Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

Spec>käfer. Zweifarbiger Hautkäfer. 75

beunruhigt. Meiſt im September iſt der Käſer entwi>elt, ſprengt die Haut und bleibt, wie früher die Puppe, lange Zeit in der nun doppelten Umhüllung ſißen. Jn wärmeren Räumen fommt er früher, in kälteren ſpäter zum Vorſchein; im nächſten Frühjahre folgt die Paarung und das Eierlegen.

Der Spe>kkäfer und ſeine Larve finden ſih nicht bloß in Speiſekammern, ſondern überall, wo es tieriſche Überreſte gibt, in den Häuſern, auf Taubenſchlägen, draußen im Freien unter Aas, an Pelzwaren und in Naturalienſammlungen. Mit wahrem Entſeßen gedenke ih eines Falles, welcher bei den geheimen Umtrieben dieſer Geſellen daran mahnt, wie man auf ſeiner Hut ſein müſſe, um ihrem Zerſtörung8werke ſowenig wie möglich Vorſchub zu leiſten. Ein Kiſtchen, bis obenan mit aufeinander geſchichteten Käfern aus Braſilien angefüllt und zugenagelt, hatte jahrelang unbeachtet geſtanden, weil der Fnhalt für wertlos erklärt worden war. Als es an ein gründliches Aufräumen ging, kam auch beſagtes kubiſches Kiſtchen an die Reihe. Sein JFnhalt ließ einen Bli> werfen auf gewiſſe Blattkäfer, Holzbóde, Rüßler und andere, welche in jenen geſegneten Ländern in unzähligen Mengen beiſammen leben und ausnehmend gemein ſein müſſen; denn manche Arten zählten nah Hunderten, welche einſt als Geſchenk eines dort lebenden Händlers eingegangen waren. Nachdem mit einer gewiſſen Vorſicht, um die wenigen unzerbrochenen Stücke, für welche ſi allenfalls noh eine Verwertung hätte finden laſſen, herauszuſuchen, die oberen Schichten abgeräumt und die unterſten mehr und mehr bloßgelegt worden waren, ſchien mit einem Male Leben in die Jahre alten Leichen gekommen zu ſein; denn Bewegung, und zwar ſehr lebhafte Bewegung ließ ſi ſehen und hören. Welch ein Anbli>k! Eingebettet in braunen Staub und immer kleiner werdende Stücke der zerfallenen und zerfreſſenen Käfer, krabbelten Hunderte von Spekäferlarven geſchäftig durcheinander und ſchienen ihren Unmut darüber er: fennen geben zu wollen, daß man ſie in ihrer ſicheren, das Verjährungsrecht beanſpruchenden Brutſtätte geſtört hatte. Glücklicherweiſe loderte helles Feuer im Ofen, dem die ganze Geſellſchaft ſo ſhnell wie möglich übergeben wurde, damit nicht einer entfäme und an einer Stelle die ſcharfen Zähne hätte prüfen können, wo die Wirkungen entſchieden viel empfindlicher hätten werden fönnen.

Die übrigen Dermeſten, mäuſegrau oder ſhwarz, auf der Rü>enſeite, mehr oder weniger vollkommen freideweiß dur< dicht anliegende Behaarung auf der Unterſeite gezeichnet, finden ſich vorzugsweiſe im Freien unter Aas, wenn niht — zwiſchen Naturalien, welche längere Seereiſen zurü>gelegt haben und unzureichend verpa>t worden waren. Der zweifarbige Hautfkäfer (Dermestes bicolor), auf der Rüdenſeite einfarbig ſhwarz, unterſeits und an den Beinen rötlichbraun, ſtellt ſih nebſt dem Speckkäfer bisweilen auf Taubenſchlägen ein und vergreift ſi< als Larve ſogar an den lebenden jungen Tauben, indem ſie unter den Flügeln förmlihe Gänge frißt und den Tod der Vögel herbeiführt, wie es ſi beiſpielsweiſe 1878 zu Ballenſtedt zutrug.

Eine eigentümliche Erſcheinung, welche ihren Grund im Körperbau der Spe>kkäfer hat, fällt dem Sammler auf, der gewohnt iſt, die von ihm getöteten Käfer, bevor ſie vollfommen trod>en ſind, an der re<ten Flügelde>e mit einer Nadel behufs der Auſſtellung in ſeiner Sammlung zu durchſtehen. Dieſe Zubereitung hat je nah der Härte der Dekſchilde ihre größeren oder geringeren Schwierigkeiten und mißlingt bei den Dermeſten dem weniger Geübten faſt regelmäßig, niht wegen zu großer Härte der Flügelde>en, ſondern wegen ihrer größeren Widerſtandsfähigkeit im Verhältnis zu den weichen und ſehr nahgiebigen Verbindungshäuten aller feſteren Teile. Fn der Regel gehen alle dieſe aus ihren Fugen, wenn man mit der Nadelſpiße einen Druck auf die Flügelde>e ausübt. Dieſe ausnahms3weiſe Dehnbarkeit der Verbindungshaut zeigt ſich au<h beim Töten eines Dermeſten in Weingeiſt; hier ſaugt ſi<h der Körper ſo voll, daß Kopf, Vorderbruſtring und der von