Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Vorkommen. Wanderungen. Leben3weiſe. Schwimmweiſe. Farbenwechſel. 229

hat, wiſſen wir noh niht; es läßt ſi<h au< annehmen, daß die Ortsveränderung bloß geſchieht, um ein an Nahrung reicheres Gebiet auszunußzen.

In den Sitten und Gewohnheiten, insbeſondere in der Art und Weiſe, ſih zu bewegen, ähneln ſih die Flachfiſhe durhaus; man hat wenigſtens bis jezt no< nichts beobachtet, das dieſer Behauptung widerſpräche. Sie liegen auf dem Grunde ihres Aufenthaltsortes, bis auf die Augen mehr oder weniger im Sande verſte>t und, mit Ausnahme der Augen, bewegungslos, bis eine Beute ſie hervorlo>t oder ein Raubfiſ<h ſie vertreibt. Das Eingraben geſchieht mit einer merkwürdigen Schnelligkeit dur<h wellenförmige Bewegungen ihrer Rü>ken- und Afterfloſſen, wodur< ſehr bald ein flaches Loh ausgegraben und gleichzeitig die Rü>ken- und Baugſeite leiht mit Sand bede>t wird. Eine einzige iräftige Bewegung genügt dann, die Sandde>e abzuſchütteln und den Leib in die Höhe zu heben, worauf der Flachfiſh unter fortgeſeßten wellenförmigen Bewegungen ſeiner beiden Hauptfloſſen und der kräftigen Schwanzfloſſe weiter hwimmt, ſo, daß die Blindſeite nah unten, die Rü>enſeite nah oben gerichtet iſt. Wenn er eine jähe Bewegung ausführen will, tritt die Schwanzfloſſe ebenfalls in Wirkſamkeit, und er ſchießt dann, getrieben von den kräftigen Schlägen dieſes hauptſählihſten Bewegungswerkzeuges und geleitet durch After- und Rüenſfloſſe, ſehr raſh dur< das Waſſer. Alle gefangenen Flachfiſche, die ih beobachten fonnte, bewegten ſi ſtets in dieſer Weiſe, alſo eigentlich ſeitli<h. Yarrell behauptet, daß auch zuweilen das Entgegengeſeßte vorkomme, ein Flahfiſh nämlich ſich plöglih drehe, mit der Breitſeite ſenkre<t in das Waſſer ſtelle und nun wie ein Blißz die Wellen dur<ſchneide, ſodann ſi<h wiederum wende und auf den Boden niederſinke. Ob eine derartige Wendung bei jeder ſehr beſchleunigten Bewegung geſchieht oder nur zufällig vorkommt, will ih unentſchieden laſſen; ſo viel ſcheint mir gewiß, daß der Fla<hfiſch niht in der von Yarrell angegebenen Weiſe hwimmen muß, ſondern ebenſo gut auch in ſeiner gewöhnlichen Lage das Waſſer ſ{<hnell zu durcheilen vermag. Bei ſehr langſamem Shwimmen nimmt der ganze Leib an dem wellenförmigen Spiele der Rü>en- und Afterfloſſe teil ; bei großer Eile ſieht man nur die Schwanzfloſſe arbeiten.

Wirklich unterhaltend iſt es, eine im Sande halb vergrabene Scholle zu beobachten. Jhre meiſt verſchieden großen, ſehr lebhaft gefärbten Augen, denen man einen Ausdru> von Klugheit und Verſhmigtheit zuſprehen möchte, werden abweichend von denen anderer Fiſche ohne Unterlaß bewegt. Sie können nämlih niht bloß willkürlih gedreht, ſondern auh wie die der Fröſche emporgehoben oder herausgedrü>t und wieder in ihre Höhlen zurü>gezogen werden, ſpielen ſomit in den verſchiedenſten Richtungen, weil unter den verſchiedenſten Winkeln zur Oberfläche des Körpers. Ein förmliches Lid, die ſehr entwielte Nihaut, trägt zu ihrem Schuge weſentlich bei. Dieſe lebhaft gefärbten Augen ſind ſtreng genommen das einzige, das man von dem im Sande verborgenen Flachfiſhe wahrnimmt. Die Färbung der Augenſeite ſhmiegt ſi< dem Grunde und Boden des Gewäſſers genau in demſelben Grade an wie das Haarkleid des Haſen dem Aer oder das Gefieder des Shneehuhnes dem Alpengelände, und wie bei dem leßteren wechſelt die Färbung nach Zeit und Örtlichkeit, nur mit dem Unterſchiede, daß der Wechſel nicht bloß zweimal im Jahre, ſondern bei jeder Ortsveränderung eintritt. Alles, was wir dem Chamäleon andihten, finden wir bei den Flachfiſhen verwirkliht. Legt ſih einer beiſpiel8weiſe auf ſandigen Grund, ſo währt es gar nicht lange, und Färbung und Zeichnung entſprechen dieſem Grunde: die gelbliche Farbe tritt hervor, die dunklere verſhwindet. Bringt man denſelben Fiſch, wie es in kleineren Behältern oft genug geſchieht, auf anderen Grund, beiſpiel8weiſe auf grauen Granitfies, ſo geht die Färbung der Augenſeite ſehr bald in dieſelbe über, die dieſer Grund hat: die früher gelblich erſcheinende Scholle, Butte oder Zunge wird grau. Das jeder Art eigne Gepräge der Farbenverteilung und Miſchung