Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

TA Erſte Ordnung: Käfer; elfte Familie: Spectkäfer.

denn mit angezogenen Beinen, eingelegten Fühlern und eingekniffenem Kopfe liegen ſie die längſte Weile wie tot da, wenn ſie von außen her beunruhigt werden und Gefahr für ihre werte Perſon im Anzuge vermeinen. Anderſeits zeichnen ſie ſih dur<h ihr Herumtreiberleben und die Gleichgültigkeit für die Wahl ihrer Geſellſchaft und Umgebung aus, ob neben einem flüchtigen Schmetterlinge in duftender Blüte oder zwiſchen Finſterlingen und unſauberen Genoſſen in den Überreſten eines ſtinkenden Aaſes wühlend, ob im faulen Holze eines alten Baumſtammes oder im Winkel einer Speiſekammer, ob in der Pelzeinfaſſung eines beiſeite geſeßten Fußſaces oder in: den Polſtern unſerer Sofas, oder im Leibe eines ſtattlichen Käfers, auf welchen der Sammler ſtolz ſein zu dürfen glaubt, das alles iſt ihnen gleihgültig, obſchon der eine vorherrſchend hier, der andere vorherrſchend dort angetroffen wird. Weil die Nahrung der Käfer, mehr no< ihrer Larven (denn ſie ſelbſt ſind genügfamer), in den vorzugsweiſe tro>enen Teilen tieriſher Stoffe aller Art beſteht, finden ſie ſi<h au< überall, draußen im Freien, in unſeren Behauſungen, auf den Schiffen, in Fellen, Naturalienſammlungen 2c., reiſen um die Welt und werden teilweiſe Weltbürger im vollſten Sinne des Wortes. Fnſofern ſie ein mehr verborgenes Leben führen und ungeſtört ſi in dieſer Verborgenheit ſtark vermehren, ſo können ſie unter Umſtänden empfindlichen Schaden an unſerem Eigentum, namentli<h an Pelzwerk Polſtern, wollenen Deen und Teppichen aller Art ſowie namentli< an Naturalienſammlungen, anrichten.

Es gilt dies in erſter Linie von ihren gefräßigen Larven. Dieſelben zeichnen ſi durch ein aufgerichtetes, dihtes Haarkleid aus, welches meiſt nach: hinten ſtellenweiſe dichte Büſchel bildet, au< ſternartig ſi< ausbreiten kann, dur<h kurze, viergliederige Fühler, dur< meiſt ſe<s Punktaugen jederſeits und durch kurze, einklauige Beine. Bei der Verwandlung reißt die Haut längs des Rüdens, und die Puppe benußt dieſelbe dann als eine ſchützende Hülle.

Der Spectkäfer (Dermestes lardarius, Fig. 6, 7, S. 76) wird unter ſeinen 47 GattungS8genoſſen, die alle durGſchnittlih 7,6 mm lang ſind, leiht erkannt an der hellbraunen, quer über die Wurzel der Flügelde>en gehenden, mit einigen ſ{<hwarzen Punkten gezeichneten Binde bei übrigens durchaus bräunlih {<warzer Färbung. Jn gleicher Breite ziehen die Flügelde>en na<h hinten, runden ſi<h ab, verbergen die Leibesſpiße vollſtändig und ſtellen die faſt walzige Geſtalt des ganzen Körpers her, den vorzug8weiſe diht an der Unterſeite anliegende Haare bede>en. Hier laſſen ſi< die Geſchlechter leiht unterſcheiden, indem ſih das Männchen am 3. und 4. Bauchringe oder an leßterem allein durch eine glänzende, runde Grube auszeihnet.

Die- geſtre>te, nah hinten verjüngte Larve wird beinahe no< einmal ſo lang wie der Käfer, iſt am Bauche weiß und auf dem braunen Nü>en mit ziemlih langen, braunen, nach hinten gerichteten Haaren beſeßt, von denen die längſten am Hinterende einen Haarpinſel darſtellen; am Grunde dieſes richten ſi<h auf dem Rücken des leßten Gliedes zwei nach hinten gebogene Hornhaken empor. Die ſe<s Beine und der ausſtülpbare After ermöglichen ein gewandtes und raſches Fortkriechhen, welches jedoh mehr einem ru>weiſe vor ſih gehenden Hinrutſchen gleiht. Man trifft die Larve vom Mai bis in den September, während welcher Zeit ſie ſich viermal häutet und ihre Anweſenheit durch die umherliegenden Bälge an ſolchen Stellen verrät, wo dieſelben dur< den Luftzug niht weggeweht werden können, wie beiſpiel8weiſe in Fnſeltenſammlungen. Schließlih wird die Larve träger, kürzer und haarloſer, alles Anzeichen, daß ſie ihrer Verwandlung nahe iſt. Zu dieſem Zwe>ke verbirgt ſie ſih an ihrem Aufenthaltsorte, ſo gut es gehen will, dann ſpaltet \ſih ihre Haut, wie bei den früheren Häutungen, in einem Längsriſſe auf dem Rü>ken, und die Puppe wird ſichtbar, bleibt jedoh mit dem größten Teile ihres Körpers in dieſer Umhüllung ſte>en. Sie iſt vorn weiß, hinten braunſtreifig und ſehr beweglich, wenn man ſie