Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, page 311

Bitterling: Fortpflanzung. Unterbringen der Eier. PAT)

Nundung ſofort, nahdem ſie aus der Spiße der Legeröhre hervorgetreten waren, wieder an. Die eigentümliche Bedeutung und Verwendung der Legeröhre erkannte erſt F. C. Noll. „Eine der mertwürdigſten Beziehungen der Flußmuſchel zu der übrigen Tierwelt“, ſchreibt Noll 1869, „iſt erſt in neueſter Zeit vollſtändig zur Kenntnis gelangt, und es iſt dies ein Verhältnis, das einen weiteren Beleg zu der Erfahrung gibt, wie innig oft Geſchöpfe der verſchiedenſten Art aufeinander angewieſen ſind, das uns aber zugleich zeigt, wie auh unſere Wiſſenſchaft ihre Entwi>kelung hat, indem Jahrzehnte hindur<h Beobachtung zu Beobachtung gefügt werden muß, bis eine Unterſuchung endlih zum Abſchluſſe gelangt. Längſt ſchon kennt man nämlih das Vorkommen von Fiſcheiern im Jnneren der Kiemen der Malermuſcheln. Es ſind 3 mm große, gelbe Eier von längliher Form, die in verſchiedener Anzahl bald zu wenigen, bald bis an 40 in den Kiemenfächern einer einzigen Muſchel ſte>en. Dabei iſt es auffallend, daß es die inneren Kiemen ſind, die bei weitem die größere Anzahl von Fiſcheiern beherbergen, während die äußeren, die zur Aufnahme der Muſcheleier beſtimmt ſind und zuweilen von dieſen ſtroßen, indes die inneren Blätter zugleich die Fiſcheier tragen, nur ſelten und immer nur wenige der leßteren aufzuweiſen haben. Auf jeder Seite des Leibes der Muſchel liegen nämlih zwei Kiemen, deren jede aus einem doppelten Blatte beſteht, das neben dem Muſchelleibe an dem Mantel entſpringt, frei in den Schalenraum hineinragt, umbiegt und ſi<h wieder neben der erſten Anwachsſtelle anheſtet, ſo daß aber am Grunde unten zwiſchen dem Fuße der beiden Platten ein fleiner Längskanal freibleibt. Doch legen ſih die beiden Hälften einer Kieme nicht überall feſt aufeinander, vielmehr bleiben regelmäßige Zwiſchenräume in ihnen, in welche dur ſeitliche Spalten das Atemwaſſer eindringt; eben in dieſen Kiemenfächern ſte>en die Fiſcheier, die ſih na< dem engen Raume etwas ſtre>en und darum oval erſcheinen.

„„Îm Lauſe dieſes Sommers (1869) habe i< von Anfang April bis Mitte Juli regelmäßig jede Woche eine Anzahl Muſcheln aus dem Main auf dieſes Vorkommen hin unterjucht, im Ganzen viele Hunderte. Dabei ſtellte es ſich heraus, daß vorzugsweiſe die Malermuſcheln mit Fiſcheiern beſet waren, die dünnſchaligen Teichmuſcheln aber in weit geringerem Maße. Dann fanden ſi die Fiſcheier bei weitem nicht ſo zahlreich in den Muſcheln, die dem offenen Main entnommen waren, wie in denen aus den Tümpeln an der Seite des Fluſſes. Leßtere ſind dur<h Steindämme, die man zur Geradelegung des Flußlaufes aufgeführt hat, abgeſchloſſene ſtille Waſſer mit prachtvollem Pflanzenwuchſe, welche die herrlichſten Aufenthaltsorte für Muſcheln aller Art abgeben. Malermuſcheln wie Teihmuſcheln kommen hier ſo zahlrei<h nebeneinander vor, daß ſie während des Sommers an vielen Orten am Main von Knaben zur Schweinemaſt herausgegriffen werden. An dieſen Orten habe ih zur günſtigen Zeit nux wenige Malermuſcheln gefunden, halöwüchſige wie ausgewachſene, die niht mit Fiſcheiern beſezt geweſen wären, und zwar waren es die vier verſchiedenen Arten von Malermuſcheln des Mains, die in gleicher Weiſe bedacht waren. Was die Zeit des Vorkommens betrifft, ſo fand ich die erſten, und zwar nur wenige Fiſcheier, am 14. April. Von Woche zu Woche nahm die Zahl der auffallenden dottergelben Körper in den Muſcheln zu, und ſchon am 8. Mai waren die Eier teilweiſe zu kleinen Fiſchen entwid>elt, die langgeſtre>t in den Kiemenfächern ſte>ten und mit ihren dien Köpfen und ſ{<hwarzen Augen, die ſtets dem freien Kiemenrande (vom Leibe der Muſchel nah auswärts) zugewandt ſind, deutlih durch die Kiemenhaut hervorſtachen. Beim vorſichtigen Aufſchlizen der Kiemen kamen dann unverſehrt die niedlichen Fiſche zum Vorſchein, die eine längliche gelbe Dotterblaſe als Vorratsſa> am Bauche trugen und ſich durch lebhaften Silberglanz auszeihneten. Die Fiſchchen in derſelben Muſchel finden ſich aber auf verſchiedener Entwicelungsſtufe, vom Eie an bis zum Ausſchlüpfen reif, und daraus geht mit Beſtimmtheit hervor, daß die Eier in derſelben Muſchel zu verſchiedener Zeit eingewandert ſein müſſen.

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. VII. 18