Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

34 Erſte Ordnung: Käfer; erſte Familie: Sandkäfer.

eine Landaſſel ein Tauſendfuß, die beide den Kerſen niht angehören herbeiflößen oder in den ruhigeren Hafen treiben. Ruhe herrſ{<t in demſelben, aber die Ruhe der Verzweiflung. Die angetriebenen Stückchen {hwanken auf und nieder, ſtoßen und drängen cinander, das eine ſinkt, um ſeinem eben auftauchenden Nachbar den Plat einzuräumen. Alles ko<ht und mwallt durcheinander, ohne Feuer, ohne Geräuſch. Zwiſchen dem allen nur lebende Landbewohner, denen es niht mögli<h, an dem Ufer emporzukommen oder auh nur auf der Oberfläche des Waſſers ſi< auf einige Augenbli>e zu erhalten. Man denke ſih an die Stelle dieſer Bedrängten, und man wird die Traurigkeit ihrer Lage in voller Größe begreifen. Jhre Lebenszähigkeit iſt jedo<h größer, als man glauben ſollte: ſie bieten den Naturkräften, welche Häuſer umwerfen und Steinblöce fortwälzen können, Troß und — ſie ſind gerettet. Hier ſtrandet eine Schiht Röhricht, gehoben von janfter Welle dort bleibt ſie im Tro>kenen zurü>, ſobald das Waſſer zurü>kweiht, was in der Regel bald geſchieht, und es wiederholt ſih für die Streifen des angeſ<hwemmten Röhrichts das, was ſchon oben erzählt wurde, nur mit dem Unterſchiede, daß das Krabbeln und Kribbeln und Durxcheinanderrennen des Jnſektenheeres ſofort beginnt, wenn die haftende Kraft des Waſſers aufgehört hat. Wenn man aber zu dieſem Zeitpunkte die Schar der Geretteten muſtert, muß man ſi< wundern, eine große Menge ſolcher anzutreffen, welche unter Mittag im Sonnenſchein oder des Abends vom Geruche ihrer Nahrung angelo>t oder ſonſt zum Vergnügen luſtig umherfliegen. Hatte ſie die Flut überraſ<ht? Mochten ſie keinen Gebrau<h von ihrer Flugfertigkeit machen, weil es eine ungewöhnliche Zeit, eine außergewöhnliche Veranlaſſung war? Auch bei anderen Gelegenheiten, z. B. wenn ſie in die vom Forſtmann angelegten Fanggräben geraten ſind, befreien ſie ſi< niht dur< Wegſfliegen, ſie ſind eben vorherrſhend und mit Vorliebe Fußgänger.

Damals, als größere Waſſermaſſen unſere Erde bede>ten und ganz andere Umwälzungen auf ihr vorgingen, als eine heutige Überſhwemmung erzeugen fann, ging, wie zur Jettzeit, mancher Käfer zu Grunde, der nah und nach, aber in foſſiler Form, den Forſchern wieder zu Geſicht gekommen iſt. Man kennt jeßt über 1000 Arten; ſie beginnen im Steinkohlengebirge, mehren ſih aber im Tertiär und im Bernſteine.

Was die Einteilung der Käfer betrifft, ſo hat ſih ſeit Linné eine niht unbedeutende Anzahl der tüchtigſten Entomologen bemüht, eine möglichſt natürliche Anordnung herzuſtellen; denn es läßt ſih niht leugnen, daß keine andere Jnſektenordnung von ſo zahl: reichen Männern der Wiſſenſchaft bearbeitet worden iſt, wie gerade die Käfer. Ein Fabricius, Latreille, Weſtwood, Burmeiſter, Erihſon, Le Conte und wie alle die Neueren heißen mögen, haben ſih hohe Verdienſte um die Erkenntnis und Klaſſifikation der Käfer erworben. Da es ſich jedo< hier um das Tierleben handelt und niht um die Syſtematik der Raum außerdem eine Vollſtändigkeit nicht geſtattet, ſo führen wir die paar näher zu beſprechenden Arten unter den Familien und in der Reihenfolge auf, welche Lacordaire annimmt. Derſelbe hat uns in ſeinen „Genera des Coleoptères“ ein unſterblihes Werk hinterlaſſen, das ſeit dem Fahre 1854 die volle Thätigkeit ſeines Verfaſſers in Anſpruch genommen hat, nah ſeinem Tode von M. F. Chapuis fortgeſeßt und 1876 mit dem 12. Bande abgeſchloſſen worden iſt; es charakteriſiert keine Art, ſondern nux die Gattungen und Familien.

Der Feld-Sandkäfer (Cicindela campestris) iſt ein mittelgroßer grüner Käfer von außerordentlicher Behendigkeit, welcher ſih während der Sommerzeit auf ſonnigen