Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, page 777

Lebensweiſe. 697

zum Ausſhlüpfen der Fungen zubringen. Auch mehrere Arten der Nebßſpinnen fertigen kfugelrunde Eierneſthen an, welche ſie an einen ſiheren Ort aufhängen und bewachen, oder mit ſih herumtragen. Alle dieſe werden vorzugsweiſe mitten im Sommer gelegt und ſchlüpfen, begünſtigt von Wärme und Feuchtigkeit der Luft, nah 3 oder 4 Wochen aus. Die Springſpinnen, Sa>, Trichter- und Radſpinnen legen ihre Eier größtenteils im Spätſommer und bringen das meiſt flah gewölbte, auh halbrunde Neſtchen zur Überwinterung an geſhüßte Stellen. Von dieſen Spinnen überwintern ausnahmsweiſe einzelne, die ihren Lebenszwe> noh niht erreiht haben, während von den anderen die noh nicht erwachſene Brut an den gewöhnlichen Verſte>en den Winter in Erſtarrung zubringt.

Degeer, welcher das Ausſchlüpfen der Eier beobachtete, hatte niht Unrecht, wenn er meinte, die Eiſchale ſei die erſte Haut der jungen Spinne und das Ausſchlüpfen aus dem Ei deren erſte Häutung; denn mit der Entwi>elung des Embryos iſt zuleßt der Jnhalt des Cies und ſeine Schale die kleine Spinne ſelbſt. Sie kann ſi< aber no< niht rühren, weil ſie von der umſchließenden Eihaut beengt wird. Dieſe reißt zuleßt auf dem vorderen Rüenteil dur wiederholtes Zuſammenziehen und Ausdehnen, und der mit einer neuen Haut überzogene Kopf nebſt den Augen wird ſichtbar, bald nachher der ganze Vorderkörper ſamt den Beinen, bis zuleßt dur fortgeſeßte Erweiterung des Riſſes ſih auch der Hinterleib befreit. Er umſchließt den no<h übrigen Eidotter. Die neugeborne Spinne iſt no< ſ{<wa<h und ſtarr, ſtre>t ihre Beine und Taſter von ſih, bewegt ſi< aber ſonſt nur wenig und kann weder ſpinnen, noh freſſen; denn die Werkzeuge dazu ſind mit Haut überzogen; ſonſt vollſtändig entwi>elt, kann ſie ihre Wiege niht eher verlaſſen und der Nahrung nachgehen, bis ſie eine vollſtändige Häutung beſtanden hat, welche nach einigen, höchſtens 8 Tagen erfolgt und von dem größeren oder geringeren Wärmegrad in der Luſt abhängt. Bis zu dieſer lebten Arbeit, welche ihr das volle Leben geben ſoll, liegt ſie unbewegli< mit ausgeſtre>ten Beinen. Jett zieht ſie das Kleid aus und ruht kurze Zeit, um die dabei aufgewandten Kräfte wieder zu ſammeln. Einige Stunden ſpäter ſpaziert ſie munter umher, ſpinnt Fäden und beginnt ihr Näuberhandwerk. Unter wiederholten Häutungen wachſen die Spinnen nun ziemlih raſh, wenn niht der Winter einen Stillſtand gebietet. Wie oft das Kleid gewechſelt wird, läßt ſi<h {<wer ermitteln weil ſichere Beobachtungen nur an gefangenen Spinnen angeſtellt werden können, die meiſten aber in der Gefangenſchaft bei der reihli<ſten Nahrung zu Grunde gehen, wenn ſie dieſelbe niht genau in der Weiſe erlangen können, wie es einer jeden ihrer Natur nach in der Freiheit beliebt. Fm allgemeinen nimmt man an, daß mit der vierten Häutung das Wachstum vollendet ſei, alſo auh die Wiedererzeugung einzelner verloren gegangener Glieder ein Ende nehme.

Der eigentliche Hergang bei der Begattung iſt gleichfalls noh nicht vollkommen aufgeflärt. Die auf Beobachtungen gegründeten Ermittelungen beſtehen der Hauptſache nach in Folgendem. Wenn ſi<h das Männchen begatten will, ſo nähert es ſih mit großer Vorſiht und ſehr allmählih dem Weibchen, um zu prüfen, ob dieſes ſeine Liebkoſungen freundlih annehme oder ſeine Perſon als fetten Viſſen anſehen und verſpeiſen möchte. Dadurch, daß es ſih mit dem Bauche nah oben gekehrt aufhängt, gibt das Weibchen ſeine freundlichen Geſinnungen zu erkennen, infolgedeſſen das Männchen herankommt und ſ<hnell hintereinander abwechſelnd mit den beiden Spißen ſeiner Taſter, der bei den verſchie: denen Arten verſchieden geſtalteten „Samenüberträger“/ die weiblihe Scheide am Grunde des Bauches berührt; dabei ſhwellen die Taſterſpißzen mecklih an. Dieſe Thätigkeit, während welcher beide Zeile meiſt auf nichts in ihrer Umgebung achten, wird in kurzen Zwiſchenräumen mehrmals wiederholt, dann aber entfernt ſi<h das Männchen ſ<leunigſt, um nicht das Opfer ſeiner Dame zu werden. So wurde der Hergang bei Rad- und Neſtſpinnen