Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

92 Erſte Ordnung: Käfer.

Fenſtern ſtudiert und jene dur< den Lichtſchein herbeilo>t, ſo ſind doh die geflügelten Käfer mehr als die meiſten anderen Kerfe an den Boden oder die ihn bede>enden Pflanzen gebunden, leben hier geräuſ<hlos und verſte>t, unbemerkt und niht vorhanden für die Mehrzahl der Menſchen, die allenfalls dem ne>iſ< in der Luft ſi< ſ{<haukelnden, bunten Schmetterlinge, der wilden Libelle mit ihren glißernden Flügeln, dem lärmenden Grashüpfer, der brummenden Hummel und ſummenden Biene ihre Aufmerkſamkeit ſ{henken. Den Bewohnern eines Flußthales bietet ſi<h dann und wann die beſte Gelegenheit dar, niht nur Käfer in ungeahnten Maſſen bei einander zu ſehen, ſondern auh deren Gebundenſein an die Erdſcholle ſo re<t zu erkennen. Zum erſtenmal im Jahre ſind es die oft mit dem Eisgange verbundenen Überſ<wemmungen, das andere Mal ſolche im Hothſommer, wenn anhaltende Gewitterregen die Flüſſe bis zum Übertreten angeſ<hwellt haben. Beide Überſhwemmungen liefern der Kerſwelt gegenüber ein höchſt intereſſantes Bild, und zwar jede ein anderes.

Zu der Zeit des Eisganges liegen die Tauſende von Kerbtieren, unter denen die Käfer die überwiegende Mehrzahl liefern, in der winterlihen Erſtarrung, und nur einzelne, die an höheren, länger von der Sonne beſchienenen Berglehnen ſ{liefen, haben etwa den wohlthuenden Einfluß von deren Strahlen empfunden und fangen an, ihre Gliedmaßen zu re>en. Da kommen die falten Fluten dahergebrauſt, wühlen alles, was loſe iſt, auf und nehmen auf ihrem Rü>en mit ſih weg, was den phyſikaliſchen Geſezen nah ſ{<hwimmt. Kleine Holzſtü>chen, Schilfſtengel, Pflanzenſamen und das übrige Getrümel, an welchem alle Flußufer feinen Mangel leiden, kommen ſ<hließli<h an den Rändern des Waſſerſpiegels zur Ruhe und lagern ſi beim allmählichen Zurü>treten des Waſſers ab, in langen Reihen die Stellen bezeihnend, bis zu welchen es geſtanden hatte. Dieſe Ablagerungen ſind die redenden Zeugen von dem, was auf dem überfluteten Boden gelegen hat, ihre Unterſuchung eine bequemere oder mühevollere, je nahdem man ſie vornimmt. Greift man gleih anfangs eine Partie der noh feuchten Ablagerungen auf, trägt ſie heim, füllt Glasgefäße mit ihnen teilweiſe an, welche in der warmen Stube aufgeſtellt werden, ſo wird man ein reges Jnſektenleben in denſelben bemerken, ſobald die Feuchtigkeit verſhwunden iſt und die wohlthuende Wärme ihre Wirkungen geltend macht. Stellt man einige längere Holzſtäbchen in dieſe Gefäße, ſo ſind dieſe bald von unten bis oben mit Käfern der verſchiedenſten Art bede>t, die eine in größerer Stückzahl als die andere. Gründlicher fällt die Unterſuhung an Ort und Stelle aus, nur muß man die Zeit abwarten, bis die wärmenden Sonnenſtrahlen die Schläfer erwe>t und das Angeſchwemmte ſo ziemlih getro>net haben, ſo daß die Feuchtigkeit nur noh an den unteren Schichten haftet. Jn dieſen zeigt ſih dann ein Kribbeln und Krabbeln von allen denjenigen Jnſekten, welche angeflutet find und ſi<h zunähſt no< unter dieſem ſicheren Verſte>e heimiſh fühlen, bis ſie ſi<h na< und nah bei mehr fortgeſchrittener Luftwärme zerſtreuen, der Nahrung und der Fortpflanzung nahgehend. Außer den Käfern und deren Bruchſtücken ſind es Wanzen, Spinnen, dieſe und jene Schmetterlingsraupe, Tonnenpüpp<hen und andere, je nah der Gegend für das beſtimmte Flußthal oder für verſchiedene Flußthäler. Beiläufig bemerkt, iſt dem eifrigen Forſcher ein ſicheres Mittel hierdur< geboten, die in vollkommenem Zuſtande überwinternden Käferarten ſeiner Gegend kennen zu lernen.

Gleich im Endverlaufe für das Geſchi>k der Schiffbrüchigen, aber verändert in der anfänglihen Erſcheinung geſtaltet ſi<h das Bild bei ſommerlicher Gewitterüberſhwemmung. Die Fluxen ſind jeßt belebt von allerlei Getier, namentli<h au< die Wieſen, in der Regel die nächſten Nachbarn der Flüſſe. Die unmittelbare Umgebung der Stelle, an welcher die entfeſſelte Natur ihre himmliſchen Schleuſen öffnete, läßt ſelbſtverſtändlich keine Beobachtungen dex in Rede ſtehenden Art zu, ſondern nur die ferneren, wo die Gewäſſer langſamer