Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

78 Krebſe. Neunte Drdnung: Spaltfüßer; Familie: Harpakticiden.

iſt immer eine rüdſ{reitende, den urſprünglich gegliederten Körperbau verwiſchende Verwandlung, wenigſtens der weiblichen Jndividuen, verbunden, wobei der Körper weich und wurmförmig wird, oder auh wohl die abenteuerlihſten Geſtalten annimmt, verziert und verunziert mit allerlei knotigen, äſtigen oder lappigen Auswüchſen. Jn vielen dieſer Fälle werden die Männchen zwar nicht au< zu dieſer ungegliederten Unförmlichkeit reduziert, bleiben aber im Verhältnis zu ihren unſchönen Gattinnen pygmäenhaft klein und laſſen ſih von leßteren, an ſie angekflammert, dur<hs Leben \{<leppen.

Unter den Schmaroßerkrebſen unſerer Süßwaſſerfiſche zeihnen ſi< dur< größere Behendigkeit und durch häufigen Wohnungswechſel die Karpfenläuſe aus. Der gemeine Argnulus foliaceus hat einen ſ{heibenförmigen Vorderkörper mit verkümmertem, zweilappigem Hinterleib. Zwei große, zuſammengeſeßte Augen liegen in den Seiten des Kopfes. Hinter den Mundteilen und Kieferfüßen folgen vier Paar langgeſtre>ter geſpaltener Shwimmfüße. Wie der Name beſagt, hält ſi Argulus foliaceus vorzugsweiſe auf unſeren Karpfenarten auf, ſehr häufig aber auh, wie Claus bemerkt, am Stichling, ſeltener am Hecht, Varſh und an der Lachsforelle. Ja, ex wird auh an Kröten- und Froſchlarven gefunden, und beſonders ſah ihn der genannte Beobachter den Axolotl gern heimſuchen. „Die Arguliden leben“, teilt Claus mit, „vornehmli<h vom Plasma des Blutes, alſo der eigentlihen Blutflüſſigkeit, zu dem ſie ſi< ſowohl mittels Stachels als vornehmli<h dur<h die ſpißen Mandibeln und Marillen Zugang verſchaffen. Schon die vortreffliche Entwi>elung der Sinnesorgane und Shwimmfüße weiſt darauf hin, daß wir es nur mit ſtationären Paraſiten zu thun haben, die gelegentlih der Begattung und Cierablage ihren Aufenthalts3ort verlaſſen und frei umherirren. Auch die Einrichtung des Darmkanales mit ſeinen zahlreichen veräſtelten Vlindſchläuchen macht es wahrſcheinlich, daß auf eine tüchtige Mahlzeit eine längere Faſtenzeit unbeſchadet der Lebensenergie der Tiere folgen kênne. Fn der That habe ih beobachtet, daß der wohlgenährte Argulus viele Tage, ja wochenlang von ſeinem Wirte getrennt ohne Nahrung zubringen kann und während dieſer Zeit Häutungen beſteht, dann aber wieder, an den Fiſchkörper angeheftet, die zahlreihen Anhänge ſeines Darmes mit Nahrungsſaft füllt.“

Da wir über die Fortpflanzungszeit der niederen Tiere meiſt no< ſehr unvollſtändig unterrichtet ſind, ſo nehmen wir gern auch die weiteren Beobachtungen von Claus über dieſen Punkt der Kaligiden entgegen. „Über die Zeit der Begattung und Fortpflanzung tann_ ih mitteilen, daß dieſe keine8wegs auf das Frühjahr beſchränkt iſt, ſondern daß noch mehrmalige Bruten im Sommer und Herbſt aufeinander folgen. Ende April, Anfang Mai beobachtete ih die erſte Laichablage, ohne jedo< damit beweiſen zu wollen, daß niht auch gelegentlih ſ{<on eine um eine oder mehrere Wochen frühere Eierablage vorkommt. Die Brut ſ{lüpft etwa 4—5 Wochen nah Abſag des Laiches aus und mag etwa 6—7 Wochen bis zur erſten Eierablage nötig haben.

„Alſo etwa gegen Mitte oder Ende Juli würde die junge Generation im Sommer Eier produzieren, deren Abkömmlinge gegen Ende September Eier abſeßen. Nun wird freilih dieſe periodenweiſe Abgrenzung der Bruten im Jahre dadurh geſtört, daß das Argulus-Weibchen ſelbſt keineswegs mit der einmaligen Eierablage erſchöpft iſt, ſondern nach unbeſtimmten, von der Ernährung abhängigen Jntervallen zum zweitenmal Eierreihen abſebt, ja wahrſcheinlih zu einer mehrmaligen Brutproduktion befähigt iſt. Sehr oft ſah ih Argulus-Weibchen alsbald na< der Eierablage von neuem am Jntegument des Nährfiſhes ſih anheſten. (die Eier werden an Steinen und anderen feſten Gegenſtänden angeklebt) und im Verlaufe einiger Zeit den erſhöpften Ei-Jnhalt wieder exſeßen, d. h. eine Menge kleiner Eikeime zur Neife bringen. So kommt es denn, daß man vom Fuli an bis Ende Oktober die Eierablage beobachtete. Auch die Männchen haben eine entſprechende