die ſie befähigt, ſih ſelbſt zu ſ{hüßen. Denn auch die Flahfiſhe ſind Räuber, die großen Arten unter ihnen, die ſih ſelbſt an Fiſche von der Größe des Kabeljaues wagen, ſehr kühne, die Éleineren, die ſi<h mit Krebſen verſchiedener Art, Muſcheln und Würmern genügen laſſen, wenigſtens äußerſt gefräßige Raubfiſche. Jn der Mordluſt und Raubgier kommen ſich die großen wie die kleinen gleih. Sie verfolgen jede Beute, die ſie bewältigen zu können glauben, und ſcheuen ſi<h auh niht, ſhwächere der eignen Art anzufallen : unter den norwegiſchen Fiſchern gilt es als au8gemacht, daß die Verletzungen der flachen Seiten und der Schwanzgegend, die man ſo oft bei ihnen bemerkt, von größeren Stücken derſelben Art herrühren. Selbſt die ſhlimmſten Feinde der Familie, Seewölfe und Rochen, finden in den großen Arten Vergelter und Rächer; der Heilbutt namentlih gilt als ein Verfolger der faſt in derſelben Weiſe wie er lebenden Rochen.

Die Fortpflanzung der Flachfiſche fällt in verſhiedene Monate, im allgemeinen aber in die beſte Jahreszeit, in den Frühling und Vorſommer nämlih. Für den Heilbutt werden die Monate Mai bis Juli, für Stein- und Glattbutt März bis Mai, für Goldbutt und Flunder Fanuar bis Juni, für die Seezunge Mai bis Juli angegeben. Um beſagte Zeit nehmen die Eierſtö>ke der Rogener den größten Teil der Leibeshöhle ein, und die Hoden der Milchner ſtroßen von Samen. Der Laich wird auf demſelben Grunde abgelegt, der unſeren Fiſchen zeitweilig zum Aufenthaltsorte dient, vorzugsweiſe alſo auf ſandigem Boden, außerdem zwiſchen Seegräſern und anderen Meerespflanzen, auh wohl auf länger ſtehenden Fiſchneßen. Die heranwachſenden Fungen bemerkt man ausgangs des Sommers, insbeſondere während der Ebbe, weil ſie, wie ihre Eltern, oft zu faul ſind, mit eintretender Ebbe die ſeihteren Meeresſtellen zu verlaſſen und tieferes Waſſer auf: zuſuchen, vielmehr in den Sand gewühlt die Rückkehr der Flut abwarten. Etwas Zierliheres von einem Tierchen als ſol< jungen Flachfiſ<h kann man ſih kaum denken. Abgeſchen von der Größe, iſt er in jeder Beziehung, in Färbung, Zeichnung und Lebensweiſe, Sitten und Gewohnheiten der Alte, ſcheinbar aber viel ſ{höner, bewegliher und deshalb anmutiger. Wie kaum ein anderer Seefiſch eignet er ſih für die Gefangenſchaft; denn er verlangt nicht einmal Seewaſſer, ſondern gewöhnt ſih leiht an das Waſſer unſerer Süßwaſſerteiche oder Flüſſe und hält hier, falls es ihm nur niht an Nahrung fehlt, vortrefflih aus. Liebhabern empfehle ih gerade dieſe Fiſche, alſo unſere Schollen, Butten und Zungen, auf das angelegentlichſte.

Groß iſt die Bedeutung der Flachfiſche für den menſhlihen Haushalt. Alle Arten haben ein {<ma>haftes, mehrere von ihnen ein vorzügliches Fleiſch, das noh beſonders