Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, page 776
696 Zweite Ordnung: Webſpinnen.
dieſes, von Spinnen nicht zu erwartende freundnachbarlihe Beiſammenſein niht unterdrü>en. Wenn man indeſſen bedenkt, daß in jenen an Kerfen reichen Gegenden die Spinnen auch bei engerem Zuſammenwohnen vor dem Hungertod geſichert ſind, und daß ſich bei uns zu Lande an günſtigen Stellen die Neſter anderer Arten bisweilen auch ſehr anhäufen, ſo braut in dieſer Erſcheinung no< niht einmal eine Ausnahme von der neidiſhen Spinnennatur erkannt zu werden.
Die Spinne gehört zu den armen Webern und arbeitet wie dieſe, um ſih den Lebensunterhalt zu erwerben, muß aber mit dem Rohſtoff ſparſam zu Werke gehen, weil dieſer ihr bei guter Koſt reihlih, bei fkärgliher nur ſehr ſparſam zufließt und der Faden, der einmal aus dem Leibe heraus iſt, niht wieder in denſelben zurü>gezogen werden kann. Manchmal möchte es zwar ſo ſcheinen, wenn ſie nämlih an einem Faden in die Höhe klettert, und dieſer dabei immer kürzer wird, allein ſie wi>elt ihn nur auf und nimmt ihn an den Beinen mit ſi< fort. Wie von den verſchiedenen Weſpen eine jede die Baukunſt in anderer Weiſe betreibt, ſo und noh weit mehr gehen die Spinnen in Bezug auf ihre Webereien auseinander. Die einen, wie die allbekannte Kreuzſpinne, fertigen ein Rad, die anderen, wie die gemeine Hausſpinne, dichtere Gewebe, no< andere Nöhren, Säe 2c. an, und man hat ihnen hierna<h Namen wie Rad-, Neſt-, Sa>-, Röhrenſpinnen und andere beigelegt. Neben ſolhen Spinnen gibt es aber zahlreiche andere, welche gar keine Fallſtride auswerfen, um ihre Beute damit zu fangen, ſondern frei an geeigneten Örtlichkeiten derſelben auflauern und gewiſſermaßen in ehrliherem Räuberhandwerk durh Nachlaufen oder im Sprunge ihr Schlachtopfer erhaſhen. Eine andere Anwendung, welche die Spinnen von ihrem Spinnvermögen machen, beſteht darin, daß ſie ſih an den Fäden herablaſſen und ſie ſomit als Mittel zu einer Ortsveränderung verwerten; ja, manche Arten fliegen an ihnen an ſ{<önen Herbſttagen weit fort dur< die Luft, wovon ſpäter noch einige Worte. Alle aber ohne Ausnahme, ſofern ſie Weibchen ſind, verwenden den Spinnſtoff zum Schuße der Eier, weil ſie, die ſonſt grauſamen Geſchöpfe, in der Mutterliebe den zärtlihſten Kerfen niht nur niht nachſtehen, ſondern in dieſer Hinſicht als wahres Muſter aufgeſtellt werden können. Menge, welcher das Eierlegen in zwei Fällen genauer beobachtete, ſchildert es der Hauptſahe nah in folgender Weiſe. Wenn eine Mutter fühlt, daß ihre Zeit gekommen iſt, ſo bereitet ſie ein halbrundes Neſthen aus Fäden, entweder frei liegend, wie die Laufſpinnen, oder an dem Gewebe, oder an einem anderen ihr geeignet erſcheinenden Orte. Wenn das Neſtchen fertig iſt, legt ſie ſi mit dem Hinterleib über dasſelbe, und alsbald dringen die Eier aus der Sceidenöffnung am Grunde jenes wie in einem Guſſe hervor, ein rundliches Häuflein bildend. Nach wenigen Augenbli>en der Nuhe zieht ſie einige Fäden, doh merkt man den unſicheren Bewegungen hierbei an, daß es noh niht in ihrer Abſicht liegt, die ſhüßende De>e über das Ganze zu weben, daß ſie vielmehr noh andere wichtige Dinge vorhabe. Plöglich legt ſie den Bauch wieder über die Eier und überſchüttet ſie aus der Scheidenſpalte mit einer klaren Flüſſigkeit, welche ſogleih von den Eiern aufgeſogen wird, ohne das Gewebe zu benegen. Der Körperinhalt der Eier hat ſih hierdur< auf einmal ſo vergrößert, daß dieſelben niht mehr Plaß im Leibe der Mutter haben würden. Menge iſt der Anſicht, daß die Flüſſigkeit aus den um dieſe Zeit ſtark ausgedehnten Samentaſchen komme, mit dem männlichen Samen vermiſcht ſei und auf dieſe Weiſe erſt die eigentlihe Befruchtung bewirkt werde. Zunächſt bleibt die Spinne regungslos und abgemattet über den Eiern liegen, dann aber ſchließt ſie dur< ein Geſpinſt das Neſtchen vollſtändig. Dieſe ſhüßende Hülle iſt nur einfach, aber ſehr dicht bei den Laufſpinnen, beſteht aus zwei in der Mitte loſe zuſammenhängenden Halbkugeln und wird, durch einige Fädchen unterhalb des Leibes befeſtigt, von der Mutter mit umhergetragen; nur wenige graben eine Erdhöhlung, in welcher ſie bis