Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

Zunge. Rüſſel. Mittelleib. ill

man wegen ihrer übereinſtimmenden Mundbildung den Namen der Shnabelkerfe beigelegt hat, erinnert die Umformung an einen S{hnabel (Fig. 9). Das dritte Kieferpaar oder die Unterlippe der Beißer bildet hier eine drei- bis viergliederige Röhre, welche dur Biegung etwas verkürzt werden kann, meiſt auh in ihrer ganzen Länge Bewegung zuläßt. Sie iſt das Futteral oder die Scheide, welche in ihrem engen Hohlraume vier feine, dicht beiſammenliegende Borſten birgt. Je zwei dieſer Borſten entſprehen dem Obex- und Unterkiefer. Fn dieſer Einrichtung beſißt das Tier einen Saugapparat, welcher ihm dur< Einſtehen der Borſtenſpiten in tieriſche oder pflanzliche Körper den ernährenden Saft zuführt. Ein {mal dreie>iges Hornplättchen, auf der Oberſeite der Scheidenwurzel angeheftet (c), entſpricht der Oberlippe, von Taſtern will man hier und da nur eine Andeutung gefunden haben. Der Schnabel, manhmal von der Länge des Kopfes, bi8weilen des ganzen Körpers, hält meiſt die Mitte zwiſchen beiden Gegenſäßen, legt ſih in der Ruhe an Kehle und Bruſt an, rihtet ſi aber beim Gebrauche unter einem re<ten oder ſtumpfen Winkel, je nach der Bequemlichkeit, auf; iſt er kurz, di> und nah unten gekrümmt, ſo fehlt ihm wohl auh das Vermögen, ſeine Richtung zu verändern.

Kaum verwi>elter, wenn auh mannigfacher geſtaltet, iſt die Einrichtung des Rüſſels, wie man bei Fliegen und Müden den Saugapparat genannt hat. Fn ſeiner Vollſtändigkeit beſteht er aus der den Mund von unten ſchließenden Unterlippe (Fig. 11, a), die ſich aller: meiſt nach vorn verlängert, fleiſchig und gekniet iſt, um mehr oder weniger in die Mundhöhle zurü>gezogen werden zu können. Sie ſtellt in den meiſten Fällen den beſtentwidelten Teil des ganzen Werkzeuges dar. Wenn, wie beiſpielweiſe bei unſerer Stubenfliege, die Unterlippe in einer Saugfläche endigt, d. h. in zwei nebeneinander liegende fleiſhige Anhänge, welche wie ein Hämmerchen an ihr, dem Stiele, ſißen, ſo nennt man das Ganze einen Sau grüſſel (Fig. 11); bei ihm pflegen die übrigen Teile bis auf die Lippentaſter mehr oder weniger zu verkümmern. Der Unterlippe liegt die meiſt hornige Oberlippe gegenüber und zwiſchen beiden ſchließen ſi die übrigen Stücke, die beiden Kieferpaare und ein unpaares, der Unterlippe anſißendes Gebilde, der ſogenannte Hypopharynx (b), als Borſten, jene auh als meſſerförmige Werkzeuge aneinander an, ſind jedoch ſelten alle vollflommen entwidtelt. Dieſe Mundborſten können empfindlich ſtehen, wovon die blutdürſtigen Mü>ken und Bremſen einen Beweis liefern; der zugeſpißten Scheide fehlen dann die Saugflächen, und darum hat man dieſe Form der erſteren unter dem Namen „Stechrüſſ el“ entgegengeſtellt. Der Mundöffnung bald näher gerückt und in ſie zum Teil zurückziehbar, bald weiter von ihr entfernt, ſtehen na< oben am Grunde der Unterlippe die ein- bis viergliederigen Lippentaſter (c), welhe nah Form, Farbe und ſonſtiger Beſchaffenheit oft gute Unterſcheidungsmerkmale abgeben.

Bei den Schmetterlingen endli<h (Fig. 10) verkümmern Oberlippe und Oberkiefer gänzlih. Unmittelbar unter dem Kopfſchilde ragt ein längerer oder kürzerer, härterer oder weicherer Streifen hervor, welcher im Ruheſtande wie eine Uhrfeder zuſammengerollt, von unten her dur die kleine, zipfelartige Unterlippe geſtüßt, an den Seiten dur< deren dreigliederige Taſter (c) eingeſchloſſen wird. Mithin verbleibt hier dem Unterkiefer (e) allein die Aufgabe, dem Schmetterlinge Honig und Tautropfen als Nahrung zuzuführen; es ſind daher die ihm beigelegten Bezeihnungen Nollzunge oder Saugrüſſel unglücklich gewählt. Bei gewiſſen Kleinſchmetterlingen kommen geringfügige Abweichungen von dieſem Bauplane, namentlih auch Kiefertaſter, die ſogenannten Nebenpalpen, vor.

Die zweite Gruppe der Körperringe bildet den Mittelleib, Bruſtkaſten (Rumpf, thorax), den alleinigen Träger der Bewegungswerkzeuge. Derſelbe beſteht aus drei Ringen, dem Vorderbruſtringe (prothorax) mit dem vorderſten Beinpaare, dem Mittel-