Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Gemeiner und großer Waſſerfloh, Leptodora hyalina. 89

beſtärkt uns die Leibesbeſchaffenheit einer der ſchönſten Daphniden, der Leptodora hyalina, welche, oberflächlih {hon ſeit längerer Zeit bekannt, neuerdings dur<h Weismann gewiſſermaßen zum zweiten Male entde>t wurde.

Das einige Millimeter lange Tierchen iſ ſ{lank und geſtre>t, zeigt eine deutliche Gliederung in Kopf, Bruſt und Leib, und der hintere Teil der ſonſt den Hinterkörper bergenden Schale läßt die lebten Hinterleibsabſchnitte frei; die ſeitlih geſtre>ten äußeren Fühlhörner charakteriſieren ſih durh ihre Muskulatur und den Veſaß mit Fiederborſten als Ruder; die nah vorn geſtre>ten Beine bilden einen Fangapparat. Da uns innerhalb der Klaſſe der Krebſe wie in den anderen Tierklaſſen zahlreiche Beiſpiele zu dem ſicheren Schluſſe führen, daß das Zu- i rü>treten der Körpergliederung eine im Laufe der Zeiten eingetretene Umwandlung bedeutet, ſo wird Weismann recht haben, wenn er die gegliederte \hlante Geſtalt der Leptodora für ein konſerviertes Erbteil der Vorfahren hält. Über ihre Lebensweiſe hören wir Weismann :

„Obgleich erſt von wenigen Forſchern geſehen, ſcheint Leptodora hyalina doh ein ſehr weites Verbreitungsgebiet zu beſißen und da, wo ſie vorkommt, auch in Menge zu leben. Zwar kann ſie, als vom Raube lebend, niemals in folhen Mafſen auftreten wie die Tiere, von welchen ſie ſih ernährt, hauptſähli<h alſo Cyklopiden, doh führt ſie ſhon P. E. Müller als häufig an, und ih ſelbſt habe zwar manchmal vergeblih na ihr gefiſcht, dafür aber auh unter günſtigeren Verhältniſſen über 100 Jndividuen in Zeit von 1—2 Stunden erhalten. Jh fiſchte meiſtens diht unter der Oberfläche mit dem feinen Netze und halte die Anſicht von Müller, nah welcher ſie überhaupt niemals in große Tiefen hinabſteigen ſoll, für rihtig, und zwar deshalb, weil ihre geringe Ruderkraſt eine ſo weite Neiſe als <wer ausführbar erſcheinen läßt und jedenfalls nicht täglich zurü>gelegt werden könnte. Dies müßte aber der Fall ſein, wenn die Tiere, ſobald ſie von der Oberfläche verſhwinden, in große Tiefen hinabſtiegen; denn ih fand, daß ſie während des Tages nux ausnahmsweiſe an der Oberfläche bleiben, nahts hingegen immer dort anzutreffen ſind. Stärkeres Licht meiden ſie offenbar, und bei hellem Sonnenſchein kann man ſicher ſein, kein einziges Jndividuum an der Oberfläche zu finden. Auch bei Vollmond hatte ih regelmäßig nur eine ſhle<te Beute, die beſte bei trübem Wetter oder in dunkeln Nächten. y