Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

14 Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit.

dur nichts anderes bedingt, als dur< die Skulpturverhältniſſe jener Schuppen, die, von verſchiedenen Seiten geſehen, das Licht verſchieden zurüc{werfen. Sie ſißen loſer als die anderen Chitinfortſäße, können daher mit der Zeit teilweiſe verloren gehen und dadur<h den Kerf bis zur Unkenntlichkeit entſtellen. Aber auch die Haut ſelbſt, vorherrſchend dunkel gefärbt, tritt ſtellenweiſe in den bunteſten Farben auf, die ihre Entſtehung beſonderen, unter dem Chitinüberzuge gelegenen Pigmenten verdanken und ſich e<t und unveränderlich, oder vorübergehend und im Tode getrübt erweiſen können, wie jeder weiß, der Jnſekten ſammelt. Stacheln und Dornen, als die kräftigſten der genannten Verzierungen, treten vorherrſchend an den Beinen und vereinzelt als Ausläufer dieſes oder jenes anderen Dazu geeigneten Körperteiles auf und tragen faum etwas zur Veränderung des Farbentones bei. Haare (Borſten) ſind als Bekleidungsmittel am allgemeinſten verbreitet und dürften ſelten einem Kerfe gänzlich fehlen; die Teile aber, an welchen ſie dem unbewaffneten Auge entgehen, bezeihnet man als na>t. Eine beſondere Bedeutung erlangen ſie dann, wenn ſie dur< Herantreten eines Nervs den Sinneswahrnehmungen dienſtbar gemacht werden, wovon wir früher ſchon geſprochen haben.

Da wir gerade von der Färbung der Jnſekten reden, ſei hier in Kürze noh einer intereſſanten Erſcheinung gedacht. Es gibt viele ſole, welche ihrer Umgebung oder au irgend welchen ungenießbaren Gegenſtänden, wie beiſpiel8weiſe Vogelexkrementen, ſo ähnli ſehen, daß man fie nur ſchwer erkennt, wie etwa eine grüne Heuſhre>e auf einem Blatte oder einen braungefärbten Schmetterling an Baumrinde. Zuweilen wird dieſe Ähnlichkeit noh größer, indem auh Oberflähenbeſchaffung ſowie die Form des Körpers und ſeiner Anhänge zur Verwethſelung mit der Unterlage Veranlaſſung geben. Da durch derartige Einrichtungen ein Tier den Augen ſeiner Feinde mehr oder weniger entzogen wird, [o ſpriht man von Shußfärbungen oder ſhüßender Ähnlichkeit.- Die Stabſchre>en oder das „wandelnde Blatt“, welche wir ſpäter kennen lernen werden, ſind treffliche Beiſpiele dafür. Nun gibt es aber auh andere Jnſekten, die, in den ſchönſten und auffallendſten Farben prangend, arglos dur die Lüfte flattern oder ſich auf Blättern und Blüten ſonnen und denno< von inſektenfreſſenden Tieren unbehelligt bleiben. Und dieſe Sicherheit verdanken die durhaus Wehrloſen allein dem Umſtande, daß ſie anderen Arten aus ganz verſchiedenen Gruppen, welche wegen ihres Giftſtahels oder infolge irgendwelcher efelerregenden Eigenſchaften von ihren Feinden gemieden werden, täuſchend ähnli ſehen. Dieſe höchſt ſonderbare Form von Schußfärbung, welche zuerſt von den engliſchen Forſchern und Reiſenden Bates und Wallace in den Tropenländern beobachtet wurde, iſt von ihnen unter dem Namen „Mimikry“, zu deutſh: Nachahmung, Nachäffung oder VerÉleidung, in die Wiſſenſchaft eingeführt. Unſer farbiges Bild führt eine Anzahl von Jnſekten vor Augen, welche dur die ſoeben angedeuteten Anpaſſungen in Farbe und Form ausgezeichnet ſind. Wie man ſich dieſelben entſtanden denken ſoll? „Es gibt mehr Ding! im Himmel und auf Erden, als unſere Schulweisheit ſich träumen läßt “

Die Muskeln oder das Fleiſch der Jnſekten ſind farblos oder ziehen <hwach in das Gelbliche, beſtehen aus Bündeln ſtets quergeſtreifter Faſern und bilden, ſofern ſie nur der Verſchiebung der Körperabſchnitte unter ſich oder der Fortbewegung des ganzen Körpers dienen, mit der Haut zuſammen einen „Hautmuskelſ<hlau<h“, der eine dem äußeren Hautſkelette entſprechende Gliederung erkennen läßt. Die Anheftung der Muskeln im Rumpfe wie an den Gliedmaßen erfolgt na< dem, wie es ſcheint, ganz beſtimmten Geſeße, daß ſie bei einem und demſelben Muskel an zwei unmittelbar aufeinander folgenden Gliedern, nie mit Überſpringung des benachbarten, erfolgt. An ſolchen Stellen, wo die ſtärkſte