Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

36 Erſte Ordnung: Käfer; zweite Familie: Laufkäfer.

viergliederige Fühler und die Freßwerkzeuge, ähnlich denen des Käfers. Die drei vorderſten Leibesglieder ſind auf dem Rücken mit je einer Chitinplatte, an der Bruſt mit je einem Paare zwei kralliger Beine verſehen. Die Larve gräbt ſich eine ſenkrechte, federkieldide, bis 47 cm tiefe Röhre, an deren Eingange ſie auf Jnſekten, kleine Laufkäfer, Ameiſen und andcre Larven lauert. Hat ſie eins erwiſcht, ſo zieht ſie ſich mit ihm in den Grund ihres Baues zurü>, zerbeißt es und ſaugt den Saft aus. Die Überreſte werden herausgetragen, wobei der ausgehöhlte Scheitel ſowie die Rückenhaken beim Auf: und Abſteigen in der Röhre zu ſtatten kommen. Es läßt ſi< wohl erwarten, daß niht immer die gehörige, zur Stillung des Hungers nötige Menge von unglü>lichen Opfern an der Gefahr bringenden Stelle vorbei fommt, und darum verläßt die Larve in nächtliher Weile ihren Hinterhalt, um auf Jagd auszugehen. Ob ſie im Laufe eines Jahres ihre Entwi>elung vollende, weiß ih niht, möchte es aber bezweifeln, da in der erſten Hälfte des Auguſt die Verpuppung beobachtet worden iſt und ſih niht annehmen läßt, daß von früheſtens Ende Mai, zu welcher Zeit der Käfer erſcheint, die Entwi>elung ſo weit vorgeſchritten ſein ſollte. Bevor ſie ſi verwandelt, erweitert ſie den Grund ihrer Röhre, ſ{hließt dieſelbe am Eingange und wird zu einer Puppe, welche durch die dornenartigen Auswüchſe zu beiden Seiten des Nü>ens auffällt die auf dem fünften Hinterleibsgliede beſonders ſtark hervortreten und wahrſcheinlih das Ausſhlüpfen des Käfers unterſtüßen. Nach den gemachten Beobachtungen ſcheint die Puppe nur 14 Tage zu ruhen.

Außer den beiden genannten Arten breiten ſi<h no< wenig ander über Deutſchland, mehr als 400 Arten über alle Gegenden der Erde aus, mit beſonderer Vorliebe ſür tro>ene, ſandige Gegenden, im Binnenlande und am Meere, in der Ebene und in den Gebirgen; den heißen Erdſtrichen geben ſie jedo<h den Vorzug. Abgeſehen von einigen, faſt Langhalſiger Sandkäfer durchaus elfenbeinweiß gefärbten Arten charakteriſieren die meiſten

E weiße Zeichnungen auf dunklerem, z. B. bronzefarbenem Grunde der ' Flügelde>en, Zeihnungen, welche in einem Mondfle>en an Schulter und Spige ſowie in einer gekni>ten Binde dur<h die Mitte in den verſchiedenartigſten Abänderungen zu beſtehen pflegen. Jn der Lebensweiſe, in der Körpergeſtalt, in einer dur<ſ<nittlihen Größe von 12—15 mm ſtimmen ſie überein, und folgende Merkmale verbinden alle zu einer Gattung. Von den beim Männchen aus ſieben, beim Weibchen aus ſehs Ringen beſtehenden Hinterleibe ſind die drei erſten miteinander verwachſen. Die ſ<lanken, fünfzehigen Laufbeine entſpringen aus runden, nur die hinterſten aus breiten, an der Jnnenſeite der Schenkel weit herabgehenden Hüften und enthalten in den Vorderſüßen einen weiteren GeſhlehtSunterſchied, indem ſih bei dem Männchen die drei erſten Glieder merklih erweitern. Die äußere Lade des Unterkiefers bildet einen zweigliederigen Taſtex, und die Spiße der inneren trägt einen beweglihen Zahn (Fig. 6, S. 8). Dieſen beweglichen Zahn, und wo er ausnahmsweiſe fehlt, die den Sandkäfern eigne Körpertracht haben noh etwa 400 andere, auf verſchiedene Gattungen verteilte Arten miteinander gemein, wel<he man daher neuerdings zu der Familie der Sandkäfer (Cicindelidae) vereinigt und von den Laufkäfern abgezweigt hat.

Dex langhalſige Sandkäfer (Collyris longicollis) aus Oſtindien möge eine der geſtre>teſten Formen aus dieſer Familie vergegenwärtigen: das dritte Fühlerglied iſt vorzugsweiſe lang, dünn und breitgedrüt; ‘der ganze Käfer erglänzt, mit Ausnahme der roten Schenkel, blauſhwarz. Dieſe und mehrere verwandte Arten bewohnen als ausnehmend flinke Käfer ausſchließlih den Süden der indiſchen Halbinſeln und die benahbarten Sunda-