Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, page 313
Bitterling: Unterbringen der Eier. Entwi>kelung. Gefangenleben. 275
Noll teilt nun die von Krauß 1857 gema<hte Entde>kung und von Siebolds {hon oben angeführte Beobachtungen über die Legeröhre mit und ebenſo die von leßterem gegebene Beſchreibung der Bitterlingseier, wonach ſie gelbe, eiförmige Gebilde von etwa 3 mm Länge und 2 mm Die ſind, und fährt dann fort: „Hier haben wir alſo die in den Muſchelkiemen ſ{hmaroßenden Eier, die keinem anderen Fiſche zuerkannt werden konnten, ganz richtig beſchrieben. Die Laichzeit des BVitterlings, April und Mai, ſtimmt ganz genau mit meinen Beobachtungen, und es kann keinem Zweifel unterliegen: der Bitterling iſt der Miſſethäter, welcher der Malermuſchel ſeine Eier zur Aufbewahrung, gewiſſermaßen zum Ausbrüten unterſchiebt.
„Wozu aber die merkwürdige Legeröhre, die dieſen Fiſch ſo auffallend von allen ſeinen Genoſſen unterſcheidet und die ſi<h eben nur zur Laichzeit entwicelt und dann wieder verſ<windet? Betrachten wir die im Schlamme eingegrabene Muſchel, ſo dürfen wir die Vermutung ausſprechen: die Legeröhre iſt das Werkzeug, mit dem der Bitterling der Muſchel ſeine Eier in den Kanal an dem Grunde der Kiemen einſte>t, von wo ſie dur Zuſammenziehung der Muſchel dann in die Kiemenfächer gelangen. So erklärt ſi<h auch mit Leichtigkeit die ſhwierige und auf anderem Wege nicht zu löſende Frage na<h dem Eindringen der Eier in die Kiemen. Aber kann es dem Bitterlinge niht ergehen wie dem Heringe bei der Auſter in dem bekannten Scheffelſchen Liede? Kann die Legeröhre niht von der zuklappenden Muſchel abgekneipt werden? Sehen wir das hintere Ende der Muſchel genauer an; machen wir den hornigen vorſtehenden Rand der Schale ab, der ſehr weih und biegſam iſt, dann ſehen wir, daß gerade an dieſer Stelle die Kalkſchalen nicht feſt zuſammenklappen; die Muſchel, die das Eindringen der Legeröhre des Fiſches wahrnimmt, kann dieſen alſo unmöglih ſchädigen, ſie wird vielmehr beim Schließen höchſtens die Eier, die ja perlſhnuxrförmig in der Legeröhre liegen, aus dieſer ausſtreichen helfen, während der Fiſh unverleßt eine andere offene Muſchel aufſuht, um da ſein Werk zu wiederholen. Daß die Eier in derſelben Muſchel von verſchiedenen Fiſchen herſtammen müſſen, ſahen wir {on oben.“
Verſuche, die F. C. Noll anſtellte, beſtätigten dann die Vermutung des Forſchers, daß die Legeröhre das Werkzeug ſein müſſe, mittels deſſen der laichende Fiſh die Eier bis in das Jnnere der Kiemenfalten einzuführen im ſtande ſei. Mit Fiſcheiern behaftete Malermuſcheln wurden in beſonderen Beobachtungsbe>en gehalten und erfüllten nach geraumer Zeit das Be>en mit jungen, innerhalb ihrer Kiemen gezeitigten und bis dahin vor allem Schaden bewahrten Bitterlingen; gefangenen laichfähigen Fiſchen wurden im rechten Augenbli>e Malermuſcheln zur Verfügung geſtellt und deren Sitten und Gewohnheiten, deren Treiben und Gebaren bis zum Eierlegen beobachtet / bis jegliher Zweifel geſhwunden und die Frage vollkommen gelöſt war.
Nach Nolls trefflihen Beobachtungen gewöhnt ſi der Bitterling ſehr bald in einem entſprehend hergerichteten Be>en ein. Anfänglich verbirgt er ſi< zwar am Tage ſoviel wie möglih unter der Dee der auf der Oberfläche ſhwimmenden Blätter und zeigt ſi nur des Nachts munter und rege; ſhon na< wenigen Tagen aber erſcheint ex, dur Futter gelodt, auh bei Tage außerhalb ſeines Verſte>es, verliert nunmehr binnen kurzem alle Scheu vor dem Menſchen und geſtattet dieſem zuletzt allerlei ſtörende Maßnahmen, ohne deshalb in Aufregung zu geraten. Gewandt und ſicher bemächtigt er ſih der ihm gereichten Flohkrebſe, geſchi>t zieht er Bahwürmer aus dem Bodenſaße ſeines Beckens hervor, ohne Umſtände nimmt er aber au<h mit Ameiſenpuppen, Fleiſhbrö>lein und Brotkrümchen vorlieb. Hunger verrät er dur<h anhaltendes und genaues Unterſuchen aller Nahrung verſprechenden Teile ſeines Behälters; Futterneid äußert er, und zwar das Weibchen heftêger als das Männchen, indem er andere ſeinesgleihen dur<h nah re<ts und links geſührte
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