Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

88 Krebſe. Elfte Ordnung: Kiemenfüßer;, Familie: Waſſerflöhe.

mit denen man au<, und wohl mit ebenſo vielem Recht, die Seitenteile des Panzers der Zehnfüßer verglichen hat. Nur bei einzelnen durſihtigen Fnſektenlarven kann man am lebenden Tiere ſo genau das Herz (H) und ſeine Thätigkeit beobachten wie an den Waſſerflöhen. Es liegt in der Mittellinie des Körpers am Nücken und hat meiſt die Form einer rundlichen Blaſe. Mit einer mundähnlichen Spalte ſ{hnappt es in raſhem Pulſieren das Blut mit den Blutkörperchen auf, um es auf der anderen Seite dur eine zweite Spalte wieder auszuſpeien und fortzutreiben. Als Atmungsorgane dienen die blattförmigen Anhänge der 4—6 Paar Beine. Auch dieſe Krebſe haben einen dem „Schwanz“ des Flußkrebſes entſprehenden Nachleib, welcher frei unter der Schale liegt und mit Krallen oder zwei Schwanzborſten (C) endigt. Er wird als ein kräftiges Ruderorgan benußt.

Die männlichen Waſſerflöhe ſind durhgängig kleiner als die weiblihen und zeichnen ſih bei den meiſten Arten durch anders geſtaltete, innere Antennen und ein zum Feſthalten umgebildetes, erſtes Beinpaar ſowie gelegentli<h au< dur ſehr ſchöne blaue oder rote Shmu>farben aus. Die Weibchen bringen, wie ſeit langem be-

7! Tannt, zweierlei Eier hervor: Sommereier und Winter-

AHA VG I) / eier. Leßtere ſind unter anderem durch ſtärkere \hübßende ZA // Hüllen unterſchieden. Das Erſcheinen der Sommer- oder

Ephippium des Acanthocerens. Stark MWintereier hängt übrigens viel weniger von der JahresLS zeit als von dem Erſcheinen der Männchen ab, und dieſe

treten immer auf, wenn die Bedingungen der Ernährung im Rückgang begriffen ſind. Die ſogenannten Sommereier entſtehen nämlich und entwi>eln ſih zu neuer Brut, ohne befruchtet zu ſein, erinnern alſo an jene Eier der Bienenkönigin, aus welchen die Drohnen hervorgehen, oder an jene „Keime“ der Blattläuſe, aus welchen ſi<h die Sommergenerationen entwideln. Sobald in beſtimmter Jahreszeit die Daphniden-Männchen auftauchen, gibt es „Wintereier“. Die Verpackung derſelben in das von ſeinem Entde>er Jurine für eine krankhafte Bildung gehaltene ſogenannte Ephippium (Sattel) iſt ſehr merkwürdig. Es löſt ſih nämlich die ganze Schale oder ein Teil derſelben ab und umſ<ließt als Schuzhülle ein, zwei oder ein ganzes Paketchen von Eiern. Jnſofern ſie nun in dieſer Verpa>ung troß des Austro>nens der Gewäſſer und troß des Froſtes den Winter überdauern, iſt die Benennung „Wintereier“ allerdings bezeihnend. Sehr intereſſante Beobachtungen machte Weismann an Moina rectirostris, welche in lehmigen Pfüßen nicht ſelten iſt. Hier ſind bei den Weibchen beide Eierſtö>ke in Thätigkeit: der eine produziert ein Winterei und der andere mehrere kleinere Sommereier. Werden die Tiere nun niht von Männchen begattet, dann zerfällt das Winterei im Eierſto>, und ſeine Subſtanz wird reſorbiert, hingegen gelangen die unbefruhteten Sommereier zur parthenogenetiſhen Entwi>elung.

Die zahlreichen Gattungen weichen namentli<h neben der Geſamtgeſtaltung des Leibes dur< eine verſchiedene Zahl der Füße und dur die Bildung der Ruderarme ab. Von ihnen gelten der gemeine Waſſerfloh und der große Waſſerfloh als die am weiteſten verbreiteten Arten. Der Daphnia ſehr nahe ſteht die abgebildete Gattung Acanthocercus. Durch Reduzierung der Schalen auf einen bloßen Brutraum erhalten die Gattungen Polyphemus und Bythotrephes ein eigentümlihes Ausſehen.

Wenn wir, auf das Verhältnis der Schale zum Körper Rü>ſicht nehmend, oben einige Gattungen in dieſer Hinſicht „reduziert“ nannten, ſo iſt dieſer Ausdru> vielleicht nicht gut gewählt. Die Daphniden mit der Deſzendenzlehre meſſend, wird man vielmehr das Richtige treffen, wenn man die Formen mit kleiner, „reduzierter“ Schale als diejenigen anſieht, welche die Ähnlichkeit mit ihren Vorfahren am getreueſten bewahrt haben. Hierin