Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

20 Ein Bli>k auf das Leben der Geſamtheit.

im Fnneren ändern, ſhüßende Umkleidung bedingen weitere Unterſchiede. Fe nah der Lebensweiſe der Jnſekten muß natürlih der Ort, an welchem, und die Art, wie die Eier von den Weibchen abgeſeßt werden, anders ausfallen. Zuweilen werden die Eier reihenweiſe in eine Kapſel eingebettet, wie bei der Küchenſchabe.

Meiſt werden die Eier nah der Befruchtung im Jnneren des mütterlichen Körpers abgelegt, durchlaufen mithin ihre Entwickelung außerhalb desſelben; es fehlt aber auch niht an Fällen, wo ſie ſo lange unter dem Schutze des erſteren gedeihen, daß lebendige Larven geboren werden. Das iſt der Fall bei einigen Käfern aus der Familie der Staphylinen und Chryſomelen ſowie bei den durch Parthenogeneſe ſi< entwi>elnden Blattläuſen. Scott fing in Auſtralien eine Motte, welche er Tinea yivipara nannte, weil aus ihrem Hinterleibe bei dem zufälligen Dru>te zwiſchen ſeinen Fingerſpißen Räupchen hervorbrachen, und daß unſere gemeine Fleiſchfliege Maden ſtatt der Eier gebärt, iſt eine ſhon längſt bekannte Thatſache, die auh für einige andere Fliegen gilt. Die Lausfliegen ernähren ihre Larven im Körper ſo lange mit Hilfe beſonderer Drüſenabſonderungen, daß ſie faſt unmittelbar nah der Geburt zur Puppe reif ſind.

Wenn auch die Brutpflege, wie man den Fnbegriff aller Maßregeln nennt, welche das Weibchen in Fürſorge für ſeine Nachkommen trifft, ſih bei den Jnjekten weſentli anders äußert als bei den höheren Tieren, beſonders den Vögeln, jo iſt ſie doh niht minder bewundernswert. Während der Vogel ſeine Eier ſelbſt ausbrütet und die Jungen aufzieht, überläßt das Jnſekt das. erſte Geſchäft der Sonnenwärme und genießt in den weitaus meiſten Fällen niht einmal das Glü>, ſeine Nahkommen nur zu ſehen, geſ<hweige ihnen beim Heranwachſen Liebe und Zucht angedeihen laſſen zu können. Die ganze Sorgfalt beſchränkt ſih hier mithin auf das Unterbringen der Eier und fällt ausſ<ließlih der Mutter anheim. Der einer jeden Art angeborene Trieb, den man mit dem nichts erflärenden Worte Fnſtinkt zu belegen pflegt, läßt das Weibchen die Pflanze auffinden, von welcher das aus dem Eie geſhlüpfte Junge ſeine Nahrung empfängt; ſie iſt bei vielen, den ſogenannten Monophagen, eine ſehr beſtimmte, bei den Polyphagen (Vielerleifreſſenden) eine beliebige oder zwiſchen verwandten Pflanzenarten ſhwankende. Hier werden die Eier immer nurx in die Nähe der Wurzel, da an den Stamm, dort an Knoſpen, Blätter, Früchte gelegt, äußerlih mit Hilfe eines beim Legen vordringenden Kittes aufgeklebt oder dem Jnneren einverleibt Andere leben nur von faulenden pflanzlichen oder tieriſchen Stoffen und wiſſen ſolche als Brutſtätten aufzufinden. Viele Mücken, Fliegen, Libellen und Verwandte, im vollkommenen Zuſtande ret eigentlihe Luftbewohnexr, halten ſich in ihrer Jugend im Waſſer auf, darum laſſen die Weibchen ihre Eier entweder in dasſelbe fallen oder befeſtigen ſie an Waſſerpflanzen. Solche, die in den Leibern anderer Fnſekten, ſelbſt warmblütiger Tiere, ihre Jugend verbrachten, wiſſen nachher die betreffenden Wohntiere ausfindig zu machen, um in ihnen ihre Art fortzupflanzen, ſei es, daß ſie ſi unmittelbar auf dieſelben ſeßen, ſei es, daß ſie dieſelben tief im Holze und anderwärts auf: ſuchen und mit ihrem langen Legbohrer anſtehen. Überall hier handelt es ſih um Auf: finden des richtigen Ortes, zwe>mäßige Befeſtigung, Einhüllung der Eier, wenn es nötig, um ſie vor der Winterkälte oder anderen feindlichen Einflüſſen zu ſhüßen. Dbſchon nachher öfters Nahrung und Aufenthaltsort des Weibchens weſentli< verſchieden ſind von denen ſeiner erſten Lebensperioden, ſo findet es doh in der Fürſorge für ſeine Nachfommen das Richtige wieder auf, als ob ihm Erinnerungen an die vergangenen Zeiten geblieben wären. Doch — wie der Menſch irren kann, warum ſollte es niht auch bei einem ſo tief unter demſelben ſtehenden Weſen möglich werden? Jch habe ſhon manhmal die Eier des Kiefernſhwärmers, deſſen Raupe Kieſernadeln frißt, an Eichſtämmen gefunden, die allerdings in der Nachbarſchaft jener ſtanden, und von ausländiſhen Fliegen, die ihre Eier