Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, page 773
Krumbeiniger Gonyleptes, Webſpinnen: Allgemeines, 693
ſeinen Plaß. Möchten doch alle Erzieher und Erzieherinnen in dieſem Sinne wirken, und die aus Albernheit und Unkenntnis nervenüberreizten Naturen, welche beim Anbli> einer Naupe, eines Maikäfers 2c. in Krämpfe fallen wollen, würden ſeltener ſein, als ſie heutigestags leider noh ſind!
Trot ihrer rauhen und abſtoßenden Außenſeite, troß einiger unangenehmer Eigenſchaften, mit denen ſie jedoh den Menſchen keineswegs zu nahe treten, bieten die Spinnen niht weniger im Körperbau, als in ihren Lebenseinrihtungen des Fntereſſanten genug, um ſie der Beobachtung wert und den übrigen Gliederfüßern ebenbürtig erſcheinen zu laſſen, was ſelbſt ſchon von den Alten anerkannt worden iſt. Nach einer griehiſhen Sage hatte Arachne, die Tochter des Purpurfärbers Jdmon, von Pallas- Athene die Kunſt des Webens erlernt und ſi erkühnt, ihrer göttlichen Lehrmeiſterin einen Wettſtreit anzubieten. Umſonſt mahnte die Göttin in Geſtalt einer alten Frau davon ab. Der Wettſtreit begann, und Aracne fertigte ein kunſtreihes Gewebe, welches die Liebesgeſchihten der Götter darſtellte. Athene, hierüber erzürnt, zerriß das Gewebe, und Arachne in ihrer Verzweiflung erhing ſi<. Die Göttin gab ihr zwar das Leben zurü>, aber in der Geſtalt — der Spinne, damit ſie nah Belieben hängen könne. König Salomo empfahl ſeinen Hofleuten die Spinne als ein Vorbild des Fleißes, des Kunſtſinnes, der Klugheit, Enthaltſamkeit und Tugend. Auch Ariſtoteles, der älteſte Naturforſcher, ſchenkte den Spinnen ſeine Aufmerkſamkeit und erzählt von ihrer Entſtehung, Ernährung, Paarung, ihren Geweben und Feinden. Es ſei ein Zeichen von Trübſinn, Weichlichkeit und Shwäche, ſchrieb Moufet im Jahre 1634, die Spinne zu verabſcheuen, und eine niht geringe Geiſteskrankheit, ihre ſ<hönen Werke zu verachten und vor dem Anbli> einer ſo geſchi>ten Weberin zu ſchaudern.
Der äußere Bau iſt ſo weit bekannt, daß jedermann beim Anbli> der aht Beine, des in einen Vorder- und Hinterleib zerlegten, niht weiter gegliederten Körpers eine Spinne vor ſih zu haben gewiß iſt. Auf der Oberſeite des Kopfbruſtſtückes ſtehen gleich gefaßten Perlen die einfachen Augen. Man hat auf ihre Anzahl, gegenſeitige Stellung, Entfernung, Größe und Richtung genau zu achten, wenn man die vielen Gattungen unterſcheiden will. Die Zahl der Augen beträgt bei den meiſten Spinnen acht, es kommen jedo<h auh ſe<s, in ſeltenen Fällen zwei und bei einigen Höhlenbewohnern (Anthrobia mammuthica, Stelita taenaria, Hadites tegenarioides) gar feine vor. Die Kieferfühler beſtehen aus einem fräftigen, an der Fnnenſeite gefur<hten Grundglied und einem klauenförmigen, einſhlagbaren Endglied, welches gleih dem Giftzahn der Schlangen durchbohrt iſt. Zwei Giſtdrüſen in Form länglicher Blindſchläuche (ſiehe Fig. 6, S. 694) ergießen beim Biſſe mit jenen Klauen eine ſcharfe Flüſſigkeit in die Wunde. Die Kiefertaſter beſtehen aus ſe<s Gliedern und bilden in ihrem Grundteil, wie bei den Skorpionen, den Unterkiefer ſelbſt. An dieſen Taſtern kommt die eine Eigentümlichkeit der ganzen Ordnung zur Entwidelung. Beim Weibchen enden ſie ſtets in eine gezahnte oder ungezahnte Kralle, nur ſehr ſelten beim Männchen, wo ſi<h das Endglied vielmehr allmählich kolbenartig verdickt und mit einer halb durſihtigen Flüſſigkeit im Fnneren erfüllt. Nach der vorleßten Häuz tung entſtehen hier die verſchieden geſtalteten Übertragungswerlzeuge des Samens und - treten nach der legten dur< Spaltung der äußeren Haut zu Tage. An dieſer Umwandlung nimmt das vorhergehende Glied dur< Anſaß von Borſten, Stacheln, Zähnchen und anderen hornigen Gebilden mehr oder weniger Teil. Welche Bewandtnis es mit dem eben genannten Werkzeug hat, wird gleih gezeigt werden. Das nächſte Kieferpaar endigt wie die eigentlihen Beine in zwei kammartig gezahnte Klauen, nimmt auh im übrigen vollfommen die Geſtalt jener und Teilung in ſieben Glieder an, ſo daß man es als Beine bezeichnet und den Spinnen ohne weiteres aht Bewegungswerkzeuge zuſpricht. Wie ſich aus Figur 7 ergibt, ſteht am Grunde der beiden großen noch eine ebenſo gebildete kleinere,